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Einsamen

Einsamen

Titel: Einsamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nesser
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vergessen?
    Oder war gerade die Außergewöhnlichkeit, also, dass es nicht so oft passierte, die Voraussetzung an sich? Würde es langweilig werden, wenn es jeden Tag stattfand?
    Sie schob diese Gedanken beiseite. Klickte stattdessen ihre Überweisungen zu Ende und schaute auf die Uhr.
    Halb sechs. Zeit, loszugehen und etwas fürs Frühstück zu kaufen. Morgen war Montag.
    Sie stand an der Käsetheke, als Barbarotti anrief.
    »War schön gestern«, sagte sie. »Alle Beteiligten auf unserer Seite haben es als Höhepunkt angesehen.«
    »Wir auch«, erklärte Gunnar Barbarotti. »Können wir gern wiederholen.«
    »Rufst du deshalb an?«, fragte Backman. »Um zum morgigen Frühstück einzuladen? Dann kann ich aufhören mit dem Einkaufen. Ich bin gerade bei ICA Stubinen und fülle die Reserven auf.«
    »Nein, es geht nicht um eine Einladung zum Frühstück«, erwiderte Barbarotti. »Obwohl du natürlich willkommen bist, wenn du möchtest. Ich bin draußen in Rönninge. Im Wald.«
    »Im Wald?«
    »Ja. Es ist etwas passiert. Asunander hat mich angerufen, und jetzt ist er der Meinung, wir könnten es uns ebenso gut beide anschauen. Du und ich.«
    »Was ist denn passiert?«, fragte Eva Backman.
    »Ein Todesfall«, antwortete Barbarotti.
    »Ein Todesfall?«
    »Genau. Im wahrsten Sinne des Wortes sogar. Tod durch Fall.«
    »Was faselst du da?«, fragte Eva Backman.
    »Ein Körper ist am Fuße eines Steilhangs aufgeschlagen«, verdeutlichte Barbarotti. »Ein Sturz von ungefähr zwanzig, fünfundzwanzig Metern. Alles deutet auf einen Unfall hin, aber es gibt da gewisse Umstände.«
    »Was für Umstände?«, fragte Backman nach.
    »Eigentlich nur einen«, erklärte Barbarotti weiter. »Warte mal.«
    Er verschwand für ein paar Sekunden, sie konnte hören, dass er mit jemandem über irgendetwas diskutierte. Dann war er wieder am Hörer.
    »Entschuldige. Ja, es gibt da eigentlich nur einen merkwürdigen Umstand, wenn man genau sein will. Vor fünfunddreißig Jahren wurde genau an derselben Stelle schon einmal eine Leiche gefunden.«
    »Vor fünfunddreißig Jahren?«
    »Ja. Am 28. September 1975.«
    Eva Backman nahm ein Pfund Gruyère entgegen und dachte nach.
    »Ein Unfall?«, fragte sie dann. »Damals, meine ich?«
    »So hieß es zum Schluss«, sagte Barbarotti. »Aber es dauerte eine ganze Weile, bis es so weit war.«
    »Du klingst eingeweiht«, bemerkte Backman.
    »Ich hatte auch schon drei Stunden Zeit dafür«, gab Gunnar Barbarotti zu. »Und ich finde, es riecht irgendwie verdächtig.«
    »Es riecht verdächtig?«
    »Ja.
    »Hat die Leiche einen Namen? Die von heute, meine ich.«
    »Noch nicht«, sagte Barbarotti. »Er hatte keine Papiere bei sich.«
    »Er?«
    »Ein Mann in den Sechzigern.«
    Eva Backman ging weiter zu den Milchprodukten und überlegte. »Gibt es noch mehr, was verdächtig riecht?«, fragte sie dann. »Abgesehen davon, dass es sich um dieselbe Stelle handelt?«
    »Ich habe so ein Gefühl«, sagte Barbarotti.
    »Ach so«, sagte Eva Backman.
    »Ich weiß, dass du nicht meine Spürnase hast«, sagte Barbarotti. »Das kann man ja auch nicht verlangen.«
    »Rede keinen Mist«, sagte Eva Backman.
    »All right«, sagte Barbarotti. »Eigentlich habe ich auch nur angerufen, um ein wenig reden zu können. Ich stehe hier neben Wennergren-Olofsson.«
    »Au weia«, sagte Backman. »Ich verstehe. Dann haben wir morgen also eine neue Aufgabe?«
    »Genau«, sagte Barbarotti.
    »Todesfall durch Fall?«
    »Du hast es geschnallt«, sagte Barbarotti. »Doch jetzt will ich nicht länger stören. Aber deine Kinder haben uns sehr gefallen. Bis morgen.«
    »Eure mochte ich auch«, sagte Backman. »Schwedens Jugend, seine Zukunft, danke für das Briefing.«
    »Keine Ursache«, sagte Barbarotti und legte auf.

5
    I ch bin Maria, der Spatz.
    Ich bin die kleine Schwester von Super-Tomas, und die Leute glauben, ich wäre verrückt.
    Ich habe kein Problem damit, dass sie glauben, ich wäre verrückt. Ganz im Gegenteil. Ich finde es ausgezeichnet, dass sie dieser Auffassung sind. Ich selbst weiß, dass es sich nicht um Wahnsinn handelt. Es handelt sich um Bosheit.
    Wenn nicht Bosheit, dann zumindest Egoismus. Ich denke an mich selbst. Andere sollen an sich denken.
    Ich bin kein Hamlet, absolut nicht. Die Leute glauben nicht, dass man heutzutage böse sein kann. Und schon gar nicht, wenn man eine Frau ist, neunzehn Jahre alt und süß. Um nicht zu sagen hübsch.
    Und schlau. Es wundert sie, dass ich schlau bin, mein Abiturzeugnis ist

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