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Einsamen

Einsamen

Titel: Einsamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nesser
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erinnere, dann gab es nur diese beiden Male.
    GR:Kann dieses Ereignis der Grund für seine depressiven Tendenzen gewesen sein?
    KP:Ich habe keine Ahnung. Ich nehme an, dass das möglich ist, aber es kann auch etwas anderes gewesen sein. Etwas …
    GR:Ja?
    KP: Nach langem Zögern : Ich kann mich irren, aber es kann etwas gewesen sein, was noch viel weiter zurücklag.
Etwas, das passiert ist, als er ein Kind war.
    GR:Hat er jemals von seinen Eltern erzählt?
    KP:Ja, er hat erwähnt, dass beide gestorben sind, als er noch ziemlich klein war. Ich glaube, nicht älter als zwölf, dreizehn. Durch einen Autounfall, glaube
ich.
    GR:Kann es dieses Ereignis sein, das seiner Trübsinnigkeit zugrunde lag?
    KP:Ich weiß nicht.
    GR:Aber Sie sind der Meinung, dass es auf jeden Fall in seinem Hinterkopf ein Trauma gab?
    KP:Dessen bin ich mir ziemlich sicher. Das war ja die Ursache dafür, dass er sich so gequält fühlte. Es kann etwas mit dem Tod seiner Eltern zu tun haben, es kann daran liegen, dass seine Lebenspartnerin gestorben ist, das kann ich nicht sagen. Es kann auch an beidem liegen oder an etwas anderem. Er redete nicht viel, wenn er so deprimiert war.
    GR:Ich verstehe. Wie haben Sie erfahren, dass er tot ist?
    KP:Das habe ich erst jetzt. Sie haben mich doch deshalb angerufen.
    GR:Wie lange ist es her, seit Sie ihn das letzte Mal getroffen haben?
    KP:Wir waren Anfang August ein Wochenende lang zusammen.
    GR:Und wo?
    KP:Bei mir in Kopenhagen. Ja, das war das letzte Mal, dass ich ihn gesehen habe.
    GR:Und welchen Eindruck hatten Sie da von ihm?
    KP:Er war wie immer.
    GR:Was haben Sie gemacht?
    KP:Na, was glauben Sie?
    GR:Ich verstehe. Haben Sie etwas von seiner Trübsinnigkeit gemerkt, wie Sie es genannt haben? Ich meine, als Sie ihn das letzte Mal getroffen haben.
    KP:Er lag oft nachts noch lange wach. Jedenfalls ein paar Stunden. Das hat er damals wohl auch gemacht. Aber ich fand das nicht außergewöhnlich. Trübsinnige Männer können ziemlich attraktiv sein, aber das zu verstehen, dazu fehlen Ihnen vielleicht die Voraussetzun-
gen?
    GR:Sagen Sie das nicht, Frau Pedersen. Was denken Sie über seinen Tod?
    KP:Wie bitte?
    GR:Wissen Sie, wie er gestorben ist?
    KP:Nein. Sie haben mir erzählt, dass es ein Autounfall
war.
    GR:Entschuldigung, aber das muss ein Missverständnis sein. Wir haben gesagt, dass er einen Unfall hatte. Aber es war kein Auto darin verwickelt.
    KP:Nicht? Was für ein Unfall war es dann?
    GR:Er ist einen Steilhang hinuntergestürzt.
    KP:Einen Steilhang?
    GR:Ja.
    KP:Er auch?
    GR:Ja. Haben Sie wirklich nichts davon gewusst?
    KP:Nein, woher sollte ich das denn wissen? Ich war drei Wochen lang auf den Seychellen.
    GR:Das wissen wir. Nun gut, Germund Grooth ist also genau an dem Ort tot aufgefunden worden, an dem seine Lebensgefährtin vor fünfunddreißig Jahren gestorben ist.
    KP:Was sagen Sie da?
    GR:So ist es. Deshalb sind wir an den Umständen, die seinen Tod betreffen, interessiert. Wie ist es, würden Sie sagen, dass Germund Grooth imstande war, sich das Leben zu nehmen?
    KP:Er ist genau an derselben Stelle gestorben?
    GR:Ja. Denken Sie, dass er selbstmordgefährdet war?
    KP: Nach kurzem Zögern : Eigentlich nicht.
    GR:Was meinen Sie damit?
    KP:Sicher, er hat sich gequält, aber wenn er sich das Leben hätte nehmen wollen, dann hätte er das schon vor langer Zeit gemacht. Er war sechzig. Außerdem …
    GR:Ja?
    KP:Außerdem wollte er nach Paris reisen, wenn ich mich nicht irre. Wir haben, kurz bevor ich auf die Seychellen geflogen bin, noch telefoniert, ja, und da hat er mir erzählt, dass er Anfang Oktober für eine Woche nach Paris will. Jetzt diese Woche, wenn ich mich nicht irre. Man nimmt sich doch nicht das Leben, wenn man nach Paris reisen will.
    GR:Das haben wir auch registriert. Wissen Sie denn auch, ob er allein nach Paris wollte oder in Begleitung von jemandem?
    KP:Ich kann mir schwer vorstellen, dass er niemanden dort treffen wollte.
    GR:Wieso?
    KP:Mein lieber Herr Inspektor, ich war bei Weitem nicht die einzige Frau in Germund Grooths Leben. Das habe ich mir auch nie eingebildet. Aber er ist also an denselben Ort gegangen und dort gestorben wie sie?
    Trübsinnig und attraktiv? , dachte Eva Backman und schaute für einen Moment von den Papieren auf. Ja, vielleicht lag darin ein Fünkchen Wahrheit. Zumindest, was die Attraktion für eine kurze Zeit betraf, und das tat es ja wohl in diesem Fall. Wiederholte kurze Zeiträume.
    Ein Trauma? Es war natürlich nicht sicher, dass das stimmte, aber

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