Einsam, zweisam, dreisam
Wanne klettert. Plitsch, Gurgel, Flapflap, und sie steht im weißen Hotelbademantel vor ihm.
Ein Hammergirl, denkt er noch, und ab da denkt er überhaupt nichts mehr. Bis zum Frühstück.
R egina ist fast fertig mit ihrem Umzug. Es ist eigentlich erst mal nur ein Auszug, denn in der Stadtstraße stellt sie ihre Sachen unter, bis der Vormieter ausgezogen ist.
Als sie Sig unten vorm Haus stehen sah, erschrak sie so, daß sie sich entschloß, gleich auszuziehen. Das nächste Mal kommt er rein, dachte sie. Und heute morgen kam ein Brief aus England mit dem Schlußsatz: «Wann besuchst du uns endlich? Malcolm und Sara.»
Malcolm ist einer der früheren Himmelsstürmer in Reginas Leben. Zwar katapultierte auch ihn ein Schnupfen aus ihrem Bett, aber ausnahmsweise blieben sie befreundet. Als er später seine Eltern verlor, ging er zurück nach England, heiratete und übernahm das Hotel seiner Familie. Ein würdiges, gutgehendes Haus in der schönsten Landschaft der Welt, dem Lake District.
Schon zweimal war Regina Gast dort gewesen und hatte sich mit Sara, einem blassen Feenwesen, angefreundet. Sie fühlte sich dort sehr wohl unter all den alten Damen, die beim Scrabble zu betrügen versuchten.
Sie möchte Sig eine Weile nicht sehen. Geld hat sie, Ferien hat sie sich genommen, warum soll sie nicht jetzt nach England. Eine Woche Tarn Hows Hotel könnte genau das Richtige sein.
Marius wird ihr sein Auto leihen, da besteht kein Zweifel. Selbst jetzt, da sie schon ausgezogen ist, wird er sich weiterhin in der Rolle des betrogenen Investors bedauern wollen. Die bittere Enttäuschung schiebt er noch ein paar Wochen hinaus. Vielleicht, wenn sie ihm den Wagen zurückgibt und sich noch immer weigert, ihm nackt und mit mystischem Glanz ums Haupt ins Bett zu folgen, wird er brechenden Blicks ihre Schlechtigkeit entdecken und die Nippes-Vorstellung, die er sich von ihr macht, endlich an der ungerechten Realität zerschellen sehen. Nach allem, was er dann für sie getan haben wird.
Jetzt hilft er noch hingebungsvoll beim Einladen ihrer Sachen. Beim Ausladen helfen Yogi und einer namens Sepp, der ein Freund von ihm zu sein scheint. Mit zwei Fahrten ist alles transportiert.
Sie kopiert das Buch bis auf die letzten zehn Seiten. Sig soll wissen, daß sie zurückkommt. Morgen früh wird sie das Paket durch den Briefschlitz stecken.
Sie schläft im leeren Zimmer. Außer Bettwäsche, einem gepackten Koffer und ihren Waschsachen ist schon nichts mehr hier, das ihr gehört.
«Hallo Müller», sagt Sig, als die Katze auf sein Bett hopst. Sie richtet sich in seiner Achselhöhle ein, und er schläft weiter.
Er wacht auf von dem «Prrr», das sie an seinem Ohr macht. Sie stupst ihn immer wieder mit der Nase an. Als er klar genug ist, um zu begreifen, wo er ist, wer die Katze ist und daß sein Kopfkissen naß ist, sagt er: «Schäm dich, Frau Müller.»
Die Katze sitzt schon auf dem Fenstersims und antwortet leicht verächtlich: «Orientier dich erst mal, was die Realitäten sind, bevor du schwerwiegende Verdächtigungen aussprichst.» Sie hüpft in die Nacht und ist verschwunden.
Er macht Licht.
Um hundert Watt klüger, sieht er sofort, daß er der Katze Unrecht getan hat. Eine riesige Lache hat sich neben der Matratze gebildet. In der Lache rennen konzentrische Kreise zum Rand, und er schaut zur Decke. Dort hängt eine große Beule, in deren Mitte ein ständig größer werdender Spalt klafft. Daraus rinnt ein immer dicker werdender Strahl Wasser, und es kann nur noch Sekunden dauern, bis die Beule platzt. Prrratsch! Schon passiert. Ein Schwall Dreckwasser ergießt sich auf sein Bett. Ein Glück, daß die Katze ihn geweckt hat.
Wo eben noch das Bett war, ist jetzt ein ekliger Haufen aus klatschnaßem Stoff, Tapetenfetzen und Gipsbrocken. Rohrbruch.
Schnell wirft er die wenigen Dinge, die herumliegen, in seinen Koffer und klappt ihn zu. Seine Bilder sind schon nicht mehr zu retten. Die halbe Wand ist naß, und die Tapete droht, ins Zimmer zu fallen. Beide Koffer in der Hand, rennt er nach draußen. In der Unterhose.
Eigentlich wollte er nur in den Galerieraum fliehen, aber dort bietet sich dasselbe Bild. Er rennt auf die Straße.
Was zuerst tun, die Bilder retten oder ein Telefon finden? Er rennt zurück und holt ein Bild nach dem andern von der Wand. Zwei sind schon unrettbar verloren, liegen gesprungen und verwelkend am Boden. Es gießt aus drei Löchern an der Decke.
Als er auch noch die Druckgrafik gerettet hat, ist er
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