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Einsamen

Einsamen

Titel: Einsamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nesser
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sind aus Göteborg hergekommen.
    ES:Und Sie haben sich also auf dem Pfarrhof von Rödåkra getroffen?
    AB:Ja. Wie gesagt wohnen wir dort.
    ES:Und wie ist der Abend verlaufen?
    AB:Verlaufen? Nun, er ist gut verlaufen. Wir haben zusammen gegessen und uns unterhalten. Es war nichts Besonderes. Wir hatten einen schönen Abend.
    ES:Keine Vorfälle?
    AB:Nein.
    ES:Wie lange ging es?
    AB:Ungefähr bis Mitternacht. Gunilla ist schwanger und wurde müde. Die beiden haben bei uns übernachtet.
    ES:Und dann haben Sie sich zu einem Pilzausflug verabredet?
    AB:Das hatten wir schon vorher.
    ES:Wessen Idee war das?
    AB:Ich weiß es nicht. Es ist wohl ziemlich normal, an einem Sonntag so einen Ausflug zu machen. Ich glaube, es waren mein Mann und ich, wir haben es vorgeschlagen. Und die anderen waren einverstanden.
    ES:Können Sie uns erzählen, was da draußen in der Gänseschlucht passiert ist?
    AB:Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Es erscheint so unfassbar.
    ES:Ich kann mir vorstellen, dass es schwer ist. Aber wir müssen trotzdem versuchen, herauszufinden, was passiert ist, das sehen Sie doch sicher ein.
    AB:Ja, natürlich. Sie muss ja gefallen sein, ich weiß nur nicht, wie es passiert ist.
    ES:Wie weit ungefähr befanden Sie sich von der Unglücksstelle entfernt, als es passiert ist?
    AB:Ich weiß nicht, ein paar hundert Meter. Vielleicht ein bisschen weniger.
    ES:Erzählen Sie.
    AB:Ich habe einen Schrei gehört, und da war mir klar, dass etwas passiert ist. Ich lief in die Richtung, und als ich ankam, habe ich sie da unten liegen sehen.
    ES:Haben Sie einige der anderen gesehen?
    AB:Ja, die waren schon da.
    ES:Alle?
    AB:Nein, nicht alle. Ich glaube, Tomas kam gleich hinter mir, die anderen vier waren schon da. Ja, genau. Germund und Elisabeth waren bereits auf dem Weg zu ihr hinunter.
    ES:Können Sie hier auf der Karte einzeichnen, wo Sie sich befanden, als Sie den Schrei gehört haben?
    AB:Ich bin schlecht mit Karten.
    ES:Versuchen Sie es zumindest.
    AB: Macht es. Zeit dafür 25 Sekunden.
    ES:Danke schön. Als Sie bei den anderen ankamen, wer hat Ihnen da gesagt, was passiert ist?
    AB:Ich habe ja schon gewusst, dass irgendetwas nicht stimmte. Das wusste ich schon, als ich den Schrei gehört habe. Gunilla weinte laut, und alle waren ganz durcheinander. Aber ich habe nicht kapiert, was wirklich passiert ist, bis ich an den Rand getreten bin und sie da unten habe liegen sehen. Es war unfassbar.
    ES:Wann war Ihnen klar, dass sie tot ist?
    AB:Ich glaube, das war mir sofort klar. Ja, sie sah vollkommen leblos aus.
    ES:Haben Sie früher schon mal tote Körper gesehen?
    AB:Ja. Ich habe im Krankenhaus gearbeitet.
    ES:Erzählen Sie mir von dem Schrei.
    AB:Es war einfach nur ein Schrei. Laut und irgendwie langgezogen.
    ES:Was hat sie geschrien?
    AB: Nach langem Zögern: Ich meine, sie hat ›Mörder!‹ geschrien.
    ES:Mörder?
    AB:Ja.
    ES:Sind Sie sich dessen sicher?
    AB:Nein.
    ES:Aber Sie sind sich sicher, dass es ein Wort oder mehrere waren? Dass es nicht nur etwas Unartikuliertes war?
    AB:Ja. Irgendwas mit zwei oder drei Silben. Es kann auch ›Töte mich!‹ gewesen sein.
    ES:Darf ich das so verstehen, dass es entweder das Eine oder das Andere war?
    AB:Ich glaube schon. Aber es kann auch etwas Anderes gewesen sein.
    ES:Zu welchem Zeitpunkt war Ihnen klar, dass Maria entweder ›Mörder!‹ oder ›Töte mich!‹ gerufen hat?
    AB:Entschuldigung, aber das verstehe ich jetzt nicht.
    ES: War das, als Sie den Ruf gehört haben oder als Sie die Tote gesehen haben?
    AB: Nach gewissem Zögern: Als ich es gehört habe, aber ich habe es erst richtig verstanden, als ich sie gesehen habe. Es war so unwirklich.
    ES:Was war so unwirklich?
    AB:Dass jemand mitten im Wald ›Mörder!‹ rufen sollte.
    ES:Haben Sie gehört, wer das gerufen hat?
    AB:Nein, ich glaube nicht. Oder vielleicht doch?
    ES:Im Prinzip kann es also auch jemand anderes gerufen haben?
    AB:Jetzt verstehe ich nicht ganz, was Sie meinen.
    ES:Sind Sie sich sicher, dass es Maria war, die gerufen hat?
    AB:Wer sonst hätte es denn sein sollen?
    ES:Gut, lassen Sie uns weitermachen. Was haben Sie gedacht, als Sie zum Steilhang gingen?
    AB:Dass etwas passiert sein musste.
    ES:Haben Sie geglaubt, dass jemand ermordet worden
ist?
    AB:Nein, das habe ich natürlich nicht geglaubt.
    ES:Und welche Schlussfolgerungen ziehen Sie heute?
    AB:Wie bitte?
    ES:Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie jetzt, nachdem Sie wissen, dass Maria tot ist und dass sie ›Mörder!‹ oder ›Töte mich!‹ gerufen

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