Eins, zwei, drei und du bist frei
nach Kräften, und das ist der Dank. Kein Brief. Kein Abschied. Nichts. Gar nichts. Und das schlimmste ist, der Wichser hat auch noch meinen Wagen genommen.«
Lula sah sie entgeistert an. »Den Chrysler?«
»Wenn ich es dir doch sage, meine Liebe. Er hat sich einfach den Chrysler genommen. Dabei muß ich noch zehn Raten zahlen.«
Ich aß meinen Hot Dog auf und gab Connie die Tüte mit dem Nagellack drin. »Hat sich Vinnie heute schon blicken lassen?«
»Nein. Er war noch nicht hier.«
»Schiebt bestimmt irgendwo ’ne Nummer«, sagte Lula. »Der Junge hat Hormonstörungen. Wenn er Druck hat, macht er’s auch mit Federvieh.«
»Jedenfalls wollte ich Sie um Hilfe bitten, weil, Sie finden doch sonst immer jeden Dreck«, sagte Jackie zu mir. »Ich habe Geld. Ich kann auch was zahlen.«
»Sie ist unsere Beste«, sagte Lula. »Stephanie hat bis jetzt noch jeden Dreckskerl gefunden. Wenn sie deinen alten Herrn aufspüren soll, ist die Sache so gut wie gelaufen.«
»Das Dreckstück kann mich mal kreuzweise. Sie soll mein Auto wiederfinden«, sagte Jackie. »Ohne die Karre bin ich aufgeschmissen. Ich mußte mir ein Taxi nehmen hierher. Wie soll ich bei diesem Wetter denn meine Arbeit machen, ohne Auto mit Rücksitz. Glaubt ihr vielleicht, die Freier kämen alle mit eigenem Wagen vorgefahren? Von wegen. Ich habe jetzt schon Umsatzeinbußen.«
»Haben Sie den Diebstahl der Polizei gemeldet?« fragte ich.
Jackie verlagerte ihr Gewicht auf das andere Bein, eine Faust in die Taille gestemmt. »Wie bitte?«
»Vielleicht hat man Ihren Wagen beschlagnahmt«, warf ich als Erklärung ein.
»Das habe ich schon nachgeprüft«, sagte Connie. »Er ist nicht beschlagnahmt.«
»Es ist ein Chrysler LeBaron, Baujahr zweiundneunzig. Dunkelblau. Vor einem halben Jahr gebraucht gekauft«, sagte Jackie. Sie hielt mir eine Karteikarte hin. »Hier ist die Nummer. Ich habe ihn zuletzt vor zwei Tagen gesehen.«
»Fehlt sonst noch was? Geld? Kleidung? Hat der Kerl eine Reisetasche gepackt, bevor er abgehauen ist?« fragte ich sie.
»Es fehlen nur seine Wenigkeit und mein Auto.«
»Vielleicht hängt er irgendwo besoffen ab«, sagte Lula. »Treibt sich nur in der Gegend rum.«
»Das wüßte ich. Ich sage dir, er ist abgehauen.«
Lula und ich wechselten Blicke, und mir kam der Verdacht, daß Jackie recht haben könnte, was seine Wenigkeit anging.
»Wir könnten Jackie doch nach Hause bringen«, schlug Lula vor. »Und dann gondeln wir ein bißchen in der Gegend rum und gucken mal, was sich so tut.«
Der Ton überraschte mich. Sie klang irgendwie freundlich und ernst. Ganz und gar nicht wie die Lula, die in dem Einkaufszentrum Kopfgeldjägerin gespielt hatte.
»Gute Idee«, sagte ich. »Vielleicht finden wir ja was.«
Alle drei sahen wir zu Jackie hinüber. Jackie war nur stinksauer, daß sie über kein Auto mehr verfügte, sonst nichts. Das war so ihre Art.
Lula hatte schon ihren Hut aufgesetzt und die Schnallen an ihrem Staubmantel zugemacht. »Die Ablage erledige ich später«, sagte sie zu Connie.
»Geh bloß in diesem Aufzug nicht in eine Bank«, sagte Connie.
Jackie hauste zur Miete in einer Zweizimmer-Wohnung, drei Straßen weiter von Onkel Mo. Weil wir schon mal in der Gegend waren, machten wir einen kleinen Umweg über die Ferris Street und sahen uns um.
»Alles beim alten«, sagte Lula und glitt mit ihrem Firebird die leere Straße entlang.
Wir fuhren die King Street hinunter und bogen in die Gasse hinter Mos Laden. Ich sprang kurz aus dem Wagen und spähte in Mos Garage. Kein Auto, kein Licht in den rückwärtigen Zimmern der Wohnung im Obergeschoß.
»Irgend etwas ist faul an der Sache«, sagte ich. »Das ergibt alles keinen Sinn.«
Lula arbeitete sich langsam bis zu Jackies Wohnung vor, fuhr vier Straßen weiter, dann wieder fünf Straßen zurück in die entgegengesetzte Richtung. Alle drei hielten wir Ausschau nach Jackies Wagen. Als wir vor ihrem Haus ankamen, hatten wir einen beträchtlichen Teil des Viertels abgeklappert, aber es war uns nichts aufgefallen.
»Mach dir keine Sorgen«, sagte Lula zu Jackie. »Wir finden dein Auto. Geh ruhig nach Hause und guck Fernsehen. Fernsehgucken ist immer noch das beste an Tagen wie heute. Zieh dir die Knalltüten aus den Unterhaltungsshows rein.«
Jackie verschwand hinter einem Regenschleier in dem mit kastanienbraunen Schindeln verkleideten zweistöckigen Gebäude. Die Straße war gesäumt von Autos, Jackies Chrysler war nicht darunter.
»Was ist das für ein Typ?«
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