Einsame Spur (German Edition)
ist sehr willensstark.« Die Hände, die sie schon auf jedem Zentimeter ihrer Haut gespürt hatte, drückten jetzt ihre Oberschenkel. »Wie jemand anders, den ich gut kenne.«
»Das solltest du nie vergessen.«
»Deswegen bedrängt dich der Wolf ja so«, sagte er und küsste die Schenkelinnenseite, dass ihr ein Schauer über den Rücken lief. »Wolf und Mann wissen genau, dass du dich dann wehrst. Mit einem Schwächling würde es keinen Spaß machen.«
Nach Strich und Faden verführt von einem Wolf, der sie viel zu gut kannte. »Und die Sache mit den Müttern?« Gestern Abend waren sie nicht mehr zum Reden gekommen, das Abendessen hatte sich länger als erwartet hingezogen. Bei der Zusammensetzung der Anwesenden war es kein Wunder gewesen, dass sich das Gespräch schnell um die zunehmende Instabilität des Medialnet gedreht hatte.
Etwa um zehn war Judd verschwunden, weil er sich mit seinen Kontaktleuten treffen wollte, wahrscheinlich hatte er Hawke heute einiges mitzuteilen. Danach würde Hawke die Informationen mit ihr durchsprechen, denn ein Alphapaar musste Vertrauen aufbauen, das über pure Sinnlichkeit und das Band zwischen Gefährten hinausging. Es musste alles umfassen, was das Wolfsrudel stark machte. »Zumindest hast du das Treffen mit den Müttern überlebt.«
Hawkes Seufzen sagte mehr als tausend Worte. »Wenn ich nur daran denke, bekomme ich wieder Kopfschmerzen. Frag mich noch mal nach dem Sex, dann kann ich vielleicht darüber reden.«
Sie lachte. »Schön, dass ich nicht die Einzige bin, die vor Nell Angst hat.«
»Ich habe vor nichts Angst, am allerwenigsten vor einer Frau, die kaum fünfundfünfzig Kilo auf die Waage bringt und drei Jahre jünger ist als ich.«
»Das kannst du dir selbst weismachen.«
Der Wolf kniff die Augen zusammen. »Besserwisser bekommen ihre wohlverdiente Strafe.« Seine Hände glitten wieder unter ihr T-Shirt und strichen über die empfindliche Stelle zwischen ihren Beinen. Ihr Zittern entlockte ihm ein sehr wölfisches Lächeln. »Du warst sehr still, als wir gestern Abend über unser Ritual sprachen.«
Sie spielte mit den Haaren in seinem Nacken und biss sich auf die Unterlippe. »Ich wünschte, wir hätten schon eher gefeiert.« Sie hatten beschlossen zu warten, bis Ruhe eingekehrt war und die evakuierten Kinder wieder zurück in der Höhle waren, aber nun lagen Siennas Nerven blank. »Die erste Feier, nachdem …« Nachdem alle wussten, wozu sie fähig war, wer sie war. »Vielleicht sollten wir uns mit Walker und Lara zusammentun«, sagte sie, obwohl sie wusste, dass es zu spät dafür war, denn die Feier sollte in wenigen Tagen stattfinden.
»Jedes Ritual ist einzigartig und vollkommen auf das jeweilige Paar zugeschnitten.« Hawke umfing ihr Gesicht mit den Händen, er hatte verstanden, was sie nicht hatte sagen können. »Walker und Lara möchten es stiller.«
Noch dazu war er der Leitwolf, in jüngster Vergangenheit hatte es kaum eine größere Feier in der Höhle gegeben als das Ritual, das ihren Bund besiegeln würde. Alle Gefährten, ob jung oder alt, wollten etwas zu den Feierlichkeiten beisteuern, und Sienna durfte sie nicht darum bringen – selbst dann nicht, wenn sie sich am liebsten in einer Ecke versteckt hätte, um von niemandem gesehen zu werden.
Hawke legte ihr den Finger auf die Lippen, ehe sie etwas sagen konnte. »Ich habe dir doch schon oft gesagt, wie wir Wölfe sind, Baby.« Liebevolle Zuneigung lag in dem Kosenamen, den er nur benutzte, wenn sie zu zweit waren. »Wir haben großen Respekt vor Kraft und Stärke.«
»Aber ich bin nur eine einfache Soldatin.« Die Hierarchie war äußerst wichtig für die Stabilität des Rudels – und die Beziehung zwischen ihnen fiel aus jeglichem Raster. Nie würde sie Hawke deswegen aufgeben, aber manchmal machte sie sich doch Sorgen, wie sich das alles auf das Rudel auswirken würde. »Ich bin jung und unerfahren.«
»Alter und Erfahrung sind nicht alles«, sagte Hawke, die blassblauen Augen ließen nicht zu, dass sie den Blick senkte. »Vielleicht musst du dir im persönlichen Bereich noch deine dominante Stellung verdienen, die Loyalität des Rudels hast du ja bereits – denn du hast dein Leben eingesetzt, um sie zu schützen. Das allein zählt.«
Sie ließ sich in seine Umarmung fallen. Er drückte sie fest an sich und strich mit seiner großen Hand über ihren Rücken. Es stimmte, niemand im Rudel hatte nach der Schlacht irgendetwas gesagt oder getan, bei dem sie sich abgelehnt gefühlt hatte.
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