Einsatz in New York - Secret Mission ; 1
des Balkons zu fallen.
Er hat keine Ahnung, warum Oona in diesem Moment den Balkon betritt. Er weiß nicht, dass sie der Auslöser für seine Enttarnung war. Ohne es zu wollen, ohne es zu wissen, hat sie ihn auffliegen lassen. Die lächerliche Sache mit den Juwelen, Oonas gekränkte Eitelkeit, diese Zusammenhänge kennt er nicht. Sie sind ihm im Augenblick auch egal, er muss fliehen. Leider ist Oona die Falsche, ihm dabei zu helfen. Sie sieht seine geschwollenen Hände, das zerschundene Gesicht, sie hat Mitleid mit Rick, aber Oona ist ein Tier mit starkem Selbsterhaltungstrieb. Sie kann Rick nicht helfen.
»Oona, es stimmt nicht, was sie über mich sagen«, keucht der Junge.
Sie zieht ihre Lederjacke enger vor die Brust. »Tut mir leid.« Sie dreht sich um und gibt den Blick ins Zimmer frei.
Kanter hat gebadet, er trägt nichts als den schwarzen Seidenmantel und ein Handtuch um den Nacken. Sein nasses Haar ist nach hinten frisiert.
»Hat es dir auf dem Mast nicht gefallen?«, fragt er lächelnd. »Wie schnell du dich befreit hast. Das zeigt, wie gefährlich du bist.«
Ein Wink von ihm, sie kommen. »Und, hast du nachgedacht?«
Kanter wartet die Antwort nicht ab und geht hinein. Rick reibt sich die schmerzenden Handgelenke und blickt den Männern entgegen. Als er Semyoto entdeckt,
sinkt ihm das Herz in die Hose. Semyoto schlägt einen Gegner nicht auf die übliche Art, er hat seine eigenen Methoden. Menschen, die Semyoto sich vornimmt, würden nach kurzer Zeit alles tun, alles verraten, nur um den unfassbaren Schmerzen zu entfliehen. Rick hat die Gewissheit, dass Semyoto ihn zu so einem Menschen machen wird. Deshalb steht er nicht auf, um weiterzukämpfen, rennt nicht an gegen die Jungs, die den Balkon betreten. Voll Angst und Hoffnungslosigkeit sinkt Rick auf die Seite und lehnt die brennende Schulter gegen die Wand.
Ich weigere mich zu schildern, was Semyoto mit dem Fünfzehnjährigen anstellt, sinnlos anstellt, muss man hinzufügen, denn Ricks Geständnis ist für Kanter bedeutungslos. Er weiß bereits alles, er hat es analysiert und Konsequenzen daraus gezogen. Er hat die Kisten mit der Aufschrift 137 ausgelagert. Kanter hält alle Trümpfe in der Hand, er braucht Rick nicht zu quälen. Er tut es, weil der Junge bestraft werden muss. Wer die Regeln bricht und den Wolf hintergeht, erlebt den unvorstellbaren Albtraum, den nur Semyoto bereiten kann. Kanter wird dabei sein und zuschauen. Er wird sich über Rick beugen und ihn fragen, ob er seinen Verrat bereut. Er wird nicht zurückzucken, wenn ihm Ricks Blut ins Gesicht spritzt. Kanter wird den Jungen die ganze Macht des
Bösen spüren lassen. Und ich bin nicht imstande, ihn davor zu bewahren.
Rick wird von Kanters Jungs ins Innere des Drachenpalastes geführt. Die Tür schließt sich. Am Ende des Raumes steht Semyoto und erwartet sein Opfer.
25
Rick fiebert. Semyoto hat bereits vor Stunden aufgehört, ihn zu quälen, und doch geht es Rick stündlich schlechter. Es sind nur wenige Verletzungen zu sehen, auf so etwas achtet Semyoto. Kein Gelenk wurde ausgerenkt, keine Sehne gerissen, es fand alles nur beinahe statt. Der Schmerz ist der gleiche. Wenn das Gelenk aus der Pfanne springt, ist der ärgste Schmerz vorüber, die gerissene Sehne tut weniger weh als die überdehnte. Semyoto hat sein Opfer an den Rand des Erträglichen gebracht; für ihn liegt darin ein tieferer Sinn. Er kennt das Reich des Schmerzes genau und weiß, jeder Mensch erfährt durch ihn eine besondere Form der Reife. Diese Philosophie befähigt Semyoto, einen anderen Menschen zu peinigen und dabei freundlich, ja fürsorglich zu bleiben.
Rick weiß nichts von Reife, er pendelt zwischen Besinnungslosigkeit und Leiden. Ist er wach, leidet er, verliert er das Bewusstsein, taucht er in den Albtraum
ein, worin er die Qual wieder und wieder erlebt. Es sind Stunden, in denen jeder Lebenswille ihn verlässt. Müsste er jetzt sterben, er täte es bereitwillig. Rick ist nicht mehr Rick, er wurde zu dem, was Kanter wollte. Nur eine verschwindend kleine Hoffnung ist noch in ihm, die Hoffnung, dass ich ihm helfen werde.
Ich gebe den Auftrag dazu. Noch leite ich die Abteilung, noch unterstehen mir meine Agenten. Ich rechne mir aus, welcher von ihnen eine reelle Chance hat, in den Drachenpalast zu gelangen. Daher ist es Zeit, kurz über das Stahlrohr zu sprechen. Das Stahlrohr ist der Mann, der in der Rangordnung nach Howard kommt. Seit Howard ausschied, ist das Stahlrohr für Kanters Sicherheit
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