Einsamen
geblieben?«
»Du Witzbeutel«, sagte Helge.
Rickard musste lachen. Dass es noch junge Menschen gab, die im Jahre des Herrn 1970 Witzbeutel sagten.
Zumindest einen. Helge von Gäddede.
14
Vernehmung von Tomas Winckler.
Polizeirevier von Kymlinge 29.09.1975. 15.35 Uhr.
Anwesende: Kriminalinspektor Evert Sandlin, Polizeianwärter Sigvard Malmberg.
ES:Wären Sie so gut, Namen und Adresse anzugeben.
TW:Tomas Winckler. Annebergsgatan 17 in Göteborg.
ES:Ich möchte Ihnen mein aufrichtiges Beileid aussprechen. Ich hoffe, Sie verstehen, dass wir dennoch gezwungen sind, Ihnen einige Fragen zu stellen.
TW:Das verstehe ich.
ES:Es war also Ihre Schwester, die gestern in der Gänseschlucht ums Leben gekommen ist, Maria Winckler. Können Sie mit Ihren eigenen Worten berichten, was passiert ist?
TW:Ich bin mir nicht sicher, was wirklich passiert ist. Ich kann es einfach nicht fassen.
ES:Ich kann verstehen, dass Sie noch unter Schock stehen. Ich möchte eigentlich auch nur, dass Sie beschreiben, was da draußen passiert ist, so, wie Sie es erlebt haben.
TW:Gut, ich will es versuchen. Aber da gibt es nicht viel zu beschreiben. Sie hat das Gleichgewicht verloren und ist gestürzt, so muss es gewesen sein.
ES:Muss?
TW:Vielleicht ist sie zu nahe an die Kante gegangen und auf einen losen Stein getreten, ich weiß es nicht. Ich habe nicht gesehen, wie es abgelaufen ist, und das hat auch keiner der anderen.
ES:Warum war die Gruppe draußen im Wald?
TW:Es war ein ganz normaler Ausflug. Wir hatten Proviant dabei und hofften, ein paar Pilze zu finden. Wir hatten uns am Abend zuvor bei Rickard und Anna getroffen, die ja genau wie meine Schwester und ihr Lebensgefährte erst vor Kurzem hierher nach Kymlinge gezogen waren.
ES:Ja, das wissen wir. Wessen Idee war das mit dem Ausflug?
TW:Das weiß ich nicht. Wir hatten beschlossen, uns an diesem Wochenende zu treffen; ich glaube, das haben wir vor ungefähr einem Monat verabredet. Den Samstagabend auf dem Pfarrhof zu verbringen und so weiter. Es waren natürlich Rickard und Anna, die uns eingeladen haben.
ES:Und der Ausflug in den Wald? Wer ist auf die Idee gekommen?
TW:Ich begreife nicht, was das für eine Rolle spielen soll, wer auf die Idee gekommen ist.
ES:Aber Sie begreifen, warum ich hier sitze und Ihnen die Fragen stelle?
TW:Ja. Oder nein, nicht wirklich.
ES:Weil ich die Umstände um den Tod Ihrer Schwester aufklären will. Das ist mein Job.
TW:Ist mir schon klar, dass das Ihr Job ist. Aber ich frage mich, von was für Umständen Sie da reden. Oder nach welchen Sie suchen.
ES:Es gehört zu den Aufgaben der Polizei, bei ungeklärten Todesfällen zu ermitteln.
TW:Das ist mir auch klar. Aber was ist denn bitte schön so ungeklärt an Marias Tod?
ES:Eine junge, gesunde Frau fällt einen Steilhang hinunter. Am helllichten Tag. Es kann sich dabei natürlich um einen Unfall handeln, aber es lassen sich auch andere Alternativen denken.
TW: Keine Antwort.
ES:Verstehen Sie, von welchen Alternativen ich spreche?
TW:Natürlich tue ich das. Ich bin ja kein Idiot.
ES:Ausgezeichnet. Und wie stehen Sie zu diesen Alternativen?
TW: Keine Antwort.
ES:Es ist mir klar, dass das schwer für Sie ist. Vielleicht wird es ein wenig einfacher, wenn wir uns eine Alternative nach der anderen anschauen. Glauben Sie, dass die Möglichkeit besteht, dass Ihre Schwester sich das Leben genommen hat?
TW: Schüttelt den Kopf, sagt jedoch nichts.
ES:Es wäre schön, wenn Sie mir auf meine Fragen laut antworten könnten. Wie Sie wissen, nehmen wir das Gespräch auf Band auf.
TW:Ich glaube nicht, dass meine Schwester sich das Leben genommen hat.
ES:Können Sie mir einen Grund nennen, warum Sie das nicht glauben?
TW:Wie meinen Sie das? Warum hätte sie sich das Leben nehmen sollen?
ES:Viele Menschen tun das. Wie ging es Ihrer Schwester? War sie deprimiert?
TW:Maria war nicht deprimiert.
ES:Standen Sie beide sich nahe?
TW:Sie war meine Schwester.
ES:Was heißt das?
TW:Das heißt, dass ich sie ziemlich gut kannte.
ES:Sie haben sich also alle am Samstagabend bei den Berglunds getroffen. Wie lange war es da her, seit Sie Ihre Schwester das letzte Mal gesehen hatten?
TW:Ich weiß nicht genau.
ES:Denken Sie nach.
TW:Es ist wohl im Juni gewesen. Da war sie mit Germund in Göteborg.
ES:Wann im Juni?
TW:Anfang des Monats. So um den zehnten herum, glaube ich.
ES:Das ist also dreieinhalb Monate her?
TW:Ja, schon möglich.
ES:Und vorher?
TW:Was vorher?
ES:Wann haben Sie Ihre Schwester
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