Einmal Hochzeit und zurück
Mitleid erregend, wie alle im zubetonierten Hof saßen, bloß um beim Verspeisen ihres Pret-a-Manger-Mittagessens einen kleinen Sonnenstrahl einzufangen. Olly und ich wollten an den Wochenenden eigentlich immer ein bisschen rausfahren, aber wenn wir erst mal unsere Zeitung gelesen hatten und er seine Arbeit erledigt hatte und wir uns ein bisschen gezankt hatten und ich im Fitnessstudio gewesen war und ... na ja, die halbe Zeit kamen wir einfach nicht dazu. Genau genommen, eigentlich nie, selbst wenn wir es uns ganz fest vorgenommen hatten.
Aber heute war so ein Schultag, der nach einem grauen Pulli mit V-Ausschnitt und hübschen neuen Schreibutensilien verlangte. Und ich hatte beides! Mum, viel stiller als sonst, hatte sogar Porridge zum Frühstück gekocht, den ich insgeheim heiß und innig liebte, genau wie mein Dad - weshalb sie jahrelang keinen mehr gemacht hatte. Ich versuchte den Gedanken daran zu verdrängen, dass ich eben einen Blick auf den Kalender geworfen hatte. Und ... nun, was soll ich sagen, mir blieben nur noch zwölf Tage bis zu Tashys Hochzeit. Zwölf Tage bis weiß Gott was passieren würde.
Zwölf Tage. Und ich wollte unbedingt das Beste daraus machen.
»Gute Party?«, erkundigte sich mein Dad.
Meine Mum warf ihm sofort einen Blick zu. Den ganzen gestrigen Tag hatte ich mich in meinem Zimmer verschanzt, ganz einfach, um in aller Ruhe die Sonntagszeitung zu lesen, ohne dass mein Dad höhnisch über seiner Mail of Sunday schnaubte und spöttische Bemerkungen darüber machte, was ich mir denn jetzt einbildete. Obwohl er vielleicht dachte, ich hätte mich eingeschlossen, weil ich mich in irgendeinen Kerl verknallt hatte. O Gott. Tja, genau genommen hatte ich ihn sogar geküsst. O Gott. Ich versuchte, so zu tun, als sei das alles nur ein Traum, genauso wie mein restliches Leben. Bloß - ach, es war einfach lächerlich. Ich hatte Schmetterlinge im Bauch. Die hatten seit Jahren Winterschlaf gehalten. Gut, seine Lippen waren unheimlich rosig und unheimlich weich, und er roch wirklich traumhaft, aber das war doch bloß eine Kombination aus Hormonen und Nostalgie. Oder nicht? Streng sagte ich mir: JA.
»Ja«, sagte ich. Und dann setzte ein Reflex ein, den ich schon seit Jahren nicht mehr verspürt hatte. Ja, ich hätte vorher sogar Stein und Bein geschworen, mich gar nicht mehr daran erinnern zu können. Ich tastete meinen Hals mit den Fingern nach Knutschflecken ab.
Mein Dad warf meiner Mutter einen vielsagenden Blick zu, auf den sie aber nicht reagierte.
»Sehr gut sogar«, fügte ich hinzu.
»War deine sexy Vertrauenslehrerin auch da? Die hätten sie als Aufsichtsperson engagieren sollen.«
»Dad!«
Mein Dad kannte Tashy, seit sie sechs war! Sozusagen.
»Ich bin bloß davon überzeugt, dass sie einen guten Einfluss auf dich hat, weiter nichts.«
»Ich glaube, ich gehe heute zu Fuß. Bis dann!«
Ich bummelte die Straße entlang, trat in Laubhaufen, dass die Blätter nur so stoben, und war für einen kurzen Augenblick nichts weiter als ein Mädchen auf dem Weg zur Schule. Mit den Gedanken schon in der Englischstunde ging ich wie gewöhnlich am Haus der Clellands vorbei. Ich musste daran denken, wie ich früher immer hier herumgehangen und gehofft hatte, ihn im Vorübergehen zu sehen. Jetzt versuchte ich, so schnell wie möglich vorbeizuhuschen und dabei von keinem der Clelland-Brüder gesehen zu werden.
Doch draußen am Gartentor stand Clelland der Ältere.
»Ähm, hallo«, murmelte ich.
»Ähm, hallo«, erwiderte er leicht verwirrt. Ich weiß nicht, warum. Schließlich ging ich doch jeden Tag um die gleiche Uhrzeit zur Schule. Nein, nein, gar nicht wahr. Ich war eine Erwachsene mit ganz anderem Tagesablauf und ganz anderen Gewohnheiten, ermahnte ich mich streng.
»Bist du wieder zu Hause eingezogen?«, fragte ich.
»Und du?«
»Touché «, sagte ich.
»Nein, es ist bloß so, Maddie möchte nicht, dass ihre Eltern denken, wir ... du weißt schon. Solange wir im Lande sind.«
»Wieso, sind das religiöse Fanatiker?«
»Und wie. Ich meine, nein ... bloß gläubige Christen, weißt du, ganz normal.«
Da ging die Haustür auf und Justin kam heraus. Und mit einem Mal schlug mir das Herz bis zum Hals. Er sah mich und wurde umgehend rot, von den Ohren bis zum Kragen. Ach du lieber Himmel.
»Komm schon, kleiner Bär«, rief Clelland.
Ich sah die beiden an.
»Ich lasse mich nicht von ihm zur Schule bringen«, brummte Justin mürrisch. »Ich werde ihn bloß nicht mehr los.«
»Ich war die
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