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Einstein überquert Die Elbe Bei Hamburg: Erzählungen

Einstein überquert Die Elbe Bei Hamburg: Erzählungen

Titel: Einstein überquert Die Elbe Bei Hamburg: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Lenz
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wie mies und gering und kleinkariert alles bei uns war. Als ich einmal ohne anzuklopfen in ihr Zimmer trat, in dem sie sich gerade umzog, produzierte sie einen Überraschungsschrei, der auf weißwas hätte schließen lassen können, und für weiter nichts als dies nannte sie mich einen »blinden, ungehobelten Bock«. Es gelang mir, sie mit einem Päckchen Zigaretten zu versöhnen.

    Die Frau:
    Er sah selbst ein, daß dieser Weg für mich zuviel war: der heiße Trampelpfad zwischen den Dünen; an der dörrenden, vom Mehltau heimgesuchten Weißdornhecke entlang; die gewundene, schattenlose Straße hinab bis zum Hafenbaubüro. So erließ er es mir, ihn zu begleiten, doch es war nicht allein Besorgnis, die ihn darauf bestehen ließ, daß ich mich hinlegte; er gab gleichzeitig eine Spielart seiner Korrektheit preis: wenn ich schon nicht imstande war, ihn zu begleiten, durfte es keine Zwischenlösung geben, ich wurde verurteilt, mich hinzulegen. Und hinlegen hieß bei ihm ins Bett, unter dies lastende, angstmachende Zudeck, unter dem sich der Puls wie von selbst beschleunigt. Da ich nicht mitkonnte, blieb mir nur dies übrig, und ich lag und hörte die Hitze in den Balkendecken knacken und schlief wohl auch ein wenig, da der Schatten des Fensterkreuzes auf einmal über der Waschkommode lag. Wie ruhig Sven sich im Haus verhielt, nie hörte man ein Geräusch von ihm; wenn man wissen wollte, ob er da sei, mußte man ihn schon rufen. Er war bereitwillig, alles zu tun, worum man ihn bat, aber er wollte jedesmal gebeten werden, er kam einfach nicht von selbst darauf, auch mir ein Glas Saft zu bringen, wenn er sich selbst eins holte. Nachdem ich geschlafen hatte - die Spannung über den Schläfen war erträglicher - bat ich ihn, mir ein Glas Saft zu bringen, und er tat es und stellte das Glas Saft auf den Schemel an meinem Kopfende. Er war schon unterwegs zur Tür, da sagte ich wohl etwas über das Zudeck, nicht über den verwaschenen Bezug sondern, was ja zutraf, über das erdrückende Gewicht, das einem den Atem benahm, und vermutlich wunderte ich mich darüber, wie man in diesem Haus klaglos eine solche Zudecke hatte ertragen können. Da blieb er stehn und drehte sich um. Da spannte und verengte sich etwas bei ihm, und ich sah, wie auf seinem Gesicht ein Ausdruck äußerster Gereiztheit entstand. Wenn's dir nicht gut genug ist, sagte er, dann laß doch Küken schlachten, die Küken von Eidergänsen, und rupf sie, und stopf dir selbst ein Bett. Und wenn du das getan hast, dann laß doch endlich gleich dein herrschaftliches Geschirr nachkommen, und die Bestecke und die Schränke und dein ochsenblutfarbenes Badezimmer, und wenn du dann deine gewohnten Sachen hier versammelt hast wirst du hoffentlich aufhören zu meckern. Ich war so überrascht über seinen Ausbruch, daß ich ihn nur ganz allgemein davor warnte, in diesem Ton mit mir zu sprechen. Und da kam er zurück, lächelte gemein und so auf undurchdringliche Weise versöhnlich und sagte: Nun hör mir mal zu, Elisa, und dann breitete er ein Wissen über mich aus, das er nicht nur heimlich gesammelt, sondern auch lange genug mit sich herumgetragen hatte. Ich kenne das Lokal, in dem du aufgetreten bist, sagte er - »Zum Doppelpunkt«, hieß es nicht so? -, und ich kenne einige deiner Freunde und all die Sachen, für die du gut warst, und wenn ich mir das alles genau ansehe, muß ich mich doch wohl fragen, welch einen Grund du hast, hier so erhaben zu tun und die Königin zu spielen. Dann setzte er sich auf die Bettkante und lächelte spöttisch und sah mich nur an. Dann, auf einmal, fragte er, wo das altmodische Zudeck zu schwer sei, über den Beinen, über dem Bauch oder über der Brust. Dann nahm er meine Hand und stand auf, und ich glaubte, er wollte zur Tür gehen, aber plötzlich beugte er sich über mich, und ich warf den Kopf zur Seite - das half nicht - und stemmte mich abwehrend gegen ihn - das änderte nichts; und zuletzt suchte ich seinen Blick und erkannte in ihm nichts als eine grenzenlose Entschiedenheit.

    Der Mann:
    Und auch das kam mir wie ein zusätzliches Zeichen seines gestiegenen Eifers vor: daß er auf einmal, wie ich, ohne Handschuhe arbeitete. Nicht nur, daß er die »Ragna« gewissenhafter als sonst aufklarte, daß er - was unsere Abmachung keineswegs vorsah - noch nach Feierabend das Hebegeschirr reparierte: sein ganzes Verhältnis zur Arbeit steigerte sich, wurde näher, bestimmter und wohl auch begeisterter. Und er redete nun auch über die Arbeit,

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