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Einsamen

Einsamen

Titel: Einsamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nesser
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einmal.«
    »Ja, genau so«, fügte sie nach einer kurzen Pause hinzu, und nickte noch ein paar Mal, als wollte sie diese geglückte Zusammenfassung des Falles unterstreichen.
    Als Eva Backman eine halbe Stunde später auf dem Weg zurück nach Kymlinge in ihrem Auto saß, dachte sie noch einmal an die beiden Formulierungen in Frau Winckler-Rysths Schlusskommentar.
    Nicht den blassesten Schimmer. Alle beide gleich schwierig.
    Vielleicht war diese Wahrheit so gut wie jede andere. Die Frage war doch, was eigentlich zu ermitteln war. Zwei Selbstmorde oder ein Unfall und ein Selbstmord – was sprach dagegen, dass nicht eine dieser beiden Alternativen zutraf? Und in keinem dieser Fälle wäre das dann Sache der Kriminal-
polizei.
    Und auch wenn Maria tatsächlich das Wort »Mörder« gerufen hatte, als sie vor fünfunddreißig Jahren in die Gänseschlucht gestürzt war, so bewies das natürlich überhaupt nichts. Ist Sandlin schließlich zu diesem Schluss gelangt?, überlegte Backman. Hat er Gunilla Winckler-Rysths sonderbaren Vorschlag akzeptiert, dass Maria einem anderen die Schuld in die Schuhe hatte schieben wollen? Falls sie es ihm gegenüber bereits ebenfalls so angedeutet hatte, wie sie es heute am Küchentisch getan hatte.
    Eva Backman fiel es schwer, an so eine Variante zu glauben. Wenn man jemanden anschwärzen wollte, während man sich selbst das Leben nahm, dann rief man doch wohl seinen Namen?
    Oder hatte sie sie alle zusammen unter Verdacht stellen wollen? Sozusagen. Das klang nicht ganz gescheit, was auch Frau Winckler-Rysth eingeräumt hatte.
    Und war es ausgerechnet das Wort »Mörder«, das Sandlin dazu gebracht hatte, so viel Energie in die Ermittlungen zu stecken? Oder etwas anderes?
    Oder war er ganz einfach ein verbissener Terrier gewesen, der nicht aufgab, bevor er nicht jede Karte im Spiel umgedreht hatte? Gab es nicht ziemlich viel, was darauf hindeutete?
    Eva Backman merkte, wie die Fragezeichen überhand nahmen und die Fragen immer verzweifelter klangen. Hör auf damit, sagte sie sich. Warte, bis du mit einer Tasse schwarzen Kaffee und Barbarotti am Tisch sitzt.
    Sie legte eine CD mit Bryan Ferry ein und fuhr schneller.

17
    D er Spatz hier. Sonntagnachmittag.
    Alle jammern über den November. Ich liebe den November. Den Regen. Die Bäume, die sich entkleiden und nackt im Wind stehen. Die Dunkelheit, die jeden Tag länger bleibt, und das Gefühl, zu versinken. Das fordert einen, nicht jeder kann unter solchen Bedingungen leben, aber ich kann es.
    Germund und ich. Wir werden zusammenziehen, er war es, der das vorgeschlagen hat, nicht ich. Diese Spießbürger in der Norrtäljegatan wollen ihr Zimmer nicht länger untervermieten, ich weiß nicht, ob sie nur mich los werden wollen oder ob sie planen, den Webstuhl aus der Garage zu holen, oder was da los ist. Auf jeden Fall muss ich zum ersten Dezember raus, und als ich das Germund erzählt habe, sagte er, dass ich so lange bei ihm wohnen könne.
    So lange?, fragte ich. Was zum Teufel meinst du mit so lange, Germund?
    Bis einer von uns stirbt, antwortete Germund. Was hast du denn gedacht, mein Spatz?
    Oder beide?, schlug ich vor. Vielleicht sollten wir planen, eines schönen Tages zusammen von einer Brücke zu springen oder uns einen Steilhang hinabzustürzen? Das wäre doch phantastisch? Würdig und elegant, mit gebrochenem Rück-grat mitten zwischen der reinen Mathematik und der physischen Liebe zu landen.
    Ich hatte soeben Calderas Glücklicher Tod gelesen, hatte es neulich bei Bücher-Viktor gefunden und war der Meinung zu wissen, wovon ich redete.
    Warum nicht?, nickte Germund. Wenn die Zeit kommt. Aber erst einmal genehmigen wir uns einen kleinen Wodka, oder?
    Wir genehmigten uns erst einmal einen kleinen Wodka.
    Das war vorgestern. Gestern waren wir in der Sibyllegatan zum Herbstfest. Elchgulasch mit allem, was der Wald bietet, wie Papa immer zu sagen pflegt. Und selbst angesetzter Wein natürlich. Der schmeckte wie üblich nach Hefe, aber nach zwei Gläsern hatte man sich daran gewöhnt. Zwischen Tomas und Germund ging etwas vor sich, ich weiß immer noch nicht, was, obwohl ich vorsichtig versucht habe, es herauszukriegen.
    Vorsichtig, nicht hartnäckig, das kommt vielleicht noch.
    Wir waren zu zehnt. Wir vier und dann Rickard mit seiner Neuen, eine ungeschminkte linke Socke namens Anna. Wenn ich genauer nachdenke, glaube ich übrigens nicht nur, dass es seine Neue ist, sondern auch seine Erste. Aber das ist reine Spekulation, ich kenne

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