Einsame Spur (German Edition)
Zunge … und mischte sich dort mit salzigen Tränen.
Sie konnte sich nicht erinnern, ihm ihre Lieblingssorten genannt zu haben.
Sie ließ sich auf das Bett fallen und legte das Törtchen zurück, ihre Schultern zitterten, so stark waren die Gefühle. Das war der Abschied, er sagte ihr auf die zärtlichste Weise Auf Wiedersehen. Es wäre leichter gewesen, wenn er wütend geworden wäre oder sie einfach nicht mehr beachtet hätte – o Gott, das wäre furchtbar gewesen –, aber stattdessen schickte er Törtchen, damit sie ihm wieder mit Haut und Haaren verfiel.
»Ich hasse dich«, flüsterte sie und wischte die Tränen weg. Eine größere Lüge war ihr nie über die Lippen gekommen. Die Lüge, die sie Shawnie, Becca und Ivy auftische, als sie ihnen drei Törtchen abgab, war im Vergleich dazu winzig: »Ich habe einfach nicht alle geschafft.« In Wahrheit hatte sie noch immer das, an dem sie geleckt hatte, konnte sich nicht dazu entschließen, es aufzuessen. Denn das wäre so, als würde sie den Abschied akzeptieren, und dazu war sie noch nicht bereit.
Drei Stunden später fand sie ein glatt poliertes Holzkästchen auf ihrem Schreibtisch. »Sieh mal!«
Indigo tat ihr den Gefallen. »Sehr schön. Einfach – aber ich habe mir sagen lassen, dass einsame Wölfe manchmal ein wenig eigenartige Geschenkideen haben.«
»Einfach?« Wütend, obwohl sie nicht wusste, auf wen, zerlegte Adria das Kästchen vorsichtig in seine Bestandteile.
Indigo beugte sich vor, um mit großen Augen zuzusehen. »Das ist ja ein Geduldsspiel!« Begeistert wollte sie danach greifen.
Adria schlug ihr auf die Hand. »Man muss es in der richtigen Reihenfolge machen … sonst klappt es nicht.« Und dann stand auf dem Tisch eine Miniaturausgabe des Kolosseums, komplett mit fein geschnitzten Bogengängen und angedeuteten Zuschauertribünen im Innenraum.
Indigo strich vorsichtig mit dem Finger über das glänzende Holz. »Das ist … unglaublich! So eine komplizierte Arbeit habe ich noch nie gesehen.«
Er hatte es für sie gemacht, weil er wusste, dass sie solche Spiele mochte, hatte sicher eine ganze Weile daran gearbeitet.
»Warum gerade Rom?«
Kaiserin . »Ist nicht so wichtig«, sagte Adria und setzte unter Indigos faszinierten Blicken das Kästchen wieder zusammen. »Er hört einfach nicht auf mich.« Der sture Wolf verabschiedete sich nicht etwa elegant, sondern er umwarb sie. Zum Wahnsinnigwerden.
»Adria, Schätzchen«, sagte Indigo sehr langsam. »Ist dir eigentlich klar, dass du von einem dominanten Mann sprichst? Seit wann hören die auf irgendjemanden, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt haben?«
»Das hilft mir auch nicht weiter.«
»Weiß du was?« In Indigos Augen blitzte es vergnügt. »Jetzt verstehe ich, warum alle ihren Spaß daran hatten, als Drew mich fast zum Wahnsinn getrieben hat.«
Adria griff nach dem Törtchen, das sie mit ins Büro genommen hatte, und biss hinein. Wenn Riaz glaubte, sie würde unter seiner Charmeoffensive weich werden und den Abgrund vergessen, der sie trennte, kannte er sie aber schlecht … doch offensichtlich kannte er ihre Liebe zur italienischen Oper. Es war ihr kleines Geheimnis, das sie mit niemandem geteilt hatte, und der reichlich unvernünftige Grund dafür, dass sie die Sprache gelernt hatte.
Am Abend erwarteten sie zwei Karten für La Bohème am Spiegel ihrer Kommode. Ihr Herz machte einen Satz, aber sie war entschlossen, ihm Vernunft beizubringen, nahm die Karten und hängte sie ans Brett im Pausenraum der erfahrenen Soldaten. Trotz der teuren Plätze nahm sie aber keiner.
»Ist ja niemand blöd genug, einen einsamen Wolf zu verärgern«, sagte Simran, als Adria am nächsten Tag vor den unberührten Karten stand. »Vor allem, wenn dieser einsame Wolf klar und deutlich gesagt hat, dass er jeden verfolgt und begräbt, der ein Geschenk annimmt, das für dich gedacht ist.«
Adria ging nicht weiter auf das belustigte Glitzern in den Augen der anderen ein, sondern nahm die Karten und stapfte zu Riaz’ Büro. Er war nicht da – sie war nicht sicher, ob sie nun erleichtert sein sollte, dass sie ihre Willensstärke ihm gegenüber nicht auf die Probe stellen musste, oder sauer, weil es nicht den Kampf gab, den sie sich vorgestellt hatte.
Von Walker Lauren borgte sie sich einen Hammer und nagelte die Karten an die Tür. Hawke kam gerade vorbei und hielt hilfsbereit die Karten fest. Er sagte nichts, sein Gesicht war so bar jeden Ausdrucks, dass er ganz sicher seinen Spaß an der Sache
Weitere Kostenlose Bücher