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Einmal ist keinmal

Einmal ist keinmal

Titel: Einmal ist keinmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
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nur ein einziges Mal im Rückspiegel zu überprüfen, ob ich eine verräterische Qualmwolke hinter mir herzog. Carmen Sanchez wohnte nicht weit von der Stark Street entfernt. Kein tolle Gegend, aber auch nicht die allerschlechteste. Das Haus war ein gelber Ziegelbau, der so aussah, als ob er einen ausführlichen Frühjahrsputz vertragen könnte. Drei Stockwerke hoch. Kein Aufzug. Gesprungene Fliesen in der kleinen Eingangshalle. Carmens Wohnung lag im ersten Stock. Bis ich oben war, schwitzte ich. Die Tür war zwar nicht mehr polizeilich versiegelt, aber dafür mit einem Vorhängeschloß versehen. Auf derselben Etage waren noch zwei Wohnungen. In der ersten war niemand zu Hause. Als ich an der zweiten Tür klopfte, machte mir eine Latinofrau auf. Mrs. Santiago, Ende Vierzig, Anfang Fünfzig. Sie hatte einen blauen Baumwollkittel und Flanellpantoffeln an und trug ein Baby auf der Hüfte. In der dunklen Wohnung hinter ihr plärrte ein Fernseher. Vor dem Bildschirm zeichneten sich zwei kleine Köpfe ab. Ich stellte mich vor und gab ihr meine Karte.
    »Ich weiß nicht, was ich Ihnen erzählen soll«, sagte sie. »Diese Carmen hat nicht lange hier gewohnt. Keiner kannte sie. Sie war ruhig. Sie hatte nicht viel Kontakt.«
    »Haben Sie sie seit der Schießerei gesehen?«
    »Nein.«
    »Wissen Sie, wo sie sein könnte? Freunde? Verwandte?«
    »Ich kannte sie nicht. Keiner kannte sie. Soweit ich weiß, hat sie in einer Bar gearbeitet – im Step in der Stark Street. Vielleicht weiß dort jemand mehr.«
    »Waren Sie am Abend der Schießerei zu Hause?«
    »Ja. Es war schon spät, und Carmen hatte den Fernseher furchtbar laut aufgedreht. So laut wie noch nie. Dann hat jemand an Carmens Tür gehämmert. Ein Mann. Das war dieser Polizist. Er mußte wohl so hämmern, weil ihn ja bei dem Krach von dem Fernseher keiner hören könnte. Dann fiel ein Schuß. Dann habe ich die Polizei gerufen. Und dann habe ich ein ziemliches Getöse im Hausflur gehört. Also habe ich nachgeschaut.«
    »Und?«
    »John Kuzack war da und noch ein paar andere Leute aus dem Haus. Bei uns kümmert sich noch der eine um den anderen. Nicht wie in anderen Häusern, wo alle so tun, als ob sie nichts hören würden. Deshalb gibt es bei uns auch keine Drogen. So was kommt hier nicht vor. John hielt den Polizisten am Boden. Er wußte nicht, daß der Mann ein Bulle war. John hatte nur gesehen, daß jemand vor Carmens Haustür erschossen worden war, und dieser andere Mann hatte eine Waffe, also hat John was unternommen.«
    »Und dann?«
    »Es war ein ziemliches Durcheinander. Die vielen Leute im Treppenhaus.«
    »War Carmen auch da?«
    »Ich habe sie nicht gesehen. Es waren einfach furchtbar viele Leute. Und alle wollten wissen, was passiert war. Ein paar haben versucht, dem toten Mann zu helfen, aber es war zu spät. Er war tot.«
    »Angeblich sollen zwei Männer in Carmens Wohnung gewesen sein. Haben Sie den anderen auch gesehen?«
    »Kann schon sein. Da war ein Mann, den ich nicht kannte. Den hatte ich noch nie gesehen. Mager, dunkle Haare, dunkle Haut, um die Dreißig, komisches Gesicht. Als ob er einen Schlag mit einer Bratpfanne abbekommen hätte. Eine ganz platte Nase. Deshalb ist er mir auch aufgefallen.«
    »Was wurde aus ihm?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Er muß wohl irgendwann gegangen sein. Genau wie Carmen.«
    »Vieleicht sollte ich mal mit John Kuzack reden.«
    »Er wohnt im dritten Stock. Er müßte zu Hause sein. Zur Zeit hat er keine Arbeit.«
    Ich bedankte mich. Auf dem Weg nach oben versuchte ich mir vorzustellen, was das wohl für ein Mensch war, der bereit und imstande war, Morelli zu entwaffnen. Ich klopfte an Kuzacks Tür und wartete. Ich klopfte noch einmal, aber diesmal so energisch, daß ich mir die Fingerknöchel aufschrammte. Die Tür ging auf, und meine Überlegungen über Mr. Kuzack hatten sich erübrigt. John Kuzack war über einsneunzig groß und wog ungefähr fünf Zentner. Die fast grauen Haare hatte er zum Pferdeschwanz gebunden, und auf seiner Stirn prangte eine tätowierte Klapperschlange. In der einen Hand hielt er eine Fernsehzeitschrift, in der anderen eine Dose Bier. Süßer Haschischgeruch drang aus der verräucherten Wohnung. Ein Vietnam-Veteran, dachte ich. Von den Luftlandetruppen.
    »John Kuzack?«
    Er sah zu mir hinunter. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich bin hinter Joe Morelli her. Ich hatte gehofft, Sie könnten mir vielleicht etwas über Carmen Sanchez erzählen.«
    »Sind Sie ein

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