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Einsamen

Einsamen

Titel: Einsamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nesser
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aufzuhängen, und gerade, als sie es über den Bügel schob, entdeckte sie das Bündel Geldscheine, das aus einer Tasche hervorlugte. Sie zog es heraus und stellte fest, dass es sich nicht nur um ein paar Scheine handelte. Die ganze Tasche war voller Geld.
    Voller Hunderter.
    Das Gleiche in der anderen Jackentasche. Sie spürte, wie sich etwas in ihr zusammenzog, während sie alles herausholte. Schein für Schein. Einen Hunderter nach dem anderen.
    Beide Hände voll. Sie ging in die Küche und setzte sich an den Tisch. Schaltete das Licht ein und fing an zu zählen, während die Gedanken ihr im Kopf herumwirbelten.
    Es waren fast zwanzigtausend Kronen.
    Danach ging sie wieder zum Badezimmer. Sie drückte ihr Ohr an die kühle Tür und lauschte. Drinnen lief Wasser, sonst war nichts zu hören. Eine halbe Minute blieb sie so stehen, dann öffnete sie die Tür einen Spalt.
    Das Wasser am Waschbecken lief.
    Tomas lag auf dem Rücken in der Badewanne und schlief mit offenem Mund. Er hatte seine Hose ausgezogen, sonst
nichts.
    Das muss bis morgen früh warten, dachte sie. Drehte den Wasserhahn zu und löschte das Licht.
    Um sieben Uhr morgens zwang sie ihn aus der Badewanne ins Bett. Fast musste sie ihn tragen.
    Um Viertel nach elf zwang sie ihn wieder ins Badezimmer, um zu duschen, und pünktlich um zwölf Uhr saßen sie in der Küche, jeder mit einer Tasse schwarzen Kaffee.
    Das Geld auf dem Tisch zwischen ihnen.
    »Nun?«, fragte sie.
    »Da war irgend so ein Idiot, der Calvados von 1946 ausgegeben hat«, sagte Tomas.
    »Es interessiert mich nicht, was du getrunken hast oder warum«, erklärte Gunilla. »Woher kommt das Geld?«
    »Ich brauche noch eine Kopfschmerztablette«, sagte Tomas.
    »Es hat keinen Sinn, mehr als zwei zu nehmen«, sagte Gunilla. »Und es dauert eine Weile, bis sie wirken. Trink deinen Kaffee. Also – das Geld?«
    »Hm«, sagte Tomas und kratzte sich an der Schläfe. »Ich habe den Bus verkauft.«
    »Was?«
    »Ich habe den Bus verkauft.«
    »Du kannst doch wohl nicht … ich meine, warum?«
    »Ja, weiß der Teufel«, sagte Tomas. »Ich bin es einfach leid.«
    Gunilla schaute auf die Stapel mit den Hundertern. Einer mit genau hundert, einer mit siebenundneunzig. Neunzehntausendsiebenhundert Kronen.
    »Zwanzigtausend bar auf die Hand«, sagte Tomas, »ja und?«
    »Müssten wir nicht …«, sagte Gunilla. »Hätten wir nicht die anderen vorher fragen müssen?«
    »Die anderen?«, fragte Tomas zurück. »Warum sollten wir die denn fragen?«
    »Weil uns der Bus zusammen gehört … gehörte.«
    Tomas trank einen Schluck Kaffee und verzog das Gesicht.
    »Wir haben ihn für achtunddreißig gekauft«, fügte sie hinzu.
    »Ich weiß, für wie viel wir ihn gekauft haben. Ich war es, der das gemacht hat. Aber wir sind siebzigtausend Kilometer mit ihm gefahren. Und ich war es, der sich um jeden kleinen Mist gekümmert hat. Warum zum Teufel sollte ich dann erst die anderen fragen? Außerdem gehören dir und mir einundfünfzig Prozent, oder?«
    Er verstummte. Ging zum Spültisch und trank direkt aus dem Hahn Wasser. Sie fragte sich, warum er so aggressiv war, das war sonst nicht seine Art. Hatte das mit seinem Kater zu tun, oder wusste er selbst, dass er den Bus zu billig verkauft hatte? Sie beschloss, nicht weiter nachzubohren.
    »Okay«, sagte sie stattdessen. »In gewisser Weise hast du wohl Recht.«
    »Ich werde noch zwei Fahrten machen und als Fahrer bezahlt werden«, sagte Tomas. »Das haben wir so verabredet.
    »An wen hast du den Bus denn verkauft?«
    »An einen Typen, der Pontus heißt. Ein Jurist, verdammt schlau.«
    »Aber wieso hat er bar bezahlt, du hattest das Geld ja lose in den Jackentaschen.«
    »Das ist halt so gekommen«, sagte Tomas. »Und auf der Quittung stehen nur zehntausend, das ist für beide Teile am besten so.«
    Ach ja?, dachte Gunilla und musste sich eingestehen, dass das ein Zug war, den sie nicht so richtig verstand.
    »Aber wir müssen auf jeden Fall das Geld mit den anderen teilen?«, fragte sie dann.
    »Ja, natürlich«, stimmte Tomas zu. »Das macht zweieinhalb pro Paar … plus ein Viertel von dem, was wir im Laufe des Herbst eingenommen haben. Die werden schon zufrieden sein.«
    »Zweieinhalb?«, fragte Gunilla nach.
    »Es stehen doch zehntausend auf der Quittung«, wiederholte Tomas.
    »Aber …«, sagte Gunilla, »du willst doch wohl nicht …«
    »Können wir uns über eine Sache einigen?«, unterbrach er sie.
    »Und über was?«
    »Dass ich mich in Zukunft in dieser

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