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Einst herrschten Elfen

Titel: Einst herrschten Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Yniss-Tempels brach nach innen ein, dabei stob eine Wand von Funken empor, und das Feuer zog mit begierigen Händen das schwarze Leichentuch hoch. Böse Kräfte hatten das Symbol der Harmonie in Ysundeneth zerstört.
    Als Katyett das nächste Mal den Blick auf den Pöbel richtete und sah, dass die Elfen verwirrt waren und nicht wussten, was sie als Nächstes tun sollten, spürte sie es. Das Gefühl, das sonst nur Ketzern vorbehalten war. Oder auch Dieben und natürlich Mördern. Hass.
    Die Aufgabe der TaiGethen war es, Yniss’ Land von solchem Ungeziefer zu befreien.
    »Tai«, sagte sie. »Wir greifen an.«

ZWÖLF
     

Ein Anführer muss jederzeit die Verfassung des Körpers kennen, den seine Untergebenen betrachten, wenn sie Befehle empfangen und ihr Leben aufs Spiel setzen.
     
    T akaar wich vor der Guarana-Ranke zurück, als wäre sie glühend heiß. Er blies sich sogar auf die Fingerspitzen und erkannte erst danach, wie albern das war. Allerdings war ihm wirklich heiß. Die Haut brannte, als hätte ihn das missiata -Fieber gepackt. Er schwitzte am ganzen Körper.
    Schaudernd und schwer atmend lehnte er sich auf dem klobigen Holzstuhl in seinem Biwak zurück. Auf einmal überkam ihn eine tiefe Traurigkeit. Er keuchte unwillkürlich, als ihm das Gefühl wie der gequälte Schrei eines Gottes durch Körper und Seele fuhr. Kreischender Unglaube, Schrecken aus der Finsternis.
    Takaar barg den Kopf in den Händen und ließ die Tränen zwischen den Füßen auf den Boden fallen. Er schluchzte und klagte und konnte die Trauer nicht mehr unterdrücken, die ihn überspülte wie ein Gebirgsbach die Felsen. Er sah sich in die Tage der Erkenntnis nach der Flucht aus Tul-Kenerit zurückversetzt. Sogar noch weiter zurück bis zu dem Morgen, an dem er seinen Vater gefunden hatte, den einige Tuali-Rebellen im Schlaf ermordet hatten.
    An jenem Tag hatte er sich trotz des Kummers geschworen, die Linien zu vereinigen, damit nie mehr ein Elf so leiden musste wie er. Solche Ziele verfolgte er nicht mehr, doch die Schmerzen waren ebenso stark. Vielleicht sogar stärker, weil er verloren war.
    »Was willst du von mir?«
    Sein Schrei ließ die Vögel auffliegen und brachte vorübergehend sogar die Rufe der Affen und das Rascheln der Eidechsen und Frösche zum Verstummen.
    Niemand außer dem Tod will noch etwas von dir. Warum fragst du die Götter? Sie haben sich schon lange von dir abgewandt.
    »Warum habe ich dann diese Gefühle?«
    Es sind nur deine Schuldgefühle, die dich an deine Verbrechen erinnern. Nimm es hin. Der Sprung, der dir die Erlösung bringt, ist nahe.
    Takaar schüttelte den Kopf.
    »Nein, das hat nichts mit mir zu tun. Es sind Botschaften, die durch den Boden und die Luft laufen. Sie rufen mich.«
    Hör dich doch reden. Botschaften, die durch die Erde laufen? Unbedingt. Und jeden Morgen kleiden dich die Affen an.
    »Lass mich in Frieden, so lass mich doch in Ruhe!«
    Takaar stand auf und rannte. Äste, Blätter und Dornen zerrissen ihm das Gesicht und die Arme. Mit eingezogenem Kopf und vorgestreckten Armen bahnte er sich einen Weg durch das Unterholz. In ihm glühte eine unerträgliche Hitze, Übelkeit erregende Schmerzen und eine alles verzehrende Wut übermannten ihn. Sein Herz raste. Er konnte gar nicht so tief Luft schöpfen, wie der Körper es verlangte.
    Endlich brach er durch die letzten Büsche und blieb abrupt am Rand der Klippe über dem tosenden Shorth stehen. Er keuchte, zitterte und weinte haltlos. Ein schreckliches Verbrechen war geschehen, doch er wusste nicht, an welchem Ort, noch, worin es bestand. Seine Sinne waren völlig überflutet, er war orientierungslos.
    »Was tun sie da, was tun sie nur?«
    Takaar umklammerte die Knie, wiegte sich vor und zurück und betete, dass die Hitze und der Kummer nachlassen sollten.
    Eine vertraute Pose. Warum kippst du nicht ein wenig weiter nach vorn? Es ist doch nur das gesamte Elfenvolk, das dich an das Ausmaß deines Verrats erinnert. Sie werden sich selbst in Stücke reißen, sich gegenseitig vernichten, bis nichts mehr übrig ist, an das man sich erinnern könnte. Alles nur deinetwegen. Alles nur, weil du weggelaufen bist. Weil du ein Feigling bist.
    Takaar schluchzte schwer, holte bebend Luft und kümmerte sich nicht um den Rotz, der ihm aus der Nase lief. Er wusste, dass es der Wahrheit entsprach, es ließ sich nicht verleugnen.
    Lauf. Lauf. Mehr kannst du nicht tun.
    »Soll ich mich nun nicht mehr töten, wie du es zuvor wolltest?«
    Das ist jetzt sinnlos.

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