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Einschlafbuch Fuer Hochbegabte

Einschlafbuch Fuer Hochbegabte

Titel: Einschlafbuch Fuer Hochbegabte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Bittrich
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genug ist, folgerte der Autor, schläft am Ende bei jedem Geräusch.
    Sicher gibt es Krach, etwa von Presslufthämmern, Vuvuzelas und Laubpustern, der niemanden zuverlässig in den Schlaf wiegt. Doch die Störquellen des einen entpuppen sich zuweilen als Einschlafhilfen des anderen. Der englische Komponist Edward Elgar brauchte eine gewisse Dosis Straßenlärm. Häufig geschah es, dass er in ruheloser Nacht das Fenster öffnete, um das Rollen einer Droschke zu hören. Vor hundert Jahren musste er eine Zeit lang warten, bis es in der Ferne zu vernehmen war. »Was für ein tröstlicher Gruß von spätem Leben!« Es war das Geräusch, das er zum Einschlafen benötigte.
    Der österreichische Romancier Heimito von Doderer liebte das spätabendliche Quietschen einer Straßenbahn, in einer ganz bestimmten Kurve im Wiener Alsergrund, einen halben Kilometer von seinem Schlafzimmer entfernt. Er bemühte sich, im Bett zu liegen, bevor die letzte Tram die Kurve gekriegt hatte. Schaffte er das nicht, und musste er also auf das vertraute Geräusch verzichten, wurde es schwierig mit dem Einschlafen. Für den Kollegen Marcel Proust war das Rollen eines fernen Zuges Schlummerlied oder Trost im Wachliegen. Ihm zum Gedächtnis sang Paul Simon: »Everybody loves the sound of a train distance.« Distance ist wichtig. Nur in ausreichender Entfernung lindert dieser Sound die Unrast.
    Bewohner von Hafenstädten, wie Charles Dickens und der Unruhe-Experte Fernando Pessoa, liebten das Geräusch von Schiffssirenen und Nebelhörnern und vermissten es fern der Heimat. Wir können es nachvollziehen: Allzu große Stille an einem fremden Ort kann beklemmend wirken, sogar die Ruhe stören. Die vertrauten Geräusche sind es, die zum Einschlafen taugen, diejenigen zumindest, zu denen die Assoziationen angenehm sind. Das Schnarchen des unsympathischen Nachbarn mag noch so vertraut sein, als Signal zum Einschlafen taugt es nicht, allenfalls als Signal zum Umzug.
    Der Poet Gottfried Benn schlief tief und selig, wenn er den Lärm aus dem Eckrestaurant seines Blocks hörte, verbunden mit der Musik der dort aufspielenden Tanzkapelle. Die Gasträume des Lokals ragten in denselben Hinterhof, auf den sein Schlafzimmerfenster sich öffnete. Wohltuend und sedierend fand er die Melange von Musik, Stimmen und Gläserklang. Vom Urlaub am Meer kehrte er dagegen schlaflos und gerädert heim. Nichts sei schlimmer, gab er zu Protokoll, als »nachts Wellen zu hören und sich dabei sagen zu müssen, dass sie das immer tun«. Die Assoziation zur unerbittlichen Ewigkeit steigerte das Rauschen zur Bedrohung.
    »Die Wellen werden mich überdauern«, notierte hingegen Claude Debussy mit erleichterter Hingabe. Meeresrauschen war sein bevorzugtes Einschlafgeräusch. Er beklagte, woran heute in ausgefeilter Technik kein Mangel ist: dass »dieser unvergleichliche Klang nicht auf Wachszylindern zu haben« sei. Die früheste Schallplatte mit reinem Meeresrauschen erschien erst 1968. Mittlerweile kann man ausgiebige akustische Kostproben aller sieben Ozeane im Web finden. Um 1900 jedoch war der französische Komponist darauf angewiesen, sich sein eigenes Rauschen zu komponieren.
    Das sei gründlich misslungen, beklagte sein Kollege Erik Satie. Satie erlebte später noch das Erscheinen von Debussys La Mer auf Schellackplatten, wollte das Werk aber auf keinen Fall im Haus dulden. »Ich konnte schon im Konzertsaal dabei nicht einschlafen.« Wer weiß, wie Satie die Empfehlung des Pariser Centre de Sommeil empfunden hätte. Ausgerechnet seine eigenen Kompositionen, voran die Gymnopédies , werden dort als Einschlafmusik empfohlen – und zwar in der Orchestrierung von Claude Debussy.
    Ein Test mit Meeresrauschen lohnt sich. Per Kopfhörer oder Lautsprecher lassen sich Störgeräusche wirksam überdecken. Besonders wirkungsvoll ist auch die Gleichmäßigkeit eines milden Regens. Es gibt ein betörendes Musikstück namens Gentle Rain . Doch wahrhaft einschläfernd ist nur die gleichnamige siebzigminütige Aufnahme von Regenfall auf Blättern. Diese Tonfarbe und nahezu alle anderen Geräusche stehen zum Download bereit, inklusive einer Library of Vanished Sounds mit den Klängen von betagten Windmühlen, knarrenden Postkutschen, Dampfzügen und durchs Gras fahrenden Sicheln.
    Auch immer dabei im akustischen Arsenal: die Zikade. Urlauber im Süden kehren mit Augenringen heim, wenn eine Zikade vor ihrem Fenster zirpte. Doch wer das beharrliche Sägen zum Einschlummern wählt – Gesang mag

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