Einsamen
oder?«
Barbarotti trank noch einen Schluck Kaffee und versuchte, sich zu konzentrieren. »Eigentlich bin ich ja nicht hergekommen, um darüber zu sprechen«, sagte er. »Es ist Germund Grooth, der uns interessiert. Und Maria Wincklers Tod 1975 in gewisser Weise auch.«
»Entschuldigen Sie, dass ich abschweife«, sagte Rickard Berglund. »Ich bin in diesen Tagen nicht so ganz bei mir.«
»Das ist nicht weiter verwunderlich«, sagte Barbarotti. »Aber wenn ich auf diesen schicksalhaften Tag vor fünfunddreißig Jahren noch einmal zurückkommen darf – was war eigentlich der Grund, warum Sie und Ihre Frau diese Einladung auf den Pfarrhof ausgesprochen haben? Soweit ich verstanden habe, war diese alte Freundschaftstruppe gar nicht mehr zusammen?«
»Woher wissen Sie das denn?«, fragte Berglund.
»Nun, wir haben mit den Wincklers gesprochen. Die haben erzählt, dass Sie eigentlich das ganze Jahr davor in Uppsala keinen Kontakt mehr hatten. Tomas Winckler behauptet, dass es damit nach einer Reise durch Osteuropa bereits im Herbst 1972 vorbei war … meine Kollegin hat mit ihm neulich gesprochen. Ich nehme an, Sie können diese Angaben bestätigen?«
Rickard Berglund rieb sich mit beiden Händen die Wangen, rauf und runter, runter und rauf. »Ja, da ist was passiert«, sagte er langsam und nachdenklich. »Aber ich glaube eigentlich, dass wir uns so oder so auseinandergelebt hätten. Wirklich. Ein Monat in einem heißen Bus hat den Prozess nur beschleunigt, das war alles.«
»Aber Sie haben alle an diesem Septembersamstag auf den Pfarrhof eingeladen«, stellte Barbarotti fest. »Obwohl Sie gar keinen Kontakt mehr hatten. Warum haben Sie das eigentlich getan?«
Berglund zuckte mit den Schultern. »Ich fürchte, das war meine Idee«, sagte er. »Ich habe Germund zufällig in der Stadt getroffen, und er erzählte mir, dass sie hergezogen waren. Ich habe das meiner Frau erzählt, und da Tomas und Gunilla bereits seit ein paar Jahren in Göteborg wohnten, dachten wir, dass … ja, wozu hat man einen Pfarrhof, wenn nicht, um Feiern auszurichten?«
Er verzog den Mund, wurde aber sofort wieder ernst. »Das, was dann passiert ist, war natürlich schrecklich. Aber ich habe mir nie, niemals während all dieser Jahre, vorstellen können, dass jemand sie gestoßen habe könnte. Denn darauf wollte ja dieser Sandlin hinaus. Hieß er nicht so?«
»Inspektor Sandlin, das stimmt«, bestätigte Barbarotti. »Aber Germund Grooths Tod vor zwei Wochen. Hat dieses Ereignis nicht dazu geführt, dass Sie Ihre Meinung geändert haben?«
Rickard Berglund überlegte eine halbe Minute lang. Mindestens. Barbarotti ließ ihn nachdenken, er erinnerte sich an die alte Regel, dass man keine Angst vor dem Schweigen haben soll, und überlegte, ob es Berglund eigentlich klar war, dass sie den Verdacht hegten, Grooth könnte ermordet worden sein. Aber er hatte sich ja offensichtlich mit der Frage nach Marias Tod beschäftigt, also müsste er es ja wohl? Auf jeden Fall musste Barbarotti es schaffen, sich der Alibifrage zu nähern, vielleicht wäre er auch gezwungen, seinen Gesprächspartner ganz direkt zu fragen. Auch wenn das brutal erschien.
Ich bin zu weich, dachte er. Er tut mir leid. Ich weiß nicht genau, warum, aber das liegt sicher daran, dass er am Samstag seine Frau begraben wird.
»Ich habe darüber noch nicht nachdenken können«, sagte Rickard Berglund schließlich. »Sicher, das ist ungemein merkwürdig. Aber ich habe Germund nicht gekannt. Ich habe ihn nie gekannt, auch nicht während der Jahre in Uppsala, ehrlich gesagt. Er und Maria, das war ein eigenbrötlerisches Paar, ein sehr eigenbrötlerisches Paar.«
»Wie eigenbrötlerisch waren sie an diesem Abend auf dem Pfarrhof?«
Berglund zuckte die Schultern. »Wie immer, nehme ich an … nein, das war kein geglückter Abend. Aber er war auch ziemlich früh zu Ende. Gunilla war aufgrund ihrer Schwangerschaft müde, und eins kam zum anderen. Wenn wir nicht schon vorher diesen Pilzausflug verabredet gehabt hätten … Proviant und so weiter organisiert … dann wäre sicher nichts draus geworden.«
»Nicht?«, fragte Barbarotti.
»Nein, ich glaube nicht. Aber es war ja sozusagen schon beschlossene Sache.«
»Ich verstehe. Und an diesem Abend gab es keine außergewöhnlichen Ereignisse?«
»Ereignisse? Nein, absolut nicht.«
»Auch nicht während dieser Reise durch Osteuropa … wann fand die statt? 1972?«
»Stimmt, 1972«, bestätigte Berglund. »Nein, da ist auch nichts
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