Einsame Spur (German Edition)
ganzen Elend auseinandersetzen.« Mit der Situation, dass die Frau, die er liebte, glaubte, er sei für eine andere bestimmt.
»Sehr wahrscheinlich.« Hawke tätschelte den Wolf neben ihm, der zögernd einem anderen Platz machte. »Dalton weiß sicher mehr darüber als wir alle zusammen«, sagte der Leitwolf. Dalton war der Bibliothekar der Wölfe. »Aber etwas kann ich dir noch sagen.«
Riaz wartete.
»Die Entscheidung liegt nicht bei dir – es ist die Frau, die das Band annimmt oder ablehnt.«
»Zum Teufel, nein.« Riaz fuhr die Krallen aus. »Auch wenn die Frau es annimmt, möchte ich wetten, dass der Mann es ebenfalls wollen muss. Und der hier will nicht.« Er deutete auf sich. Es hatte eine Zeit gegeben, da hätte er seine Seele verkauft, um Lisettes Gefährte zu werden, doch etwas hatte sich grundlegend in ihm verändert, seit diese Seele sich von dem schrecklichen Schmerz erholt hatte. Er hatte es überlebt und Narben davongetragen, war aber auch innerlich gereift, liebte eine Soldatin und hatte nicht den Wunsch, die Zeit zurückzudrehen.
»Wenn ich an das Wort Zuhause denke, sehe ich Adrias Gesicht vor mir.« Adrias tiefviolette Augen sahen ihn aus den Gesichtern der Kinder an, an die er seit der Nacht auf der mondbeschienenen Wiese dachte, als sie ganz sein geworden war. »Adria kennt meine Geheimnisse.«
»Du willst dich von der Frau abwenden, die dir als Gefährtin bestimmt war?«
»Ja.« Das würde vielleicht kein anderer Wolf tun – der Gedanke würde andere vielleicht sogar abschrecken –, aber es hatte ja auch kein anderer Wolf sein Leben gelebt. »Ich habe die Frau gefunden, die mir bestimmt ist.« Die Frau, der die Hingabe seines Wolfs gehörte.
»Bist du ganz sicher?«, fragte der Leitwolf, obwohl er die Antwort gerade eben gegeben hatte.
Riaz sah ihm in die Augen, er war so aufgebracht, dass das Raubtier in seinem Blick loderte.
Doch Hawke schreckte nicht zurück. »Du sprichst von Adrias Leben«, sagte er. »Du musst ganz sicher sein, dass du niemals einen Mangel in ihr entdecken wirst.«
Ohne überhaupt gemerkt zu haben, dass er reagierte, hatte Riaz Hawke an der Gurgel gepackt. Der Leitwolf hielt ihn am Handgelenk fest.
Sah ihn vollkommen ruhig an.
Knurrend ließ ihn Riaz los, die Krallen glitten zurück. »Ich war gestorben.« Brutale Worte. »Als ich Lisette das erste Mal gesehen und erkannt habe, dass sie mir nie gehören würde, bin ich in so viele Stücke zerbrochen, dass ich ein lebender Toter war, als ich in die Höhle zurückkehrte.«
Adria hatte ihn zurück unter die Lebenden gezwungen, hatte ihn herausgefordert, mit ihm gekämpft und gespielt, bis er nicht nur am Leben, sondern sogar glücklich war. »Ich vertraue Adria mehr als ich dir vertraue.« So war es auch richtig. Ein Wolf sollte seiner Gefährtin mehr vertrauen als allen anderen … doch Adria war ja nicht seine Gefährtin, war nur die Frau in seinem Herzen. »Mein Wolf vertraut ihr.« Er ließ ihn heraus, in die Augen, in die Stimme.
Hawke atmete tief durch. »Da sie deine Gefährtin ist, könnte Lisette noch weit tieferes Vertrauen erhalten.«
Riaz schnaubte, der Leitwolf spielte des Teufels Advokat. »Und du könntest Stricken lernen.« Sein Wolf hielt sich an konkrete Dinge, er hatte sein Herz und seine Treue Adria geschenkt. Dass eine andere vielleicht besser zu ihm passen könnte, die darüber hinaus auch noch die ihm bestimmte Gefährtin war, war eine sinnlose Überlegung.
Hawke nickte – stille Zustimmung. »Was wirst du nun tun?«
»Adria davon überzeugen, dass es mir ernst ist.« Etwas anderes kam gar nicht infrage.
Adria hatte dafür gesorgt, alle Aufgaben und Wachschichten so umzulegen, dass keine Gefahr bestand, Riaz über den Weg zu laufen. Ihre Haut spannte, im Bett war es schrecklich kalt, und ihr tat alles weh, als wäre sie durchgeprügelt worden. Sie war sich nicht sicher, ob sie nicht nach ihm die Hand ausstrecken würde, wenn sie ihn sah.
Aufgrund ihrer heftigen Sehnsucht glaubte sie deshalb auch zuerst an eine Halluzination, als sie am Tag nach der schmerzhaften letzten Begegnung eine rosafarbene Schachtel auf ihrem Nachttisch fand, der sein Geruch anhaftete. Vorsichtig streckte sie die Hand danach aus und zuckte zusammen, als die Schachtel nicht verschwand. Ebenso wenig wie die Törtchen in ihr.
»Erdbeersahne, roter Samtkuchen, Bananen-Beeren und Apfel-Zimt.« Ein Kloß saß in ihrer Kehle, sie nahm das Apfeltörtchen und leckte an der Glasur. Die Köstlichkeit schmolz auf der
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