Einsam, zweisam, dreisam
Films, in dem du vorkommst, vergessen.»
«Aber verschieben können wir’s?»
«Auf wann?»
«Morgen. Nein, besser übermorgen. Selbe Zeit.»
Sie verabschiedet sich von Andrea, die ein bißchen betrunken scheint. Das Angebot, hier zu schlafen, lehnt sie ab und wühlt ihren Dufflecoat aus dem Kleiderhaufen an der Tür. Sie dreht sich zu Sig, nimmt seine Hand und legt sie kurz an ihre Wange.
«Schön», sagt sie.
«Ja», sagt Sig. «Bis übermorgen. Ich freu mich.»
Reginas Aufbruch war das Signal für alle. Auf einmal ist heller Aufruhr. Alles wacht auf, sucht Mäntel und Jacken, küßt Andrea, küßt sonstwen und geht. Nach wenigen Minuten ist der Spuk vorbei, und Sig ist mit Andrea und einem Berg von Aschenbechern, Gläsern, Tellern und Resten allein.
Bevor sie noch verzweifeln kann, fängt er schon an, sich mit dem Zeug vollzuladen und gründlich, von links nach rechts, den Raum in Ordnung zu bringen. Andrea scheint froh, Hilfe zu haben, denn sie fügt sich nahtlos in sein Aufräumprogramm ein. Sie schafft Platz in der Küche für die immer neuen Stapel, die er anschleppt.
«Wenn du willst, kannst du schon unter die Dusche», sagt Andrea, «ich mach hier noch bißchen rum.»
Sig wickelt sich in das warme Kitzeln der Wasserstrahlen, bis er genug hat und sich in den dunkleren der beiden Bademäntel packt.
«Gut Nacht, Andrea», ruft er in Richtung Küche, als er zum Zimmer ihres Mannes geht, aber sie antwortet nicht.
Vielleicht schläft sie schon.
Die Jalousie ist fast geschlossen, und das Licht des beginnenden Tages schneidet das Zimmer in Scheiben. Er muß schon geschlafen haben, als Andrea plötzlich an seinem Bett sitzt. Er hat sie nicht kommen hören. Sitzt sie schon lange da?
Auf ihren hellblauen Bademantel zeichnet das Licht noch hellblauere Querstreifen. Durch die Rundung ihres Körpers und die Falten des Mantels sieht das aus wie bei einem Zebra.
«Alle Spuren beseitigt», sagt sie.
«Hast du etwa abgewaschen?»
«Ja.»
«Oje, wie spät ist es?»
«Halb acht durch.»
Sie schweigt und läßt die Augen blicklos durchs Zimmer wandern. Ihr Haar ist naß. Sie muß eben aus der Dusche gekommen sein. Er streichelt ihre Hand, die sie schon bevor er aufgewacht ist auf seine Brust gelegt haben muß. In seinem Kopf spielt Musik, «Hole in my shoe», muß von einem Traum übriggeblieben sein. Außerhalb seines Kopfes ist alles still. Viel zu still. Es gibt zwei Möglichkeiten, denkt er, entweder sie wird gleich weinen, oder sie…
«Du sollst mit mir schlafen», sagt sie leise.
Er drückt ihre Hand ein bißchen fester und läßt den Satz in der Stille rotieren. «… from a bubblegum tree» singt Stevie Winwood. Mit einem schluchzenden Seufzer läßt sie sich fallen. Ihr Kopf liegt auf seinem Bauch.
Er hat ohne Decke geschlafen und fühlt ihr nasses Haar an seinem Nabel. In seiner Erektion spürt er, daß ihr Mund nicht weit entfernt sein kann. Die Wärme ihres Atems läßt ihn weiter anwachsen. Gleich wird die Entfernung ganz verschwunden sein. Er wird direkt in ihren Mund wachsen.
Seine Hand greift in ihr Haar, und noch weiß er nicht, ob er ihren Kopf wegziehen oder hinstoßen will.
«Wenn wir’s tun, sind wir morgen keine Freunde mehr.»
Sie sagt, sie habe nur heute die Chance. Nur heute sei sie betrunken und mutig genug. Sie läßt ihn ihren Kopf ein Stück weit weg ziehen.
«Außerdem bin ich verliebt», sagt Sig.
Nach einigem Schweigen, in dem beide regungslos verharren, sagt sie: «Bleiben wir eben Freunde.»
Sie sagt das in einem Ton, als hätte sie gern getauscht, verachte aber auch die Freundschaft nicht. Enttäuscht, aber nicht verletzt. Wie um sich selbst zu überzeugen, sagt sie noch: «Wenigstens bin ich mal betrunken, das ist auch schon was.»
Sie küßt ihn auf den Mund, einen kurzen schwesterlich-schnippischen Moment zu lang und geht aus dem Zimmer. «Schlaf gut.» Ihr Tonfall hat was Keckes und eine feine Spur von Trotz.
Er hört, wie sie nebenan aufs Bett fällt. Er hört, daß sie sich darauf hin und her wirft, hört sie keuchen und kleine kinderhelle Schreie ausstoßen. Er hört, wie sie Stoff zerknüllt und von sich stößt. Es klingt wie ein Kampf, den sie gegen sich selber ficht. Und das ist es wohl auch.
Die Geräusche werden regelmäßig. Schnell, dicht und monoton. Da sieht er seine Hand, die sich zwischen zwei Lichtstreifen leicht und leise auf und ab bewegt.
Z uerst wollte Mata den Mann nicht durchlassen. Er sah so verschwitzt und ungehobelt aus, daß sie
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