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Einsam, zweisam, dreisam

Einsam, zweisam, dreisam

Titel: Einsam, zweisam, dreisam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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einem schlechteren Science-fiction-Film.
    «Es ist ein ordentliches Stück», sagt Regina und legt ein scharfes Tempo vor. Wir beeilen uns, um es irgendwo miteinander zu machen, denkt Sig, wir sind aufgeregt. Wir freuen uns darauf.
    Schon wieder kommen sie am Bahnhof vorbei. Regina schließt ihr Rad auf und läßt es an einer Hand neben sich her rollen. Sig schafft es nicht, sich in dieser Stadt zu orientieren. Den Bahnhof hätte er hier nicht vermutet. Der kommt jedesmal aus einer anderen Himmelsrichtung. Der erste bewegliche Bahnhof, denkt er.
    «Worüber lächelst du?» fragt ihn Regina.
    «Hab mir selber einen Witz erzählt.»
    Diesmal gehen sie auf der anderen Seite des Bahnhofs unter den Gleisen durch. Hinter den Gleisen ändert sich der Charakter der Gegend schlagartig. Dreistöckige Wohnblocks in stillen Alleen. Verschlafene Kleinbürgerlichkeit. Feierabendstimmung. Schön geputzte Autos, die meisten in Metalliclackierung, schlafen Stoßstange an Stoßstange ihrem morgendlichen Dienst im Stoßverkehr entgegen. Niemand ist unterwegs. Aus den meisten Fenstern schimmert es bläulich. Die hohen, alten Kastanien rauschen würdig im Wind, wie Wächter dieser Idylle.
    Regina möchte fahren. Er soll sich auf den Gepäckträger setzen. Aber nach zwanzig Metern Schlangenlinie gibt sie auf: «Fahr du mich.»
    Als er antritt, sagt sie: «Immer gradeaus» und legt die Arme um seine Hüften. Die Hände läßt sie, wie zufällig, nah seiner Leistengegend liegen. Jeder Pedaltritt streichelt ihn mit ihren Fingern.
    «Wir sind da», sagt sie nach einigen hundert Metern.
    Sie stehen vor einem Kino. «Kandelhof» steht in Neonbuchstaben über dem Eingang. Regina zeigt auf eins der Plakate und sagt. «Scheint mit unserem Thema zu tun zu haben.»
    In großen roten Lettern steht «Malizia» auf dem Plakat. Darunter ist Laura Antonelli gerade dabei, sich ihre Strümpfe an- oder auszuziehen. Sie schaut selbstbewußt und fordernd über die Schulter, wie Regina heute mittag.
    Hat sie gewußt, daß der Film läuft? Ist das Pornographie? Mag sie Pornographie? Allerdings, Laura Antonelli ist ein Star, und Stars spielen nicht in pornographischen Filmen. Regina wäre die erste Frau, die er kennenlernt, die Pornographie duldet oder mag. Wundern würde er sich nicht.
    Während sie noch das Fahrrad abschließt, kauft er schon die Karten, denn er möchte nicht, daß sie schon wieder bezahlt. Jetzt hat er ja Geld. Er ist froh, niemanden im Foyer zu sehen, meint, man müsse ihnen ansehen, was sie vorhaben. Er ist aufgeregt und kommt sich irgendwie verboten vor.
    Sie gehen zur hintersten Reihe und setzen sich weit von dem kleinen, viereckigen Loch in der Wand, aus dem das Licht des Filmprojektors kommt. Der Saal ist mit vielleicht fünfzehn Leuten spärlich besetzt. In ihrer Reihe sitzt niemand. Sie warten auf den Hauptfilm.
    Ein bißchen zittrig betrachtet Sig das Saxophon spielende Mädchen der Langnese-Werbung.
    «Hast du Angst?» fragt Regina flüsternd.
    «Ja.»
    «Brauchst du nicht. Wir sind ganz vorsichtig.»
    Ein schwer erträgliches Gemisch aus Furcht und Erregung mahlt in Sigs Bauch herum. Wenn sich die beiden Gefühle wenigstens abwechseln würden. So weiß er nicht mal genau, welches gerade stattfindet. Aus den Augenwinkeln spioniert er Regina aus.
    Sie sitzt ruhig und entspannt, hat die Lippen halb geöffnet und, wie zufällig, eine Hand in ihren Schoß gelegt. Die Finger sind nicht gebogen. Wie schön sie ist, denkt Sig, wie wahnsinnig schön.
    Er erschrickt, als es dunkel wird. Der Hauptfilm fängt an. Es ist ihm längst nicht dunkel genug. Vier Reihen vor ihnen sind unbesetzt.
    «Alle sehen nach vorn», flüstert Regina, «hab keine Angst.»
    Sehr langsam und sehr leise hebt sie sich ein kleines bißchen aus ihrem Sitz, knöpft ihre Hose auf und zieht ganz langsam den Reißverschluß nach unten. Dann, noch immer vom Sitz erhoben, schiebt sie, wie in Zeitlupe, Hose und Slip von den Hüften. Bleich wie ein Mond leuchtet ihre nackte Haut. Sie läßt sich nieder auf den Sitz, zieht die Jacke aus, legt sie griffbereit neben sich und schaut mit großen Augen, deren entrückten Blick Sig nur ahnen kann, in sein Gesicht.
    «Du brauchst nicht, wenn du dich nicht traust», flüstert sie, «es genügt, wenn du aufmachst.»
    Er schaut sich erst um, dann zieht er, krampfhaft auf die Köpfe vor ihnen starrend, an seinem Reißverschluß. Er versucht, seine weite Unterhose in der Hose nach unten zu schieben, aber es geht nicht. Er knöpft sie auf,

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