Einst herrschten Elfen
Es ist zu spät.
In einer flachen Pfütze, die sich in einer Vertiefung im Stein gesammelt hatte, konnte Takaar sich selbst betrachten. Lachend erinnerte er sich an das Abbild in seinem geliebten Spiegel. Wie konnte sich ein Elf zu zwei so unterschiedlichen Personen entwickeln? Ein unbeholfen gestutzter Bart, der immer noch lang und schwarz war, jedoch voller Läuse, Insekten, toter Blätter und Essensreste. Die Haare sahen nicht besser aus, zumal sie sich jedem Versuch widersetzten, sie zu bändigen. Sie sprossen so rasch auf dem Kopf, dass man glauben konnte, die Götter zögen sie hervor, um ihn zu plagen. Ein verfilztes Gewirr, das dick und heiß auf dem Schädel hockte.
Takaar runzelte die Stirn. Bislang hatte er noch nicht ernsthaft in Erwägung gezogen, die Haare ganz abzurasieren. Dann betrachtete er die Hände. Sie zitterten, wie sie es hin und wieder taten, seit er vor zehn Jahren hier angekommen war. Ah, ja.
»Bin ich das wirklich?«
Ja. Eine Schande, nicht wahr?
In der Tat. Takaar riss sich von seinem Spiegelbild los. Immer noch schmerzte es im Herzen, doch wenigstens hatte die Hitze nachgelassen. Immerhin eine kleine Linderung. Er stand auf und starrte zum prächtigen Verendii Tual, wo sich der Fluss in seinem Delta in das Meer ergoss.
Er hatte Messer, die gewetzt werden mussten.
Bis auf die unschönen Geräusche von Menschen, die sich auf den Aufbruch vorbereiteten, war es still in Aryndeneth. Das erleichterte Lächeln der Männer konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie auf Gewalt aus waren. Sildaan hatte die Tür des Tempels geschlossen, um nicht mehr das Blut sehen zu müssen, das den Stein vor der Statue und das Becken besudelte. Auch Auums Miene wollte sie so schnell wie möglich vergessen.
Sie ging hinten um den Tempel herum, ohne sich um die Menschen zu scheren, die gerade die letzten Gerätschaften in Rucksäcke packten, Schwerter schärften und sich immer wieder auf dem Kopf und am ganzen Körper kratzten. Trotz der Umschläge, Aufgüsse und Salben, die sie ihnen gegeben hatte, war keiner von ihnen wirklich gesund.
Sie ging weiter in den Regenwald und kniete nieder, um am Heiligtum der Rückführung, wo die Toten zur Ruhe gebettet wurden, damit der Wald sie nehmen konnte, zu Yniss zu beten. Vor ihr, schon teilweise verdeckt von den wuchernden Pflanzen und verzehrt von Tuals Bewohnern, lagen ihre treuen Priester und ihr guter Freund Leeth. In der Nähe waren neun TaiGethen bestattet. Das von der kranken Gewalt der menschlichen Magie verkohlte Fleisch lag auf einer Schicht von Knochen, die bereits sauber abgenagt und weißgewaschen waren.
»Yniss höre mich an. Shorth, höre mich an. Schützt die Seelen dieser Verstorbenen und nutzt sie, um eure Werke zu tun und euren Ruhm zu mehren. Lasst sie verstehen, wie es auch die Lebenden verstehen sollen. Eure Heere müssen an meiner Seite stehen. Die Elfen können nicht geeint leben, die Linien dürfen nicht zerstört werden, sie dürfen nicht verwässert und vermischt werden. Die Ordnung muss wiederhergestellt werden. Die Ordnung unter deiner prächtigen Herrschaft. Die Rangordnung der Götter muss sich in den Linien des Volks widerspiegeln. Wir Ynissul werden gnädig und freundlich über die Elfen herrschen. Der Friede wird unser sein. Verzeih mir meine Taten. Ich lebe nur, um deine Werke zu vollbringen, damit dein Volk in deinem Land gedeiht. Das vergossene Blut wird dem künftigen Wohlstand dienen. Dein Tempel soll gereinigt werden, alle Spuren der Menschen werden beseitigt. Alles, was ich tue, jede Entscheidung, die ich treffe, all das dient dir. Segne meine Hände, segne meine Augen und führe mich. Meine Seele gehört dir. Erhöre mein Gebet.«
Sildaan harrte noch eine Weile kniend aus, eine Hand auf die Erde gelegt, die andere zum Himmel erhoben. Das Summen der Fliegen über den Toten und die im Untergrund kriechenden Tiere beruhigten sie. Erneuerung, Wiederbelebung, Rückführung. Sie neigte den Kopf vor den Toten der Ynissul und stand geschmeidig auf.
Garan erwartete sie schon. Sie kehrte mit ihm zum Tempel zurück.
»Ich muss dir etwas über deinen ehemaligen TaiGethen-Freund und seinen Priester erzählen. Sie bewegen sich in unterschiedliche und sehr interessante Richtungen.«
Sildaan zog die Augenbrauen hoch. »Sie dürfen unsere Pläne nicht noch stärker stören, als sie es schon getan haben. Verfolgt sie und tötet sie, wenn ihr könnt. Sind deine Männer dazu in der Lage?«
»Ich habe Männer, die sich genau
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