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Einsam, zweisam, dreisam

Einsam, zweisam, dreisam

Titel: Einsam, zweisam, dreisam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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Stück leeres Land, das sich bald zu einem Tal verengt. Von den Hängen schauen vereinzelte Schwarzwaldhäuser aus den Wiesen. Dann werden die Hänge waldig, und ein Dorf kommt in Sicht. «Günterstal, Endstation», sagt eine Stimme aus Blech, und sie steigen aus.
    Leicht hakt sich Reginas Hand unter seinen Oberarm, dessen Druck gegen den Körper Sig manchmal verstärkt. Immer, wenn er fürchtet, das Gefühl könne nachlassen.
    Sie gehen den Hang hinauf. Eine Serpentine schlängelt sich durch dichten Wald, und nach drei Biegungen ist vom Dorf nichts mehr zu sehen. Was man sieht, sind Tannen und Fichten. Nur vereinzelt taucht mal ein Laubbaum dazwischen auf. Das Sonnenlicht zeichnet lange grade Striche in die staubige Luft. Bleichgold und Chromoxyd-feurig, denkt Sig, wer malt so? Es ist Mittag.
    Sie schweigen schon wieder. Als wären sie sich einig, daß das Geräusch ihrer Schritte, das gelegentliche Knacken eines Ästchens oder Kullern eines Steins, die leichte Berührung von Arm und Hand und das Ziel, zu dem Regina sie führt, für den Augenblick Erlebnis genug sei, gehen sie einfach den Weg entlang. Immer höher auf den Berg und immer tiefer in den Wald.
    Und immer dichter beieinander.
    Regina kennt sich aus. Nach einigen immer enger werdenden Wegen erreichen sie eine Lichtung. Bis auf einen Hochsitz auf der anderen Seite sieht alles sehr unberührt aus.
    «Was tun wir jetzt?» fragt Sig, als Regina stehenbleibt.
    «Träumen», sagt sie mit einem Lächeln in der Stimme. «Einfach nur ein bißchen träumen.»
    Er schließt die Augen. Lieber will er riechen, wie sich ihr Geruch mit dem des jungen Grases und dem Harzgeruch der Bäume mischt, als nur den halben Radius zum Schauen frei zu haben. Wie vorgestern auf Andreas Balkon, wo sie beide vermieden, einander zu sehen. Verlegen ist er immer noch.
    Gute Idee, denkt er, träumen. Das ist vermutlich genau das, was ich tue. Bloß nicht zwicken, sonst kommt die Wahrheit raus. Ohne Regina. Vielleicht lieg ich in Stuttgart mit Fieber im Bett, und wenn Karin mich weckt, muß ich meine Erektion erklären. Aber die ist echt. Nicht geträumt. Oder ich träume, sie sei echt …
    Der ganze gestrige Tag ist ihm wie in einer Art Halbschlaf vergangen. Er nahm Kassetten für den Walkman auf, kochte abends Spaghetti für Andrea und ging dann mit ihr ins Kino.
    Im Halbschlaf kommen die Träume ganz knapp am Bewußtsein vorbei, und man hat zu kurze Arme, um sie ganz heranzuziehen. Vielleicht ist er jetzt endlich ganz eingeschlafen und hat sich den Traum gefangen. Es ist so still. Er hört sich selber denken. Ein Teil der Lichtung liegt in der Sonne. Die Wärme, die ihn streichelt, fühlt sich an wie Gottes Zustimmung zu diesem Augenblick. Zu diesem Glück.
    Es riecht nach Traum und nach Regina und April.
    Sie stupst ihn an der Schulter: «Siehst du den Hochsitz da drüben?»
    «Ja.»
    «Komm mir dahin nach. Aber warte, laß mir Zeit.»
    Den Mantel in der Hand schlenkernd geht sie quer über die Lichtung. Es sieht aus, als wolle sie den weißen und gelben Krokussen Luft fächeln. Hinter sich läßt sie eine fast grade Spur im tiefen Gras. Als sie auf dein Hochsitz verschwunden ist, kommt so was wie Panik über Sig. Warum soll er warten? Wozu braucht sie Zeit ohne ihn? Vermutlich wird sie jetzt mit ihm schlafen. Soll er wegrennen?
    Er starrt auf die Spur, deren definitives-Ende am Fuße der Leiter wie eine Zauberformel wirkt. Da muß er hin. Da und sonst nirgendwo.
    Jetzt?
    Er geht los. Langsam, den Kopf zum Hochsitz gerichtet. Von ihr ist nichts zu sehen. Ist er rot? Er senkt den Kopf und geht langsamer. Als solle ihm etwas angetan werden. Aber doch kein Leid. Es ist wie ein Schockzustand. Als wäre es das erste Mal. Wieder denkt er, alles bisher war nur geübt. Jetzt ist es echt.
    Wie ein Amateur beim Ladendiebstahl sieht er sich um, bevor er die Leiter hochsteigt. Kein Filialleiter, keine Videokamera, kein Spiegel … Da ist nichts Bedrohliches. Nur ein stiller Ring aus Nadelwald und die fröhliche Wiese mit den Krokustüpfelchen, fast genau in der Mitte geteilt durch ihrer beider Spur.
    Er klettert hinauf.
    Beim ersten Blick über den Boden des Häuschens hindert ihn die Erektion fast am Weitersteigen. Nackt und mit geschlossenen Augen sitzt Regina auf dem Bänkchen an der Rückwand. Den Kopf hat sie nach hinten gelegt und die Beine leicht geöffnet. Eine Hand liegt neben ihr auf der Bank und die andere, wie hingeflogen, auf dem großen dunklen Dreieck in ihrem Schoß. Sig hebt

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