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Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt

Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt

Titel: Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Moszkowski
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Sonach muß auch der von der Zeit gänzlich unabtrennbare Kausalitätsbegriff als anthropomorph angesprochenwerden, als ein Etwas, das wir in die Natur hinein-, nicht aus ihr herauslesen. Zum mindesten wäre festzustellen: sollte es außer uns eine Ursächlichkeit geben, so können wir von ihr nur ein Minimum erfahren, und dies Wenige nur in einer durch den Zufall unseres Wahrnehmungstempos bedingten Verschiebung oder Verzerrung.
    Wiederholen wir uns nunmehr Einsteins Erklärung, »daß die Naturgesetze, das Geschehen in der Natur, einen viel höheren Grad von gesetzlicher Gebundenheit zu zeigen scheinen, als in der von uns gedachten Kausalität liegt; möglich wäre, das zu einem bestimmten Zeitschnitt Gehörende könnte an sich noch ganz gesetzlos sein, es könnten darin auch solche physikalische Denkbarkeiten verwirklicht sein, die wir für nicht verwirklichbar halten, z. B. Eisen von beliebigem, spezifischem Gewicht«, – und da möchte ich doch sagen, daß dem Nichtphysiker die schweren Worte Einsteins vielleicht unschwerer ins Verständnis dringen werden, wenn er jene physiologische Betrachtungen zu Hilfe ruft. Gewiß, die Erkenntnisgründe Einsteins sind ganz andere und liegen tiefer, als die des erwähnten Akademikers, der von organischen Funktionen ausgeht, um zu einer abenteuerlichen, aber doch in sich widerspruchlosen Relativität zu gelangen. Aber eine Berührungsstelle ist wohl vorhanden, insofern hier wie dort Möglichkeiten scheinbar extra naturam angesagt werden.
    Einstein sagt: Bisher betrachten wir die Naturgesetze nur unter dem Gesichtspunkt der Kausalität, indem wir stets von einem zu einer bestimmten Zeit bekannten Zustand ausgehen, also indem wir durch die Weltvorgänge einen Zeitschnitt legen, etwa den Gegenwarts-Schnitt. Versuchen wir auf eigene Gefahr eine populäre Umschreibung:
    Der Gegenwarts-Schnitt enthält für uns die Summe der bisherigen Erfahrungen, aus denen der Zwangslauf unseres Denkens die Kategorie der Kausalität herausarbeitet.
    Was in der Erfahrung nicht vorhanden ist, kann in unserer Kausalität nicht zum Vorschein kommen. Denken wir an den von Hume zitierten Indier, der noch niemals Eis erlebt hat. Er könnte – unbelehrt, und nur auf eigene Wahrnehmungen angewiesen – niemals die Erfahrung machen, daß Wasser in kaltem Klima gefriert. Der Einfluß der Kälte auf das Wasser ist kein allmählicher, in seinen Folgen vorauszusehender, entsprechend der Kältesteigerung, sondern beim Gefrierpunkt geht das Wasser in einem Augenblick von der höchst beweglichen Flüssigkeit zur starrsten Festigkeit über. Dafür besitzt die Kausalität des Indiers kein Schema. Erzählt man ihm den Vorgang, dann schwebt erin einer Alternative; entweder er verweigert den Glauben, und das wäre das natürlichste, denn festes Wasser ist für ihn so sinnlos, wie für uns eine eckige Kugel. Oder er glaubt dem Gewährsmann, dann erhält seine Kategorientafel ein Loch, einen Bruch mitten in seiner Kausalität. Er versteht sich dann dazu, etwas für ihn Sinnloses, außer Verknüpfung von Ursache und Wirkung Stehendes als verwirklichbar anzunehmen. Bis zum Moment, im Gegenwartsschnitt, war dafür in seiner Kausalität kein Platz. Einem Torricelli wäre der Begriff der flüssigen Luft, darstellbar erst seit 1883, als eine mit seiner Kausalität unverträgliche Unmöglichkeit erschienen.
    Ebensowenig wie in unserer ein Platz ist für die Vorstellung eines Eisens vom spezifischen Gewicht der Luft oder des Vielfachen vom Golde. Denn im Zuge unserer Kausalität müssen wir schließen: eine so leichte oder so schwere Substanz könnte zwar chemische Verwandtschaften mit dem Eisen aufzeigen, allein sich selbst nicht mehr mit dem Begriff Eisen decken.
    Nun sagte Einstein allerdings: Die Natur ist viel beschränkter (gebundener), als unsere Gesetze es zulassen, und ein Zweifler könnte jene Ansagen aneinanderhalten, um eventuell einen Gegensatz aus ihnen herauszudeuten. Denn wenn in der Natur einschränkende Bedingungen obwalten, die unserer naturgesetzlichen Anschauung fremd sind, wie wäre es dann möglich, daß unvorstellbare Erscheinungen sich verwirklichen könnten? Wenn sie dazu imstande ist, so müßte sie doch gerade vermehrte Freiheiten in Anspruch nehmen? Der scheinbare Gegensatz löst sich, wenn man den Begriff der Gesetzmäßigkeit und das Maß der vorliegenden Erfahrung als verschiedene Dinge behandelt. Dann ergäbe sich die Interpretation:
    Aus der Mannigfaltigkeit des mechanisch möglichen

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