Einst herrschten Elfen
wir uns nun einig, was zu tun ist?«
Sie schritt davon und betrat den Tempel. Garan schnaufte vernehmlich.
»Überhebliches Miststück.«
»Ja, aber weißt du was, Meister?«, meinte Haleth.
»Was denn?«
»Ich halte es für eine gute Idee, dass sie sich mit den Bastarden herumschlägt, während ich möglichst weit weg bin.«
»Dumm nur, dass man den Spitzohren nicht trauen kann. So weit du auch entfernt zu sein glaubst, kehre ihr nie den Rücken, hörst du? Ich brauche dich noch.«
»Alles klar, Meister.«
Der Nachmittag näherte sich schon dem Abend, als Auum und Serrin Aryndeneth erreichten. Es war ihnen nicht schwergefallen, der Fährte des Mannes zu folgen. Je näher sie dem Tempel kamen, desto deutlicher wurden die Hinweise auf dessen Entweihung. Sie mussten annehmen, dass ein Angriff stattgefunden hatte.
Auum führte Serrin bis zum Waldrand, von dort aus blickten sie über den leeren Vorplatz zum Eingang, der offen stand. Drinnen herrschte Dunkelheit. Es war totenstill.
»Anscheinend gibt es dieses Jahr kein Fest der Erneuerung«, bemerkte Auum. »Wo sind meine Brüder und Schwestern? Und wo sind deine?«
Auum wusste es. Serrin wusste es. Der Tempel war nie unbewacht. Immer begegnete man hier Gläubigen und Priestern. Es gab nur einen Grund dafür, dass die TaiGethen abwesend waren. Auum schluckte. Er starrte das Unglaubliche, das Unvorstellbare an, und ihm wurde übel. Nur der Zorn über die Entweihung seines Tempels bändigte das Zittern seiner Gliedmaßen und half ihm, äußerlich ruhig zu bleiben.
»Wir müssen hineingehen«, sagte Serrin.
Auum nickte. Leise führte er Serrin am Rand des Vorplatzes entlang und dann zur Tür. Auf dem Stein entdeckte er bunte Flecken, wo Fliegen summten und schwärmten. Die ganze Umgebung stank nach Tod. Er hatte Angst vor dem, was sie drinnen finden mochten. Mit einer Handbewegung forderte er Serrin auf, hinter ihm zu bleiben, und trat ein.
Die kühle Luft im Tempel, der Frieden und seine Ruhe, verfehlten ihre Wirkung nicht, und doch konnte Auum sich nicht auf den schönsten Platz in ganz Calaius einlassen. Kein einziger TaiGethen stand an den Wänden der Kuppel bereit, kein Priester betete vor der Statue von Yniss, die den riesigen Innenraum beherrschte.
Zwischen den in präzisen Abständen eingelassenen Fenstern waren die Wände und das Kuppeldach mit Wandbildern geschmückt. Sie zeigten, wie Yniss nach Calaius gekommen war, bevor die ersten Elfen den Fuß auf den Kontinent gesetzt und die Prüfungen des Elfenvolks begonnen hatten, mit denen es sich das Recht verdient hatte, in diesem Land zu leben. Dort konnte man auch das Werk Takaars betrachten, der seine Zeit zwischen den beiden Heimstätten der Elfen aufgeteilt hatte. Oberhalb der Türen war Takaars Text über die Energien aufgeschrieben, die er angeblich auf Calaius gespürt hatte, und die das Wesen der Harmonie verkörperten.
Kein Wandbild und keine historische Aufzeichnung konnte jedoch mit Yniss’ Statue wetteifern, die sich mehr als zwanzig Schritte hoch in der Kuppel erhob. Yniss, der Vater der Elfen. Yniss, der ihnen die Gabe schenkte, im Einklang mit dem Land und seinen Bewohnern zu leben, mit der Luft und den natürlichen Energien der Erde, für die Ix verantwortlich war, der eigenwilligste der Götter. Wie immer erfreute Auum sich am Anblick der Statue, die aus einem einzigen Block polierten hellen Steins geschnitten war, durch den sich Äderchen von Feuerstein zogen.
Yniss war auf einem Knie hockend dargestellt. Er blickte an seinem ausgestreckten rechten Arm entlang, dessen Hand unterhalb des Knies hing. Daumen und Zeigefinger waren abgespreizt, die übrigen Finger zur Faust geballt. Der Gott war als betagter Elf dargestellt, um die Augen und auf der Stirn konnte man die Falten des Alters erkennen. Das lange, volle Haar schien der Wind über die rechte Schulter zu wehen.
Yniss’ Körper war der eines vollkommenen Athleten. Ein Gewand, das nur an einer Schulter befestigt war, bedeckte kaum mehr als Geschlecht und Bauch und ließ die kräftigen Schultern, die schön geformten Arme und die kraftvollen Beine frei. Yniss’ Augen schienen lebendig zu funkeln, was dem Wasser zu seinen Füßen und dem Licht im Tempel zu verdanken war.
Yniss leitete die Lebensenergie durch Zeigefinger und Daumen in das Becken der Harmonie, vor dem er kniete. Von dort aus breitete sie sich im ganzen Land aus und verzauberte alles, was sie berührte. Rohrleitungen, die unter dem Daumen und dem Zeigefinger der
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