Einmal rund ums Glück
Druckerschwärze beschmierte.
Aber es war sie. Alles dreht sich nur um sie.
Italien. Italien. Dahin werde ich gehen. Nur Nonna, der Kleine und ich. In den Bergen wird es ihm gefallen. Er wird zweisprachig aufwachsen …
Zwei Tage später bekomme ich meine Tage. Entsetzt hocke ich auf der Toilette, unfähig zu weinen, unfähig irgendetwas anderes zu tun, als dort zu sitzen und vor mich hin zu starren. Meine Hoffnung, meine Träume wurden zerstört. Ich fühle mich allein und verloren. Ich habe nichts.
Kapitel 20
Was tue ich hier überhaupt?
Vergessen … vergessen … vergessen …
Seit zwei Wochen bin ich in New York, und wieder hocke ich auf der Fensterbank und beobachte die Jogger. Plötzlich verspüre ich den Wunsch, in den Central Park hinunterzufahren und mich ihnen anzuschließen, doch nein, ich kann mich nicht aufraffen. Am Vorabend hatte ich beim Essen ein »interessantes« Gespräch mit meinem Vater. Der Hauptgang war zur Hälfte verspeist, als er mir eine Frage stellte, die ihn offensichtlich schon länger beschäftigte.
»Was hast du jetzt so mit dir vor?«
»Willst du das wirklich wissen?«
Er starrte mich ausdruckslos an, aber erwiderte nichts, deshalb schaute ich weg, ehe ich antwortete.
»Ich überlege, ob ich nicht zu einer Restaurantfachschule gehe.«
Er lachte nur. Ein kurzes, harsches Lachen. »Ich habe das ganze Geld für ein Jurastudium ausgegeben, und du willst eine einfache Köchin werden?«
»Das ist eine komplizierte Arbeit! Daran ist gar nichts einfach!«
»So was kommt nicht in Frage. Ich habe mit Martin gesprochen. In seiner Anwaltskanzlei ist eine Stelle frei. Ich erwarte, dass du sie annimmst.«
Er aß sein Rindfleisch, während ich schweigend dasaß und mein Blut zu brodeln begann.
»Nein.« Mein Ton war fest und entschlossen.
Sein Besteck blieb in der Luft schweben. Er sah mich mit seinen grauen Augen an. »Was hast du gesagt?«
»Ich habe ›nein‹ gesagt.« Doch meine Stimme zitterte.
»Du hast den Sommer über Zeit«, erwiderte er kühl und überging meine Weigerung einfach. »Amüsier dich, geh auf Partys, triff deine Freundinnen, aber danach erwarte ich von dir, dass du vernünftig wirst und diese Stelle antrittst.«
Ich biss mir auf die Zunge. Es war bereits Mitte Juli. Wer konnte schon sagen, wo ich im September sein würde? Im Moment kann ich nicht weiter denken als bis zum Wochenende.
»Und geh zum Friseur«, fuhr er fort. »Stacey macht dir einen Termin für morgen früh.« Stacey ist eine Assistentin meines Vaters.
Kapitulierend schloss ich die Augen. Vor Jahren hätte ich mich gewehrt. Vor Wochen hätte ich nur gelacht. Jetzt ließ ich seine Kommentare über mich hinwegrauschen. Im Moment möchte ich einfach nichts fühlen.
Nach einer Weile öffnete ich die Augen und aß weiter.
Die Nachrichten auf meiner Mailbox habe ich immer noch nicht abgehört. Ich weiß, dass ich welche habe, weil ich die Anzeige auf dem Display gesehen habe, kurz bevor der Akku leer war. Seitdem liegt das Handy auf meinem Nachttisch und starrt mich an, wenn ich einschlafe und aufwache. Und zwar nicht nur morgens und abends; auch tagsüber dämmer ich immer wieder weg. Hauptsache, die Zeit vergeht.
Vielleicht hat mein Vater recht. Vielleicht sollte ich mir eine Arbeit suchen. Nicht bei Martin, so verzweifelt bin ich nun auch wieder nicht, aber irgendwo anders. Vielleicht sogar in einem Café?
Ich muss vor mich hin grinsen und bei der Vorstellung den Kopf schütteln. Als ob er mir das erlauben würde.
»Ähm …«
Ich drehe mich um. Meine Mutter steht in der Tür des Wohnzimmers.
»Oh, das sieht nett aus«, sagt sie und weist mit dem Kinn auf mich.
»Was sieht nett aus?«, frage ich.
»Dein Haar«, erwidert sie.
Am Vormittag war ich beim Friseur, wie vereinbart. Ich ließ mir die Spitzen nachschneiden und habe das Haar jetzt hochgesteckt, so wie es wohl für den Rest des Sommers bleiben wird. Mein Vater wird den Unterschied nicht merken.
»Ach so. Danke«, füge ich großzügig hinzu.
»War es nett gestern Abend?«, fragt sie.
»Ja, war schön.«
Nach dem Abendessen war ich mit Lisa im Kino. Auch wenn ich die Mädels nicht besonders gerne mag, ist mein Bedürfnis nach Ablenkung größer als meine moralische Verpflichtung, ihnen in den Hintern zu treten.
Wie sehr mir Holly fehlt …!
So, jetzt reicht es. Ich rufe sie an. In den letzten Wochen habe ich immer wieder an sie gedacht, doch bis jetzt hatte ich nie den Wunsch, auch mit ihr zu reden.
Ich springe so
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