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Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt

Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt

Titel: Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Moszkowski
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(cojoined), aber niemals verknüpft (connected). Und da man keinerlei Vorstellung von etwas haben kann, was niemals unserer sinnlichen oder inneren Wahrnehmung sich darstellte, so scheint die notwendige Folgerung die zu sein, daß wir ganz und gar keine Vorstellung von kausalen Verknüpfungen oder bewirkenden Kräften besitzen, und daß diese Worte durchaus ohne Sinn sind, mögen sie in philosophischen Erörterungen oder im gewöhnlichen Leben gebraucht werden. Diese resignierende »Untersuchung über den menschlichen Verstand« hat zahlreiche Ausbauten erfahren, zumal durch Kant und alle Kantianer, wie es ja unmöglich ist, irgend einen philosophischen Faden zu spinnen, ohne sich mit der Grundfrage nach der Existenz einer Kausalität außerhalb unseres Kausalitätsbedürfnisses auseinanderzusetzen. Und es ist unvermeidlich, bei jedem Anlauf in dieser Richtung an die weitere Frage zu geraten: Was ist Zeit? Denn die Kausalität richtet sich auf das Nacheinander, auf die Folge der Wahrnehmungen und Erscheinungen, mithin sind die beiden Fragen nicht nur aufs engste ineinander verflochten, sondern eigentlich nur verschiedene Ausdrücke einer und derselben Frage. Die Zeit, nach Cartesius und Spinoza ein Modus cogitandi, nichtAffectio rerum, nach Kant eine Denkform a priori, beherrscht unsere Intelligenz mit derselben Souveränität, wie der vorgestellte Ablauf der Dinge, den wir in dem nämlichen nicht weiter zerlegbaren Denkakt als zeitlich und als kausal empfinden.
    Nun ist der Zeitbegriff durch Einstein selbst aufs äußerste revolutioniert worden. Und es ist zu erwarten, daß auch der Kausalitätsbegriff, – dem wir nach alter Gepflogenheit wenigstens dem Worte nach noch eine gesonderte Existenz vorbehalten – von den Folgen dieser Revolution mitbetroffen wird.
    Wir nähern uns damit einer Relativierung der Ursächlichkeit, und wir können dieser einen Schritt näherkommen, wenn wir uns vergegenwärtigen, für welche Verschiedenheiten in der Zeitwahrnehmung die Natur selbst Spielraum offen läßt. Wohlverstanden: es handelt sich hier nicht um die physiktheoretische Zeit, im Sinne der Einsteinschen Lehre, sondern um etwas Physiologisches, das aber letzten Endes ebenfalls auf eine Relativierung der Zeit und damit der ursächlichen Zusammenhänge innerhalb der Zeit hinausläuft.
    Wir haben dabei die Gedankengänge des berühmten Petersburger Akademikers K. E. von Baer einzuschlagen, und wir brauchen diese nur wenig zu verlängern, um aus seiner Rede von 1860 »Welche Auffassung der lebenden Natur ist die richtige?« bis in den Kern der Kausalität vorzustoßen. Weil nämlich das Menschenhirn zur lebenden Natur gehört, mithin auch die Denkvorgänge selbst als Äußerungen des Lebens begriffen werden können.
    * Den Ausgangspunkt bildet eine Fiktion, deren fiktiver Charakter dahinschmilzt, sobald wir uns dem Ergebnis nähern. Die Denkbrücke kann nachträglich abgebrochen werden, es genügt, wenn sie uns interimistisch trägt, wenn wir nur jenseits auf einer Sicherheit landen.
    Die Schnelligkeit des Empfindens, der willkürlichen Bewegungen, des geistigen Lebens scheint bei verschiedenen Tieren annähernd der Schnelligkeit ihres Pulsschlages proportional zu sein. Da nun z. B. beim Kaninchen der Puls viermal so schnell schlägt, als beim Stier, so wird auch jenes in derselben Zeit viermal so schnell empfinden, viermal soviel Willensakte ausführen können, überhaupt viermal soviel erleben, wie der Stier. Allgemein gesagt: In demselben astronomischen Zeitraum verläuft das innere Leben, das Erleben, in verschiedenen Tieren einschließlich des Menschen mit verschiedenen spezifischen Geschwindigkeiten, und hiernach richtet sich in jedem Lebewesen das subjektive Grundmaß der Zeit. Nur an unserem eigenen Grundmaß gemessen,erscheint uns ein organisches Individuum, etwa eine Pflanze, an Größe und Gestalt als etwas Beharrendes, zum mindesten in engen Zeitspannen als etwas Unveränderliches. Denn wir können sie in der Minute hundertmal und öfter sehen, ohne äußerlich eine Veränderung zu bemerken. Denkt man sich nun aber den Pulsschlag, die Wahrnehmungsfähigkeit, den äußeren Lebenslauf und den geistigen Prozeß des Menschen sehr beträchtlich beschleunigt oder verzögert, so ändert sich das gründlich, und Erscheinungen treten alsdann auf, die wir im Banne unsrer gegebenen physiologischen Struktur als märchenhaft, übernatürlich, außernatürlich ablehnen müßten, obschon sie unter Voraussetzung einer andern

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