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Einsatzort Vergangenheit (German Edition)

Einsatzort Vergangenheit (German Edition)

Titel: Einsatzort Vergangenheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Neumann
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nett aus, aber er war doch fast alt genug, um mein Vater sein zu können
und ich hatte bereits mehr Verehrer, als mir lieb war.
    „Dann
freue ich mich auf ein Wiedersehen, my Lady!“ Er deutete eine Verbeugung an,
drehte sich um und verschwand in der Menge. Ein komischer Kauz, dachte ich, als
ich ihm hinterherblickte.
     
    Unser
Ausflug in die Stadt war noch lange nicht beendet. Vom Büchermarkt führte mich
mein Weg zu Hutmachern, Handschuhmachern und allen anderen möglichen Läden, wo
man sein Geld für praktische, als auch unnütze Dinge ausgeben konnte. Meg bekam
ein paar neue Handschuhe, da ich sah, dass ihre alten fast durchgewetzt waren
und sie andauernd ihre Hände aneinander rieb, um sie zu wärmen. Beinahe hätte
sie mich vor Dankbarkeit umarmt, bis ihr einfiel, dass ich ihre Herrin war, so
begnügte sie sich mit einem Wortschwall voller Dankesworte. Wenn es nach mir
gegangen wäre, hätte ich ihr alles gekauft, was ihr Herz begehrte. Doch ich
wusste, dass das keine gute Idee gewesen wäre. Dies hier war eine andere Welt
als meine und die Regeln, die hier galten, mochten immer wieder befremdlich auf
mich wirken, doch für die Menschen hier schienen sie sinnvoll. Für Reformen war
ich eindeutig ein paar Jahrhunderte zu früh dran.
    Die
Sonne ging bereits unter, als wir, mit Paketen beladen, in unser Haus
zurückkehrten. Der Eingangsbereich war hell mit Fackeln erleuchtet und einige
Diener liefen aufgeregt hin und her. Warum herrschte hier eine bahnhofsähnliche
Stimmung? Erwarteten wir Gäste und ich hatte es etwa vergessen? Ich überlegte
schnell, konnte mich aber nicht daran erinnern, dass wir an diesem Abend hätten
Gastgeber sein sollen. Wir hatten noch nie als Gastgeber fungiert und ein
solches Ereignis hätte ich mir problemlos merken können, es musste also etwas
anderes sein. Schnell legte ich meinen Mantel ab und reichte ihn Meg. Ich
strich mir noch einmal schnell über meine Röcke, prüfte, ob meine Haube noch
richtig saß und ging in Richtung des Wohnraums, um nach dem Rechten zu sehen.
In diesem Moment kam Phil aus dem Raum heraus. Seine Miene ließ kurze
Erleichterung erkennen, als er mich sah. Er eilte auf mich zu:
    „Wurde
auch endlich Zeit, dass du kommst, wir haben überraschenden Besuch bekommen.
Francis Walsingham hat beschlossen uns seine Aufwartung zu machen“, fuhr er
mich an. Walsingham? Das waren nicht wirklich gute Nachrichten. Walsingham war,
nach William Cecil, der zweite Staatssekretär, aber das alleine machte ihn
nicht gefährlich. Gefährlicher war die Tatsache, dass er der Begründer des
englischen Geheimdienstes war. Sein weitverzweigtes Netz von Spionen reichte
quer durch Europa und war bis heute legendär. Und dieser Mann saß nun in unserem
Wohnzimmer! Ein unangenehmes, flaues Gefühl breitete sich in meiner Magengrube
aus. Wir hatten genug zu verschweigen, und wenn er es für richtig hielt, dann
würde er solange suchen, bis er fündig wurde und herausfand, dass wir nicht
diejenigen waren, die wir vorgaben zu sein.
    „Weißt
du, was er will?“, fragte ich. Er warf mir einen abschätzigen Blick zu, als
könnte nur eine Schwachsinnige wie ich diese Frage stellen. Zwar schien er
wieder nüchtern zu sein, seine schlechte Laune war jedoch unverändert vorhanden.
    „Sorry,
ich habe meine Glaskugel im 21. Jahrhundert gelassen. Er stand einfach vor der
Tür und bat um Einlass!“ Und einem Vertrauten der Königin schlug man schlecht
die Tür vor der Nase zu. Es half alles nichts, ich musste mich in die Höhle des
Löwen wagen. Vor der Tür blieb ich noch einmal kurz stehen, atmete tief ein,
fuhr erneut über mein Kleid um imaginäre Falten glatt zu streichen. Phil ging
an mir vorbei, öffnete die Tür und gab den Blick auf das Innere des Raums frei.
Vor dem wärmenden Feuer des Kamins stand, mit dem Rücken zu uns gewandt, ein
Mann, der seine Hände in Richtung Kamin ausstreckte, um sich daran zu wärmen.
Phil räusperte sich, worauf der Mann sich zu uns umdrehte. Er war von oben in
unten in Schwarz gekleidet, lediglich ein weißer Kragen unterbrach das trübe
Outfit. Sein Äußeres glich dem eines asketischen Mönches anstelle eines der
reichsten Männer des Landes. Hager, mit eingefallen Wangen und tiefen Rändern
unter den Augen. Er sah aus, als trüge er die Last des ganzen Landes auf seinen
Schultern. Und wenn man bedachte, welchen Gefahren Elizabeth ausgesetzt war,
war das noch nicht einmal so weit hergeholt. Beinahe hätte man Mitleid mit ihm
und seinem

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