Einsatz in New York - Secret Mission ; 1
Bad. Er hat das Hemd ausgezogen, im Unterhemd tritt er dem Jungen gegenüber.
»Was soll das!« Rick weiß, er sollte besser schweigen. Trotzdem wehrt er sich und sagt: »Ich dachte, ich soll Ihre Frau abholen.«
Kanter sieht ihn eine Weile nachdenklich an. »Wir machen es uns einfach«, sagt er. »Ich nehme ein Bad, und währenddessen überlegst du, ob du deinen sechzehnten Geburtstag noch feiern willst.« Er nimmt einen schwarzen Bademantel vom Stuhl. »Falls ja, will ich alles erfahren, von Anfang an. Ich will wissen, was du weißt und was die wissen.«
»Wer sind die ?« Rick ahnt, dass er in der Scheiße sitzt. Er hat keine Ahnung, wie tief. Er glaubt, mit Lügen kann er Zeit gewinnen.
Kanter bleibt freundlich. »Noch so eine dämliche Antwort und ich schneide dir die Eingeweide heraus. « Er wendet sich nach nebenan. »Ich habe drüben das Wasser laufen. Nutze die Zeit«, sagt er über die Schulter. »Das werden die wichtigsten Minuten deines Lebens.« Er verschwindet, man hört es plätschern.
Die Jungs packen Rick und führen ihn zur Balkontür. Er ist unbewaffnet, aber er hat von Semyoto gelernt, dass man so gut wie alles als Waffe gebrauchen kann. Als sie ihn am Esstisch vorbeizerren, nutzt Rick die Sekunde und streift einen Dessertlöffel vom Tisch. Er versteckt ihn in der Hosentasche. Sie öffnen die Doppeltür und stoßen ihn hinaus. Rick war noch nie hier draußen. Der Balkon geht auf eine Nebenstraße,
in die Tiefe sind es achtzehn Stockwerke. Kanters Männer schauen hoch. Einer hat eine Schnur in der Hand, damit holt er das Drahtseil ein, das zum Fahnenmast führt. Der Mast wird sonst nur zweimal im Jahr benutzt: am 4. Juli und zu Thanksgiving. Wie jeder Patriot hängt auch Kanter an diesen Tagen die Flagge mit den Stars and Stripes hinaus. Heute ist kein Feiertag, heute machen sie eine Ausnahme.
Einer der Jungs schlägt Rick ins Kreuz, dass er vornübertaumelt. Zwei packen seine Beine und bringen ihn zu Fall. Sie sind schnell mit dem Seil, sie binden einen soliden Knoten um seine Füße, knüpfen Ricks Beine an der Drahtschlinge fest und ziehen ihn kopfüber hoch. Wie sonst die Fahne, entfaltet sich Rick in der Höhe. Er schaut nach unten. Achtzehn Etagen sehen von oben noch um einiges schwindelerregender aus als von unten. Er versucht, sich nicht heftig zu bewegen, er ist daran interessiert, dass der Knoten hält. Mit dreimaligem Ruck ziehen sie ihn hinaus, bis er an der äußersten Spitze ankommt. Der Mast knackt und biegt sich; er ist so alt wie das Haus. Er wurde angefertigt, um das Gewicht einer Fahne zu tragen, nicht das eines Jungen. Die Männer vergewissern sich, dass alles so ausgeführt wurde, wie Kanter befahl. Sie verankern den Draht, verlassen den Balkon und schließen die Tür hinter sich.
Rick hängt über der Straßenschlucht, die Stahlschlinge quetscht ihm die Gelenke ab. Er spannt die Muskeln, zieht sich hoch, erreicht die Schlinge,
lockern kann er sie nicht. Er sinkt zurück. Unten fahren Autos vorbei, oben baumelt Rick. Es ist noch hell, er ist gut zu sehen, aber durch die kleine Gasse hinter dem Drachenpalast fahren nur wenige Autos. Keiner kommt auf die Idee, nach oben zu schauen. Rick lässt sich in voller Länge hängen und streckt die Arme. An seinen Händen treten die Adern hervor. In seinem Kopf steigt ein roter Nebel auf, er muss rasch etwas unternehmen. Kanters Auftrag lautet, nachzudenken. Rick ahnt, dass der Spruch mit dem sechzehnten Geburtstag nur ein Spruch ist. Wozu sollte Kanter ihn am Leben lassen? Damit er rausgeht und plaudert? Nein, Rick wird nur so lange leben, bis jede Information aus ihm herausgequetscht wurde. Danach ist es mit ihm vorbei. Deshalb muss er weg hier, auch wenn es unmöglich erscheint. Mit einem Schrei reißt Rick den Körper nach oben, packt das Seil über der Schlinge und entlastet es. Mit der andern Hand greift er in die Tasche, holt den Löffel heraus und weitet die Schlinge um das winzige Stück, das er braucht, um einen Fuß herauszuziehen. Das Bein sinkt nach unten, das Blut zirkuliert wieder. Der andere Fuß ist kein Problem. Lautlos sieht Rick den Löffel in die Tiefe entschwinden. Er zieht ein Knie an, schwingt und streckt sich und pendelt in die Gegenrichtung.
Wir wissen, dass Rick den Balkon erreicht. Es ist haarscharf, es kostet äußerste Anstrengung, aber er schwingt und lässt los, fliegt durch die Luft, prallt gegen das Geländer, dass die Rippen knacken, mit letzter
Kraft zieht er sich hoch und schafft es, ins Innere
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