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Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt

Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt

Titel: Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Moszkowski
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jener Worte nicht mehr aufkommen dürfen.
    Es lag nahe, in diesem Zusammenhange den Begriff »Naturgesetz« zu berühren, und Einstein wies unter Berufung auf Mach's Worte darauf hin, es gälte zu entscheiden, wieviel wir aus der Natur herauslesen, und aus allem zusammen gehe wenigstens das eine hervor, daß jedes Gesetz eine Einschränkung bedeutet; beim Menschengesetz, beim bürgerlichen und Strafgesetz die Einschränkung des Willens, der möglichen Handlung, beim Naturgesetz die Einschränkung, die wir der Erwartung unter Leitung der Erfahrung vorschreiben. Immerhin bleibt der Begriff dehnbar, da ja die Frage nicht verstummt: was ist Vorschrift? Wer schreibt vor? Kant hat den Menschen vorangestellt als denjenigen, der die Gesetze der Natur vorschreibt. Baco von Verulam betonte den doppelsinnigen Standpunkt mit dem Wort: Natura non vincitur nisi parendo, der Mensch bezwingt die Natur nur dadurch, daß er ihr gehorcht, nämlich den von ihr ausgehenden, ihr immanenten Normen. Also die Gesetze sind außer uns vorhanden, wir haben sie nur zu finden. Sind sie gefunden, so kann sie der Mensch rückwirkend zum Zwange auf die Natur verwenden. Der Mensch wird Diktator, er diktiert der Natur die Gesetze, nach denen sie, die Natur, den Menschen zu unterjochen hat. So oder so, es bleibt ein Circulus, aus dem es kein Entweichen gibt. Ein Gesetz ist ein Geistesgeschöpf, und bestehen bleibt das Wort des Mephisto: Am Ende hängen wir doch ab von Kreaturen, die wir machten!
    In Newtons Seele muß wohl das Gehorchen undGehorchenwollen als Primat gewaltet haben. Er galt doch als gottesfürchtig und stark im Glauben?
    Einstein bestätigte das, und mit gehobenem Ton verallgemeinerte er: » Jedem tiefen Naturforscher muß eine Art religiösen Gefühls naheliegen; weil er sich nicht vorzustellen vermag, daß die ungemein feinen Zusammenhänge, die er erschaut, von ihm zum erstenmal gedacht werden. Der Forscher fühlt sich dem noch nicht Erkannten gegenüber wie ein Kind, das der Erwachsenen überlegenes Walten zu begreifen sucht.«
    In dieser Erklärung lag ein persönliches Bekenntnis. Denn er hatte von dem seelisch-kindlichen Bedürfnis Aller gesprochen und gerade die Denkfeinheit des Forschers als religiöses Motiv bezeichnet. Nicht alle haben es bekannt, ja, von so Mancher Überzeugungen wissen wir das Gegenteil. Halten wir uns an die Tatsache, daß die Fürsten im Reiche der Wissenschaft, Newton, Cartesius, Gauß, Helmholtz , fromm waren, wenn auch in verschiedenen Abstufungen des Glaubens. Und vergessen wir auch nicht, daß der schärfste Antagonist dieser Denkart, der Urheber des »Ecrasez l'infame« damit schloß, einen Tempel zu bauen mit der Inschrift: Deo erexit Voltaire.
    Am stärksten herrschte der Positivismus in Newton, dessen Religiosität direkt bis in seine Forschungen hineinragte. Er selbst hat dafür das schöne Wort ausgerufen: Ein begrenztes Maß des Wissens führt von Gott hinweg; ein erhöhtes Maß des Wissens führt uns wieder zu Gott zurück. Hielt er doch die von ihm erkannte Weltmaschine durch das physikalisch-mathematische Gesetz noch nicht genügend stabilisiert, so daß er für deren Gang eine zeitweise Nachhilfe des Schöpfers, Concursum Dei , in Anspruch nahm. Bis daß er aus der Linie des naiven Glaubens ins wirklich Theologische glitt und sakral gefärbte Abhandlungen über apokalyptische Dinge verfaßte. Des Cartesius Frömmigkeit wiederum, im Grundzug ehrlich gemeint, zeigte verdächtige Ausläufer. Und man kann sich des Gedankens nicht erwehren, daß er seine Beteuerungen bisweilen mit zwinkerndem Augurenlächeln begleitete. Er verstand sich auf Kompromisse, und gab diesem Verständnis Ausdrücke, hinter denen nach F. A. Langes schroffer Kennzeichnung nichts anderes steckte als »Feigheit vor der Kirche«. Voltaire, ein Apostel der Newton'schen Naturphilosophie, verdächtigte sogar den Cartesischen Gottesglauben so weit, daß er behauptete: gerade der Cartesianismus habe Viele dahin gebracht, keinen Gott anzunehmen.
    Da Einstein mit so großem Nachdruck auf die Kindlichkeit des Grundgefühls verwiesen hatte, zitierte ich einen AusspruchNewtons, der mir im Augenblick zur Bestätigung geeignet erschien: »In der Wissenschaft gleichen wir alle nur den Kindern, die am Rande des Wissens einen Kiesel aufheben, während sich der weite Ozean des Unbekannten vor unseren Augen erstreckt. Nichts ist sicherer, als daß wir eben begonnen haben, in den Wundern unserer Welt den ersten Anfang zu erkennen!«
    Sollte

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