Einmal rund ums Glück
spannend ist das auch nicht.
Am Abend, dem Samstagabend, schneidet Holly zögernd das Thema an, was für den Abend geplant ist. Wir wohnen in einem Hotel mitten in Mailand, innerhalb weniger Minuten ist man an der zentralen Piazza del Duomo, wo es massenweise coole Bars und Clubs gibt.
»Ich bleibe hier«, erkläre ich kategorisch.
»Das verstehe ich«, sagt sie, auf meinem Bett hockend. Ich liege daneben, den Kopf auf drei Kopfkissen gebettet, und greife zur Fernbedienung.
»Aber geh du ruhig aus«, ermutige ich sie. »Du musst mir nicht wieder Gesellschaft leisten.« Wir sind schon am Vorabend auf dem Zimmer geblieben, haben uns eine Romanze angesehen und uns das Essen hochbringen lassen.
»Hm …« Sie wirkt unentschlossen. »Ich komme vielleicht zwischendurch vorbei und treffe mich später noch mit Simon. Nur wenn es dich nicht stört«, fügt sie schnell hinzu. Catalina ist nicht bei diesem Rennen, und am Vorabend musste Simon mit den Sponsoren zusammen essen gehen.
»Kein Problem«, sage ich. Nachdem ich mir so lange gewünscht habe, Holly würde in Bezug auf ihn ehrlich sein, finde ich es jetzt sehr seltsam, sie von ihm sprechen zu hören.
Holly geht ins Bad, um sich umzuziehen, und ich zappe durch die Programme und verdränge den Gedanken, dass sie zu Ehren von Simon jetzt bestimmt Spitzenunterwäsche anzieht. Als sie schließlich mit verlegener Miene verschwindet, mache ich seufzend den Fernseher aus. Soll ich vielleicht ein Buch lesen? Nein, nachdem ich drei Seiten in einer halben Stunde schaffe, merke ich, dass ich kein einziges Wort aufgenommen habe.
Aus irgendeinem Grund muss ich an Bahrain denken, wie Luis dort durch die Wüste raste. Die Reporter verglichen ihn mit Ayrton Senna, einem der größten Rennfahrer unserer Zeit. Jetzt hört man nichts mehr von solchen Vergleichen. Ob die britische Presse wohl immer noch auf ihn eindrischt?
Ich könnte ihn ja besuchen … Wenn Holly recht hat, ist er heute Abend nicht mit den Jungs unterwegs. Ob er mich wohl reinlassen würde? Er könnte mir genauso gut die Tür vor der Nase zuschlagen. Es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. Zielstrebig springe ich aus dem Bett und nehme meinen Schlüssel. Ich mache mir nicht die Mühe, mein Aussehen im Spiegel zu überprüfen oder meine Arbeitskleidung auszuziehen.
Luis wohnt in einem Zimmer drei Stockwerke über mir. Ich laufe die Treppen hinauf, statt den Fahrstuhl zu nehmen, und bin ein wenig außer Atem, als ich oben ankomme.
Nach zwanzig Sekunden kommt er an die Tür, öffnet sie und sieht mich mit einem fragenden Stirnrunzeln an.
»Hallo«, sagt er.
»Hi, Luis.« Ich versuche, zu Atem zu kommen, und sehe ihn hoffnungsvoll an. »Kann ich reinkommen?«
Wortlos tritt er zurück, um mich vorbeizulassen.
Sein Zimmer ist ein Saustall. Kleidungsstücke liegen auf dem Boden herum. Ein kurzer Blick ins Bad verrät mir, dass dort benutzte Handtücher herumfliegen. Der Fernseher dröhnt bei voller Lautstärke.
Als Luis mich zum Sofa führt, entschuldigt er sich nicht für die Unordnung. Ich hebe seinen Helm und den Overall auf und lege sie auf den Couchtisch, dann hocke ich mich auf den Rand eines Sessels und warte, während er an der Seite des Sofas herumwühlt. Schließlich zieht er seine Hand mit der Fernbedienung wieder heraus. Er richtet sie auf den Fernseher und macht ihn leiser, dann setzt er sich aufs Sofa und legt die Füße auf den Couchtisch. Er sieht mich nicht an.
»Wie geht es dir?«, frage ich.
»Was willst du hier?«, fragt er zurück.
»Ich will wissen, wie es dir geht«, antworte ich unsicher.
»Was interessiert dich das?« Seine dunklen Augen blicken in meine, und seine Eindringlichkeit verblüfft mich.
Ich sehe kurz hinüber zum flackernden, geräuschlosen Fernseher, dann schaue ich Luis wieder an. »Es interessiert mich wirklich.«
Er kratzt seinen Bart. »Ich dachte, du wärst für immer weg.«
»Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen.«
Er legt den Kopf auf die Rückenlehne des Sofas und atmet tief durch.
»Du siehst nicht gut aus, Luis«, sage ich schließlich.
Er zuckt mit den Achseln.
»Was willst du deswegen machen?«, hake ich nach.
Wieder zuckt er mit den Schultern. »Nichts.«
»Du kannst dich nicht auf ewig selbst so behandeln«, sage ich. »Du musst dir vergeben.«
»Hast
du
mir denn vergeben?«, schreit er zurück.
»Ja!«, rufe ich. »Obwohl da gar nichts zu vergeben ist! Es war nicht deine Schuld!«
Er verzieht das Gesicht, und mir wird voller
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