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Einsamen

Einsamen

Titel: Einsamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nesser
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Besonderes passiert, wenn es das ist, was Sie meinen. Wir wurden einander nur überdrüssig, ganz einfach. Haben uns auseinandergelebt. Und heute noch vermeide ich es, lange Strecken mit dem Bus zu fahren.«
    Barbarotti beschloss, dass es keine weiteren Umschweife mehr gab.
    »Was haben Sie an dem Samstag getan, an dem Germund Grooth gestorben ist?«, fragte er.
    Rickard Berglund dachte erneut nach. Aber nur wenige Sekunden lang.
    »Ich habe nicht den blassesten Schimmer«, sagte er. »Wahrscheinlich war ich bei Anna im Krankenhaus, wie ich annehme. Ich habe in den letzten Monaten fast meine gesamte Zeit dort verbracht.«
    »Können Sie das auf irgendeine Art belegen?«
    Rickard Berglund setzte sich die Brille auf und beugte sich leicht zu Barbarotti vor.
    »Man kann wohl das Personal befragen«, sagte er. »Warum um alles in der Welt wollen Sie das wissen?«
    Barbarotti hätte antworten können »Routine«, aber das erschien ihm aus irgendeinem Grund zu dürftig, deshalb beschloss er, stattdessen gar nichts zu sagen.
    Wir schließen den Fall jetzt ab, dachte er. Das hat keinen Sinn mehr.

55
    G unilla wachte auf, schaltete die Nachttischlampe ein und schaute auf die Uhr.
    Es war 03.35 Uhr. Außerdem verkündete sie, dass es Donnerstag, der 22. November 1973 war. Was hatte sie nur geweckt? Ein Geräusch? Sie drehte den Kopf und stellte fest, dass Tomas nicht in seinem Bett lag. War er noch gar nicht nach Hause gekommen?, wunderte sie sich. Wieso nicht? Warum lag er nicht auf seinem Platz neben ihr im Bett?
    Um halb vier Uhr morgens! Sie wusste nicht mehr so genau, was er am gestrigen Abend vorgehabt hatte, wahrscheinlich etwas bei der Studentischen Vereinigung, aber er hatte nichts davon gesagt, dass er die halbe Nacht wegbleiben wollte …
    Jetzt hörte sie das Geräusch wieder. Ein Kratzen. Ein leises Geräusch kam vom Flur, Metall gegen Metall, wenn sie sich nicht irrte, und bevor die Angst ihr die Kehle zuschnürte, erkannte sie, worum es sich handelte. Vielleicht auch nur deshalb, weil es ihm gelang, den Schlüssel ins Schlüsselloch zu schieben.
    Sie hörte, wie er aufschloss und in den Flur taumelte. Keuchend die Tür hinter sich schloss. Es war doch wohl Tomas?
    Doch, sie erkannte sein Husten, und er brummte etwas, während er die Schuhe von den Füßen schleuderte und seinen Mantel aufhängte. Ein Bügel fiel zu Boden. Dann erreichte eine Alkoholwolke das Schlafzimmer, und sie brauchte nicht länger zu rätseln.
    Es war Tomas. Er kam um halb vier Uhr morgens nach Hause, und er musste voll wie eine Haubitze sein. Kurz überlegte sie, ob sie schnell das Licht löschen und so tun sollte, als schliefe sie, er hatte sicher nicht bemerkt, dass Licht brannte. Aber dann dachte sie, dass es trotz allem ihre Pflicht war, ihm zu helfen, also schob sie die Bettdecke zur Seite und rief Hallo.
    Er stand schwankend mitten im Raum. Versuchte, seinen Blick auf etwas zu konzentrieren, vielleicht ja auf sie. Öffnete den Mund und schloss ihn wieder.
    Mein Gott, dachte Gunilla. So besoffen habe ich ihn noch nie erlebt.
    »Hei, Gunilla …«, brachte er heraus, und sie sah, dass er vor Anstrengung fast umfiel.
    »Hei, Tomas«, sagte sie.
    Er stützte sich mit einer Hand an der Wand ab und holte tief Luft.
    »Tut mir leid, aber ich bin ein bisschen blau.«
    Zumindest schien er das sagen zu wollen. Und es stimmte mit der Situation überein.
    »Das sehe ich«, sagte sie. »Komm, leg dich ins Bett. Oder willst du vorher noch ins Badezimmer?«
    »Bade … zimmer?«, antwortete Tomas, als hätte er nicht richtig verstanden, worum es sich dabei handelte. Doch dann wurde es ihm klar. »Badezimmer … ist eine … tolle … eine tolle Idee! Ich gehe … erst mal … ins … Badezimmer!«
    Er versuchte, sich das Jackett auszuziehen, blieb aber auf halbem Weg stecken, und sie war gezwungen, ihm zu helfen. Während sie das tat, versuchte er sie zu umarmen, aber sie konnte sich ohne größere Probleme daraus befreien.
    »So, jetzt geh erst mal ins Bad, und dann kommst du ins Bett.«
    Er blieb noch eine Weile schwankend stehen, während er sich offenbar daran zu erinnern versuchte, wo das Badezimmer lag.
    Sie ging voraus und machte das Licht an.
    »Bitte schön«, sagte sie.
    »Badezimmer«, sagte Tomas, strahlte für den Bruchteil einer Sekunde.
    Dann wankte er hinein, und sie schloss die Tür. Hörte, wie er sich auf die Toilettenschüssel fallen ließ und wieder etwas vor sich hin brummelte. Sie seufzte und nahm sein Jackett, um es im Flur

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