Einsatzort Vergangenheit (German Edition)
hätten wir es gleich hier in
der Halle miteinander treiben können. Mein Denken war völlig außer Kraft
gesetzt. Mit einem Male ließ er mich los und stieß mich von sich. Ich fühlte
mich, als sei ich in Eiswasser geworfen worden. Erst hatte er mich mit einer
Leidenschaft geküsst, dass mir schwindelig wurde und nun starrte er mich mit
verächtlichem Blick an, als sei ich ein Insekt, das es mit dem Fuß zu zertreten
galt.
„Dir
ist es wohl egal, wer dir seine Zunge in den Hals steckt, oder was?“, stieß er
mit Abscheu in der Stimme hervor. Er tat gerade so, als ich die Schlampe vom
Dienst, die mit jedem ins Bett hüpfte. Warum musste er mich so sehr verletzen?
Wieder spürte ich, wie mir Tränen in die Augen traten. Aber diese Genugtuung,
dass ich vor ihm weinte, wollte ich ihm nicht geben. Ich schluckte und sammelte
mich, damit er nicht sehen konnte, wie sehr er mich getroffen hatte. Dann holte
ich zum Gegenschlag aus:
„Eigentlich
nur die, die gut küssen können, bei dir habe ich aber eine Ausnahme gemacht!
Wenn du mich bitte entschuldigst, ich möchte jetzt gerne zu Bett gehen.“
Wortlos ließ er es zu, dass ich mich an ihm vorbeidrängte und hastig die Treppe
nach oben hinaufstolperte. Dieser Hornochse, nein Vollpfosten, auch nicht,
Riesenarschgeige traf es wohl am ehesten! Was hatte ich ihm getan, dass er mich
so behandelte?
Erst
als ich in meinem Zimmer angelangt war, fiel mir ein, dass ich auch für Phil
ein Geschenk zum Valentinstag besorgt hatte. Ich holte die Dosenuhr hervor und
betrachtete sie grübelnd. Am liebsten hätte ich das Ding mit aller Kraft in die
Ecke gepfeffert und mir dabei vorgestellt, dass es Phil war, den ich an die
Wand klatschte. Dann aber überlegte ich es mir anders. Die Uhr weiter in meiner
Hand haltend, stürmte ich die Treppe wieder nach unten. Mein menschlicher
Sargnagel stand noch genau da, wo ich ihn hatte stehen lassen. Mit großen
Schritten eilte ich auf ihn zu und knallte ihm mit einer schwungvollen Bewegung
die Uhr vor die Brust. Blitzschnell griff er danach und schaute es sich nur
kurz an, bevor er fragend zu mir hinübersah.
„Das
war mein Valentinstagsgeschenk für dich! Alles Gute, Partner!“ Ohne ihn zu Wort
kommen zu lassen, drehte ich mich auf dem Absatz herum und kehrte in mein
Zimmer zurück. Ich lauschte, ob er nicht vielleicht doch noch den Weg nach oben
suchen würde. Doch nichts dergleichen geschah. Mit dem Rücken zur Tür gelehnt,
sank ich in die Hocke und ließ meinen Tränen freien Lauf.
Was
hatte ich vorhin noch gedacht? Ich in ihn verliebt? War ich komplett
bescheuert? In diesen arroganten, von sich selbst überzeugten Vollidioten an
den keine vernünftige Frau auch nur einen zweiten Gedanken verschwenden sollte?
Und warum tanzten dann die Schmetterlinge in meinem Bauch, als ich an seinen
Kuss dachte? Ach verdammt, das war einfach nicht fair! Hätte ich nicht ganz
einfach mit Sven zufrieden sein können? Wenn ich nur lange genug gewartet
hätte, hätte er vielleicht doch noch irgendwann mal den nächsten Schritt
gewagt. Und das mit seiner Eifersucht hätten wir auch irgendwie in den Griff
bekommen. Nein, ich musste mir natürlich den Mann aussuchen, der mir am meisten
wehtat! Ich saß noch eine ganze Weile da und suhlte mich in meinem
Liebeskummer, bis ich eines der Mädchen rief, um mir beim Ausziehen behilflich
zu sein.
26.
Kapitel
Die
folgende Nacht als eine Nacht mit erholsamem und tiefem traumlosen Schlaf zu
nennen, wäre wohl die Übertreibung des Jahres. Ach quatsch, in meinem Fall
konnte man schon von Jahrhunderten reden. Immer wieder gingen mir die
Ereignisse des Vorabends durch den Kopf und je mehr ich darüber nachdachte,
umso mehr musste ich weinen. Was hatte ich falsch gemacht? Gerädert und mit
verquollenen Augen stand ich am nächsten Morgen auf und ließ mich von Meg
ankleiden, ihr konstantes Geplapper ließ ich einfach an mir vorbeilaufen. Mir
fehlte die Kraft mich auch noch darauf zu konzentrieren, was sie mir von ihren
Erlebnissen des gestrigen Tages zu erzählen hatte. Ich bekam nur so viel mit,
dass ihr Valentinstag ein sehr erfolgreicher war, wie schön, dass wenigstens
eine von uns beiden einen schönen Tag gehabt hatte.
Vorsichtig
begab ich mich, nachdem Meg mit meiner Morgentoilette fertig war, in die
Wohnräume im Untergeschoss, immer auf der Hut, gleich auf Phil zu stoßen, doch
der glänzte an diesem Morgen wieder einmal durch Abwesenheit. Umso besser, je
später ich ihm begegnete, desto lieber war
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