Einsatzort Vergangenheit (German Edition)
mir genauer.
Abgesehen von ein paar Staubmäusen fand ich zu meinem Erstaunen nichts
Außergewöhnliches vor, aber die waren garantiert nicht der Grund für das
Gehörte. Hatte ich mir das nur eingebildet und meine Ohren mir einen Streich
gespielt? Ich nahm einen der kleineren Kerzenständer in die Hand und schaute
mir die Ecke genauer an. Ein plötzliches Flackern des Lichts ließ mich
aufmerken. Vorsichtig ließ ich die Kerze an der Wand auf und ab gleiten. Wieder
begann das Licht unregelmäßig hin und her zu tanzen. Doch so sehr ich mich auch
anstrengte, ich konnte nichts erkennen, was auf eine Geheimtür oder Ähnliches
deutete. Ratlos zuckte ich mit den Schultern. So ganz konnte ich mir das nicht
erklären, schob es aber dann doch auf das alte Gemäuer und die damit
verbundenen architektonischen Bedingungen oder auf die unzähligen ungebetenen,
vierbeinigen Bewohner, die es hier ebenfalls in Massen gab. Ich beschloss, dass
es an der Zeit war, wieder zu den anderen zurückzukehren und ließ den Luftzug
Luftzug sein.
Im
Ballsaal begab ich mich als Erstes auf die Suche nach Raleigh. Hoffentlich
hatte er nach der Episode mit Phil nicht das Weite gesucht und war gegangen.
Ich ertappte mich dabei, wie ich die Halle auch nach Phil absuchte, doch den
konnte ich im Gegensatz zu Raleigh nirgendwo entdecken. Vielleicht war es auch
besser so, eine weitere Szene wie die eben zwischen den beiden Männern galt es
unbedingt zu verhindern, zumal es dieses Mal den gesamten Hof als Zeugen
gegeben hätte.
Walter
stand mit einer kleineren Gruppe adeliger Damen zusammen, die alle an seinen
Lippen hingen und atemlos seinen Geschichten lauschten. Wortfetzen wie „hohe
See“ und „unendlicher Horizont“ drangen an mein Ohr. Er gab wohl eine Anekdote
aus einer seiner unzähligen Reisen zur See zum Besten. Unauffällig mischte ich
mich unter die Schar der gebannten Zuhörerinnen und genoss es ihm für eine
Weile zuzuhören und mich für einen Moment ablenken zu lassen. Schon kurz
nachdem ich zu der Truppe hinzugestoßen war, bemerkte er meine Anwesenheit, wie
er mich mit einem Augenzwinkern wissen ließ. Es dauerte auch nicht mehr lange
und er beendete seine Erzählungen. Einige der Damen hatten wohl gehofft, dass
er sich danach noch mit ihnen alleine beschäftigte, aber er bahnte sich seinen
direkten Weg zu mir. Enttäuscht zogen die Frauen von dannen, nicht ohne mir
neidische Blicke zuzuwerfen. Er nahm meine Hand in seine und hauchte einen Kuss
darauf.
„Euer
Bruder ist sehr besorgt um Euch!“ Bei dem Gedanken an die Szene, die Phil vor
nicht allzu langer Zeit gemacht hatte, seufzte ich schwer.
„Mehr
als besorgt. Er glaubt, dass er mich vor allem und jedem beschützen muss. Dabei
vergisst er, dass ich bereits einmal verheiratet war und durchaus weiß, welche
Absichten Männer verfolgen. Und diese auch abwehren kann, sollte es von Nöten
sein.“
„Vermutlich
ist es besser, wenn er und ich nicht so schnell wieder aufeinandertreffen. Es
könnte sein, dass ich ansonsten nicht nur bei Worten bliebe.“
„Ich
bitte Euch, das zu unterlassen. Ich werde meinem Bruder noch ein paar Takte zu
dieser Geschichte sagen. Er wird Euch nichts antun, das verspreche ich Euch.“
Und sollte er sich doch wagen, bekäme er es mit mir zu tun, setzte ich in
Gedanken hinzu.
„Wer
sagt denn, dass nicht ich ihm etwas antue? Was er vorhin getan hat, lasse ich
mir ansonsten von niemandem gefallen. Nur Euch zuliebe habe ich das Feld
geräumt. Sollte er sich noch einmal wagen mich anzugreifen, werde ich nicht
tatenlos bleiben.“ Ein gefährliches Glitzern seiner Augen verriet mir, dass er
nicht scherzte.
„Sir
Walter, ich flehe Euch inständig an, tut meinem Bruder nichts an. Er ist ein
Hitzkopf, der manchmal schnell aus seiner Haut fährt, aber im Grunde niemandem
etwas antut.“ Jetzt log ich auch noch für Phil, nur um ein mögliches Blutbad zu
verhindern. Es wurde immer schöner.
„Nur
weil ihr mich darum bittet, meine Liebste, werde ich eine Ausnahme machen. Sagt
hat Euch mein Geschenk gefallen?“ Geschenk? Ach ja, die Kette. Irgendwie war
das in dem ganzen Chaos untergegangen, ebenso wie die Tatsache, dass ich auch
noch etwas für ihn hatte. Schnell nestelte ich an meinem Gürtel, um das kleine
Säckchen mit meinem Geschenk hervorzuholen und reichte es ihm.
„Ich
hatte leider bisher keine Gelegenheit Euch Euer Geschenk zu geben und möchte
dies nun nachholen. Es kann bei Weitem nicht mit Eurem wundervollen Geschenk
mithalten, doch
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