Einsamen
eingefallen, bevor Månsson den Mund öffnen konnte. Da war noch eine Sache. Er hatte eine Parisreise gebucht, und zwar für einen Termin, sechs Tage nach seinem Tod. Zusammengefasst konnte man wohl behaupten, dass es ein wenig übereilt war, davon auszugehen, dass er sich das Leben genommen hatte.
Sie mochte Månsson nicht, und sie kannte niemanden sonst, der ihn mochte. Aber auch wenn er nicht bestreiten konnte, was sie gerade vorgetragen hatte, so hatte er sie dennoch dazu gebracht, ihre momentane Arbeit selbst in Frage zu stellen.
Und das war wohl der Grund dafür, dass sie keine größere Lust, keinen Optimismus verspürte, als sie sich schließlich hinsetzte und Ribbings Abschrift des Gesprächs mit dieser ausweichenden Dänin Kristin Pedersen las.
Als Eva Backman sich in Lund ins Auto gesetzt hatte, um den Heimweg anzutreten, war sie davon überzeugt gewesen, dass Grooth ermordet worden war, daran konnte sie sich noch ganz deutlich erinnern. Jetzt fühlte sie sich alles andere als überzeugt.
Nicht, weil in diesen dazwischenliegenden fünf Tagen etwas Besonderes passiert war. Eher im Gegenteil, weil überhaupt nichts passiert war.
But the show must go on , dachte Eva Backman, richtete ihren Blick auf die erste Seite und biss in einen Apfel.
Der schmeckte säuerlich, an der Grenze zu sauer.
Ribbing war sorgfältig vorgegangen. Das Protokoll war lückenlos, jede einzelne Pupsfrage war aufgeführt. Alter, Beruf und Wohnort und wie viel sie als Erstattung für die Bahnfahrkarte über den Sund haben wollte.
Der Grund, warum Frau Pedersen nicht zum ersten vereinbarten Termin erschienen war, lag darin, dass er sich mit einem Zahnarzttermin überschnitten hatte. Das hatte sie zu spät bemerkt, aber ein dänischer Zahnarzt ging immer vor, auch vor einem schwedischen Polizisten. Vor einem dänischen Polizisten übrigens auch.
Schließlich berichtete Kristin Pedersen, dass sie Germund Grooth ungefähr vier Jahre gekannt hatte. Sie hatten sich auf der Fähre zwischen Frederikshamn und Oslo kennengelernt. Backman erinnerte sich, dass noch jemand Grooth unter ähnlichen Umständen begegnet war, konnte sich aber momentan nicht daran erinnern, wer es war, aber vielleicht war das eine Strategie, die er verfolgt hatte. Dass er hier seine Frauen fand. Sie notierte sich im Stillen, dass sie Marianne fragen wollte, wo die beiden sich kennengelernt hatten – obwohl es ihr schwerfiel, sich Marianne auf einer Fährfahrt vorzustellen. Zumindest mit der Absicht, einen Kerl aufzureißen.
Es war nie die Rede davon gewesen, zusammenzuziehen oder etwas in der Art, erklärte Kristin Pedersen weiter, derartige Beziehungen hatte sie in ihrem Leben genug gehabt. Sie wollte allein leben, brauchte aber ab und zu einen Mann, war das etwa so außergewöhnlich?
Ribbing versicherte ihr, dass das überhaupt nicht außergewöhnlich sei, und Frau Pedersen führte lang und breit aus, welche Vorteile es mit sich brachte, wenn man trotzdem jemanden sozusagen etwas fester an sich gebunden hatte. Möglicherweise auch einige. So dass man nicht jedes Mal, wenn es aktuell wurde, wieder bei Null anfangen musste. Ribbing erklärte, er verstehe genau, was sie meine.
Aber er war so trübsinnig, der Germund, stellte Kristin Pedersen dann fest, und ab hier las Backman etwas langsamer und mit einer immer stärker ausgeprägten Falte zwischen den Augenbrauen.
GR:Trübsinnig?
KP:Ja, ich finde keinen besseren Ausdruck. Germund schien von irgendetwas gequält zu werden.
GR:Was kann das gewesen sein?
KP:Das hat er nie erzählt. Aber er hat zugegeben, dass es da etwas gab.
GR:In welcher Art und Weise zeigte sich, dass er sich gequält fühlte?
KP:Er konnte unglaublich traurig und niedergeschlagen sein. Aber natürlich nur ab und zu. Man kann nicht mit einem Menschen verkehren, der die ganze Zeit nur düster ist.
GR:Aber Sie sagen, es gab dafür eine spezielle Ursache? Etwas, worüber er nicht sprechen wollte?
KP:Ich glaube schon. Ich hatte fast das Gefühl, als würde das auf ein spezielles Ereignis zurückgehen.
GR:Was könnte das gewesen sein?
KP:Das weiß ich nicht, das habe ich doch schon gesagt.
GR:Wissen Sie, dass er vor langer Zeit durch einen Unfall seine Lebensgefährtin verloren hat?
KP:Maria, ja. Er hat es erwähnt. Sie ist einen Steilhang hinabgestürzt und umgekommen.
GR:Haben Sie viel mit ihm über dieses Ereignis gesprochen?
KP:Nein. Er hat es nur einmal erzählt und ist ein andermal darauf zurückgekommen. Wenn ich mich recht
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