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Einsamen

Einsamen

Titel: Einsamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nesser
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aus wie ein geknicktes Fragezeichen. Led Zeppelin war zum Ende gekommen, aber niemand hatte sich die Mühe gemacht, eine neue Platte aufzulegen. Nur mir und Nadal ging es gut, wir warfen uns aufs Sofa und kicherten eine Weile laut miteinander, und so langsam wurde die Stimmung etwas entspannter. Wir tranken noch mehr Wein, dann Kaffee und irgendeine Art von Pfefferschnaps aus der Ukraine, den Bengan mitgebracht hatte, als er im Sommer eine Reise in die Sowjetunion unternommen hatte, was immer auch ein Volkswirt in dem Land zu tun hat, und als ich schließlich fragte, wohin Germund und Tomas gegangen waren, sagte Rickard, dass sie hinausgegangen wären, um miteinander zu reden. Rickard wirkte total nüchtern. Seit er mit dieser Pfarrerchose angefangen hat, wird er immer ernster, und seine Anna war auch nicht gerade die Anregendste. Ich glaube, sie geht auf die Journalistenschule, bin mir aber nicht sicher. Sie scheint links zu sein, aber in Ordnung, wie schon gesagt.
    Es dauerte bis nach Mitternacht, bis die auswärtigen Herren wieder zurück waren, und es sah so aus, als hätten sie die Zeit
in einem Graben verbracht. Aber vielleicht war es auch nur der Regen. Vielleicht waren sie ins Rackis gegangen und hatten einfach nur ein paar Bier getrunken. Keiner von beiden war bereit zu erklären, was passiert war oder was sie getan hatten, sie tranken jeder ein Glas Pfefferschnaps, und eine Weile später brachen alle auf. Es ist möglich, dass ich einen Teil des Abends nicht mitbekommen habe, vielleicht bin ich auch eine Weile in meiner Sofaecke eingeschlafen, aber als wir bei Germund zu Hause ankamen, war es halb zwei, und ich war vollkommen klar im Kopf.
    Er war ganz anders als sonst. Er duschte, und dann gingen wir ins Bett. Ich fragte ihn, was er mit meinem Bruder draußen im Regen gemacht habe, aber er antwortete nicht. Lag nur da und starrte stumm an die Decke, und ich dachte, dass es keine glänzende Idee war, mit ihm zusammenzuziehen, wenn er sich so verhielt. Aber schließlich schliefen wir ein, wir machten nicht einmal den Ansatz, miteinander zu schlafen, und am Morgen, heute Morgen, war es wie üblich. Mehr oder weniger.
    Abgesehen davon, dass wir zusammen frühstückten. Er bat mich auch um Verzeihung. Scheiße, ich glaube, ich bin gestern in ein Schwarzes Loch gerutscht, sagte er.
    Hatte das mit Tomas zu tun?, fragte ich. Oder mit diesem Lars-Inge?
    Germund sagte, dass es in erster Linie mit ihm selbst zu tun hatte. Ein saures Aufstoßen aus der Kindheit, das kam ab und zu mal vor.
    Dieser Unfall?, fragte ich.
    Und so einiges andere, sagte Germund. Einiges andere.
    Wirst du es mir irgendwann einmal erzählen?, fragte ich.
    Vermutlich nicht, sagte Germund. Du hast nicht zufällig Lust auf einen kleinen Wodka und ein wenig Körper?
    Nein, sagte ich, heute nicht.
    Ich muss sagen, ich verstehe dich, sagte er.
    Dann zog ich mich an und ging nach Hause in die Norrtäljegatan.
    November, denke ich. Nackte Bäume, Dunkelheit, Versinken. Gott dreht uns den Rücken zu.
    Nicht nur mir, allen dreht er den Rücken zu. Das gefällt mir. Es liegt eine Art Gerechtigkeit darin. In nächsten Leben möchte ich ein nackter Baum im Wind sein.

18
    V ernehmung von Anna Berglund.
    Polizeirevier von Kymlinge 29.09.1975. 17.00 Uhr.
    Anwesend: Kriminalinspektor Evert Sandlin, Polizeianwärter Sigvard Malmberg.
    ES:Bitte Ihr Name und Ihre Adresse.
    AB:Anna Berglund. Mein Mann und ich, wir wohnen auf dem Pfarrhof in Rödåkra. Er ist Pfarrer in der Gemeinde. In der Gemeinde Rödåkra-Hemleby.
    ES:Danke. Können Sie uns etwas über Ihre Zusammenkunft am Samstagabend erzählen.
    AB:Was wollen Sie darüber wissen?
    ES:Nur ganz allgemein. Wer dort war. Warum Sie sich getroffen haben. Wie die Stimmung war.
    AB:Dort waren mein Mann und ich. Tomas und Gunilla Winckler. Und außerdem Germund und Maria.
    ES:Germund Grooth und Maria Winckler?
    AB:Ja.
    ES:Und Sie kannten sich alle schon seit Langem?
    AB:Ja.
    ES:Wie lange schon?
    AB:Seit fünf Jahren ungefähr. Wir haben uns oft getroffen, als wir in Uppsala studiert haben.
    ES:Aber jetzt sind Sie alle fertig mit der Ausbildung?
    AB:Ja. Obwohl – ich habe nie in Uppsala studiert. Ich ging auf die Journalistenschule in Stockholm und bin gependelt. Ich bin in Uppsala aufgewachsen.
    ES:Ich verstehe. Warum haben Sie sich nun am Samstag getroffen?
    AB:Wir hatten uns eine ganze Weile nicht gesehen. Und nachdem Germund und Maria auch nach Kymlinge gezogen waren, war das nur natürlich. Tomas und Gunilla

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