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Einsamen

Einsamen

Titel: Einsamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nesser
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ausdrücklich mein Beileid aussprechen und werde mich dann nächste Woche noch einmal melden.«
    »Sie stören nicht«, sagte Berglund. »Sie wird am Samstag beerdigt. Diese Tage, bevor der Verstorbene in die Erde kommt, sind gar nicht mit so viel Aktivitäten gefüllt, wie die Leute sich das immer vorstellen. Außerdem habe ich es ja auch schon lange erwartet.«
    »Ich verstehe«, sagte Gunnar Barbarotti. »Aber ich möchte trotzdem nicht …«
    »Ich spüre gleichzeitig Erleichterung und Trauer darüber, dass es endlich vorbei ist«, fuhr Rickard Berglund fort. »Und es ist besser, darüber zu reden, statt nur herumzulaufen und es in seinem eigenen Kopf kreisen zu lassen. Entschuldigen Sie, was wollten Sie eigentlich?«
    Möchte wissen, wann er das letzte Mal eine ganze Stunde geschlafen hat, dachte Barbarotti.
    »Ich … ich wollte eigentlich nur noch einmal ein paar Worte mit Ihnen wegen Germund Grooths Tod wechseln«, erklärte er, »also das Gleiche wie beim letzten Mal. Es geht da um ein paar Details, aber das kann warten.«
    »Morgen habe ich Zeit«, sagte Berglund. »Wenn es Ihnen passt.«
    »Das passt mir«, sagte Barbarotti. »Und wann?«
    »Am Nachmittag«, schlug Rickard Berglund vor, und dann einigten sie sich auf zwei Uhr im Foyer des Polizeigebäudes.
    Merkwürdig, dachte Barbarotti, nachdem er aufgelegt hatte. Nichts zu tun, obwohl die eigene Frau beerdigt wird? Aber Berglund war ja jetzt in der Branche, er wusste wohl, wie das Praktische zu regeln war.
    Und er hatte genug Zeit gehabt, sich vorzubereiten. Viel zu viel Zeit wahrscheinlich.
    Eva Backman rief in Skåne an und erfuhr, dass Ribbing und Larsson gerade auf Kristin Pedersen warteten, die aus Kopenhagen kommen sollte. Sie würden von sich hören lassen, sobald die Vernehmung beendet war. Später am Tag standen noch zwei Kollegen von Germund Grooth auf dem Plan.
    Eva Backman bedankte sich und legte auf. Nach einigen Minuten der Unentschlossenheit war ihr klar, dass sie keine Lust hatte, in ihrem Büro zu bleiben. Der Himmel vor dem Fenster war ein wenig aufgehellt, der Regen würde wahrscheinlich in den nächsten Minuten aufhören, und manchmal musste man einfach seiner Intuition folgen.
    Das klang zumindest gut, wenn es darum ging, sich selbst zu erklären, womit man sich eigentlich beschäftigte. Folge deiner Intuition. Sehr viel besser, als zuzugeben, dass man schwänzte, weil man einfach mal rauskommen musste, um sich zu bewegen.
    Sie nahm einen Wagen aus dem Pool unten in der Garage und verließ das Polizeigelände. Schlängelte sich quer durch die Stadt, und nach fünf Minuten war sie auf der 256 Richtung Rönninge. Der Regen hatte sich bereits zurückgezogen, und zwischen den Wolken blitzte es blau auf.
    Ich kann einfach nicht so lange still sitzen, dachte sie. Das ist der Punkt, und es wird von Jahr zu Jahr schlimmer. Ich werde davon nur müde im Kopf. Wenn der Körper sich nicht bewegen darf, wie soll dann das Gehirn in Bewegung bleiben?
    Es dauerte eine Weile, zur Gänseschlucht hinzufinden, obwohl es doch erst eine gute Woche her war, seit sie das letzte Mal hier gewesen war. Glücklicherweise hatte sie eine Karte mitgenommen. Eine Orientierungskarte, genauer gesagt, Maßstab 1:25 000, sie erinnerte das Design noch vom Gymnasium.
    Obwohl die Sonne hervorgekommen war, war der Wald immer noch pitschnass. Einige Wege waren auf der Karte deutlich besser als in der Wirklichkeit, und sie war bis zu den Knien nass, als sie endlich oben am Steilhang stand.
    Dort blieb sie stehen und schaute hinunter in den Abgrund, in dem Germund Grooth vor acht Tagen tot aufgefunden worden war.
    Maria Winckler fünfunddreißig Jahre vorher.
    Germund war damals sechsundzwanzig gewesen, wie sie ausrechnete. Sie versuchte, sich seine Gefühle vorzustellen. Wie es gewesen sein musste, plötzlich seine Lebensgefährtin zu verlieren, wenn man noch so jung war. Sie waren zwar nicht verheiratet gewesen, aber immerhin schon vier, fünf Jahre zusammen. Hatten sowohl in Uppsala als auch für ein paar Monate in Kymlinge unter einem Dach gelebt. Das musste Spuren hinterlassen, dachte Eva Backman. Unauslöschliche Spuren. Es gab Anzeichen, die darauf hindeuteten, dass Germund Grooth bereits zu dieser Zeit ein merkwürdiger Kauz gewesen war, und dass Maria ihm auf diese brutale Art und Weise von der Seite gerissen wurde, ja, das konnte die Sache nicht besser gemacht haben.
    Hatte es ihn trotz allem fünfunddreißig Jahre lang verfolgt? Konnte es so sein? Das Leben war

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