Einsamen
Flipperspiel an. Marianne … Gehirnblutung … Neurochirurgie … Zustand stabil … Sahlgrenska. Er versuchte, alles zu einer verständlichen Mitteilung zusammenzufügen, doch es klappte nicht. Es war ein Puzzle, das sich nicht zusammenfügen ließ.
»Was … was soll ich tun?«, brachte er nur heraus. »Was soll ich … wir haben auch noch vier Kinder … nein, fünf …«
»Doktor Berngren schlägt vor, dass Sie zunächst herfahren, um einige Informationen zu bekommen. Und dass Sie natürlich die Kinder informieren.«
»Ja, und dann?«
»Ihre Frau wird in Göteborg operiert und noch für mehrere Stunden das Bewusstsein nicht wiedererlangen. Wir können für Sie und die Kinder eine Fahrgelegenheit organisieren, aber es genügt, wenn Sie sich erst nach ein paar Stunden auf den Weg machen.«
»Ich … ich verstehe. Ich rufe die Kinder an, und dann kommen wir zu Ihnen. An wen soll ich mich wenden?«
»Station 35. Im 30er-Haus also. Ich heiße Jeanette Möller, ich bin noch bis sechs Uhr abends da. Fragen Sie am Empfang nach mir. Ist das in Ordnung so?«
»Das … ist … in … Ordnung«, stotterte Gunnar Barbarotti und legte den Hörer auf.
Als Erste erreichte er Sara, und das war wohl auch gut so. Sie war die Älteste, ganze 22 Jahre, und die Klügste. Als sie die schockierende Botschaft verstand – und begriff, dass ihr Vater vermutlich nicht so recht in der Lage war, die Situation zu meistern –, übernahm sie die Verantwortung.
»Ich denke, wir sollten nicht alle zusammen hinfahren«, entschied sie. »Nicht sofort. Ich werde die übrigen zu Hause versammeln, und dann diskutieren wir die Lage. Vielleicht wollen Jenny und Johan gleich hinfahren, aber das ist nicht sicher. Es ist wohl das Beste, wenn sie das selbst entscheiden. Aber du kannst jetzt losfahren, ich werde mich so lange um die Heimatfront kümmern.«
»Aber …«, sagte Gunnar Barbarotti.
»Kein aber«, erwiderte Sara. »Verlass dich auf mich, du brauchst dir deshalb keine Gedanken zu machen. Fahr lieber zu Marianne.«
»Danke«, sagte Gunnar Barbarotti. »Ich weiß nicht, was ich … danke, Sara.«
»Ach, noch eins«, sagte Sara. »Fahr nicht selbst. Wollte das Krankenhaus nicht für den Transport sorgen?«
»Ja, die haben gesagt, dass sie das tun wollen.«
»Gut. Und wir halten übers Handy Kontakt.«
»Ich liebe dich, Sara«, sagte er.
»Ich liebe dich auch, Papa«, sagte Sara und legte auf.
Jeanette Möller war dunkelhäutig und um die fünfundzwanzig. Schon merkwürdig, dass man einer Stimme nicht anhören kann, welche Hautfarbe der Mensch hat, dachte er. Warum auch immer sich ihm so ein Gedanke in einer Situation wie
dieser aufdrängte.
»Hallo. Ich heiße Jeanette Möller. Wir haben am Telefon miteinander gesprochen.«
»Ja«, sagte Gunnar Barbarotti.
Sie legte ihm eine Hand auf den Arm. »Ich weiß, dass Sie leicht unter Schock stehen«, sagte sie. »Das ist nur natürlich. Aber wenn Sie mir folgen, dann bringe ich Sie zu Doktor Berngren, mit dem können Sie sprechen.«
Sie ging vor zu den Fahrstühlen in der Empfangshalle. Sie fuhren in den fünften Stock. Es war ihm, als würde er die Umgebung wiedererkennen. Aber hier hatte er vor zwei Jahren nicht mit dem gebrochenen Fuß gelegen, das war in einem anderen Gebäude gewesen, in Nummer 20. Dennoch erschien ihm alles irgendwie gleich. Obwohl diesmal alles anders
war.
»Was ist passiert?«, fragte er wieder, als sie im Fahrstuhl standen. »Sie können sich denken, dass ich beunruhigt bin.«
»Das ist ganz normal, dass Sie das sind«, wiederholte sie. »Aber ich weiß nicht so genau Bescheid. Bis auf die Tatsache, dass sie das Bewusstsein verloren hat. Und dass es sich um eine Blutung im Gehirn handelt.«
Normal?, dachte er. Was meint sie damit? Es gibt nicht den Bruchteil einer Sache hier, die normal ist.
»Ist sie umgekippt?«
»Ja. Und nicht wieder aufgewacht.«
»Eine Blutung?«
»Ja.«
»Und wo?«
»Im Gehirn. Aber ich weiß nicht genau, wo. Bitte schön, wir sind da.«
Die Fahrstuhltür öffnete sich, und er folgte ihr auf die Station 35. Sie bat ihn, sich auf einen grünen Stuhl zu setzen. Verließ ihn, um Doktor Berngren zu holen. Die Gedanken kreisten wild in seinem Kopf herum.
Doktor Berngren war ein Mann in den Vierzigern mit rötlichem Haar. Er schüttelte Barbarotti die Hand und bat ihn, mit ihm ins Sprechzimmer zu gehen, wo sie sich in Ruhe unterhalten konnten. Er fragte, ob Barbarotti etwas zu trinken haben wollte. Dieser lehnte dankend ab, merkte
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