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Einsam, zweisam, dreisam

Einsam, zweisam, dreisam

Titel: Einsam, zweisam, dreisam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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Wyatt-Glotz-Earp ist jetzt sicher in einer Kneipe mit lauter richtigen Männern, läßt sich über Sonnis «Titten» aus und vollaufen. Solche Typen brauchen Männer und Gesprächsthemen, die etwas mit Hauen, Stechen, Rennen oder Reparieren zu tun haben. Sonst versiegt ihr ohnehin schon armseliges Gedankenbächlein zu einem Trielfaden aus dem Mundwinkel. Mit allem anderen haben sie nämlich keine Erfahrung.
    Aber das ist ja nicht Reginas Problem.
    Schade, daß Sig in Stuttgart wohnt. Studiert er überhaupt noch? Sie hat leider nicht immer richtig zugehört. Hat manchmal nur auf ein Stichwort gewartet, um ihn zu verwirren. Es reichte ihr auch, ihn bloß anzusehen. Sicher findet er seinen Mund häßlich.
    Gibt es in Stuttgart eine Uni? Eine Uni braucht sie. Das ist die Nische, in der sie weiß, daß sie Asyl hat. Würde sie nicht studieren, dann hätte das Leben ein gewisses Anrecht auf sie. Aber mal langsam. Soweit sind sie doch noch gar nicht. Erst mal sehen, was passiert. Noch eine Warteschleife fliegen. Bis zum «Richtigen Leben» fliegt sie ja auch eine Warteschleife nach der andern.
    Zuerst als Au-Pair in England, dann das Psychologiestudium und jetzt Germanistik. Im wievielten Semester ist sie eigentlich? Sie weiß es nicht genau. Im neunzehnten oder zwanzigsten. Glaubt sie.
    Der Schaufelradbagger hat Ravioli gekriegt und ist still. Sie schenkt ein Glas Chianti ein und prostet sich selbst im Spiegel über dem Küchentisch zu. Der Bademantel ist an einer Seite von ihrer Schulter gefallen und hat eine Brust entblößt. Sie blättert den Stoff auch auf der anderen Seite herab und betrachtet sich. Sie hat schöne Brüste. Richtig schön. Wer weiß, wie lang sie so bleiben. Vielleicht sind die Brüste das schönste an ihr. Ihr Gesicht kann sie nicht beurteilen, ihre Hüften findet sie zu breit, ihre Beine zu kurz.
    Sie schlägt den Mantel wieder über die Schultern, trinkt aus und räumt den Teller weg. Dann holt sie noch die Sachen aus dem Bad und geht schlafen.

W ie konnte ich nur zulassen, daß wir uns in diesem spießigen Café treffen, denkt Regina und schlenkert beim Gehen ihre Tasche ums Gelenk. Als wär sie sieben Jahre alt. Alter ist keine Kalendersache. Jetzt bin ich sieben, eben war ich dreißig, und in der nächsten Sekunde kann ich achtzig sein.
    Das Wetter ist schön. Im Wind riecht man ein Stückchen seiner Reise. Die Luft ist weich, und die Geräusche sind hell. An manchen Stellen blitzt schon erstes Grün, und Regina würde sich nicht wundern, wenn jetzt aus der Dreisam Delphine hochsprängen.
    Alle hundert Schritte muß sie Radfahrern ausweichen. Meist rennt ein angeleinter Hund neben den Rädern, und sie muß in den Matsch, der bald wieder eine Wiese sein wird, steppen.
    Da kommt einer freihändig angeradelt. Das ist gar nicht so einfach auf dem Kiesweg. Schon fast auf ihrer Höhe ruft er: «Fang!», und instinktiv fängt sie das dunkle, rundliche Ding, das er ihr zuwirft. Das Ding gibt nach beim Greifen. Es ist ein Mohrenkopf. Jetzt sieht er aus wie ein havariertes Atomkraftwerk. Sie hat ihn eingedellt. Verdutzt steht sie da. Sie hört ein Lachen hinter sich und dreht sich um. Der Radfahrer hat angehalten und sieht zu ihr her.
    «Das ist kein normaler Negerkuß», sagt er, «es ist ein echter Häuptlingskuß.»
    Regina sieht sich das halb zermatschte Geschenk an: «Sieht nicht ganz wie’n Häuptling aus.»
    «Du mußt ihn so lieben, wie er ist, sonst wär er schwer gekränkt.»
    «Kenn ich dich eigentlich?» Regina steht noch immer neben dem Weg und streckt die Hand mit dem Negerkuß halb von sich, als trüge sie ein kleines Küken darauf.
    «Weiß nicht.» Er steigt aufs Fahrrad und tritt los. «Tschau, tschau.»
    Regina ißt den Häuptlingskuß. Schmeckt gut. Jetzt weiß sie’s! Der Typ war gestern auf dem Fest in der Kartäuserstraße.
    Sie lächelt noch, als sie im Café ankommt.
    Sig ist nicht da. Sie sucht den ganzen Raum ab, geht nach hinten und mustert Tisch für Tisch. Viertel nach zehn. Sie ist extra so spät losgegangen, um nicht auf ihn warten zu müssen.
    «Setz dich doch.»
    Er sitzt am Tisch direkt vor ihr!
    «Hast nach ’ner lila Jacke gesucht?»
    Sie pfeift durch die Zähne wie ein routinierter Neapolitaner und zupft an seinem Jackett. «Was ist denn mit dir passiert? Das letzte Mal hast du noch ausgesehen wie eine Tüte von den Kräuterbonbons, die mir meine Lieblingsoma immer mitbrachte.»
    «Na ja», sagt er.
    «Doch, doch», lacht sie, «aber laß gut sein. Ich nehm dich

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