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Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schmidt
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Niemand
kann sich vorstellen, welchen Lärm das macht. Ich finde, er hat einen Tritt, als
würde er gerade auf der Brust eines wehrlosen Finanzbeamten herumspringen …
    Danach war
endlich Ruhe. Ich konnte es fast nicht glauben. Auch Stille kann schmerzhaft sein,
ich meine, wenn sie unverhofft kommt. Man hat keinerlei Chancen, sich darauf vorzubereiten.
    »Dein Sohn
hält sich wieder mal für den größten Ontologen des Jahrhunderts«, rief Oma aus dem
Schlafzimmer. Vermutlich hatte sie gerade in meinen philosophischen Notizen geschnüffelt.
(Alles, was einmal niedergeschrieben ist, gehört in diesem Haus automatisch der
Öffentlichkeit.)
    »Was, zum
Teufel, soll das denn sein?«, fragte mein Alter.
    »Ontologie
ist die Wissenschaft vom Allgemeinen. Vom allgemeinsten Allgemeinen, das es im Universum
gibt. On What There Is …«
    »Vom Allgemeinen?«
    »Eigenschaften,
Beziehungen, Quantität, Erscheinung, Seinsweise, Erkenntnisrelationen.«
    »Das Jahrhundert
ist noch jung«, sagte mein Alter. »Vielleicht findet sich bald noch ein besserer
von diesen – wie heißen die Leute?«
    » Ontologen …«
    Ich hatte
schon immer den Verdacht, dass Oma Van Orman Quine oder Heidegger las. Besser hätte
es auch ein Philosophieprofessor einem Blödmann wie meinem Alten nicht erklären
können.
    Es war,
als könne P. senior Gedanken lesen, denn genau in diesem Moment steckte er wieder
mal seinen Kopf zur Tür herein. Sein gelbes Plastikohr zuckte unkontrolliert und
er sah irgendwie verstört aus – gehetzt. Ich wusste, dass er momentan Ärger
mit dem vorgeblichen Halter unserer beiden Nobelkarossen hatte, einem armen Buchhalter,
der immer mehr Schweigegeld verlangte. Aber mein Alter sprach ungern darüber.
    »Was ist
los?«, fragte ich. »Bist du krank?«
    Er versuchte
mir zu erklären, dass er nach einer mondweißen Vase suche, in Form eines Weingefäßes
mit vorspringenden Graten ( junyao yuebaizun ) aus der Zeit der Dynastien Jin
und Yuan (1279 – 1368). Aber irgendwie blieb es wieder mal ein unverständliches
Gestammel.
    »Kann sein,
dass Oma so was gestern in den Müll geworfen hat.«
    »Das Ding
ist viertausend Euro wert.«
    »Da sieht
man mal wieder, warum die Armen hungern müssen. Es ist eben doch eine Frage der
Solidarität und nicht des Kapitals.«
    »Nun werden
Sie mal nicht philosophisch, Herr von und zu Marx und Engels. Jeder Mensch hat ein
Recht, es sich in seinen eigenen vier Wänden gemütlich zu machen.«
    »Die Welt
hätte genug für alle, doch eine Minderheit hat sich die Reichtümer der Welt zu eigen
gemacht, hat das Gold des Planeten, die Bodenschätze, das Wasser, das Land, das
Öl an sich gerissen …«
    »Ist das
schon wieder ein Zitat?«, erkundigte er sich misstrauisch. »Etwa von Marx?«
    »Nein, von
Hugo Chávez.«
    »Na wenn
schon. Trau niemals einem Putschisten, der zum Präsidenten aufsteigt.«
    »Sag mal,
Paps – eh ich’s vergesse –, was enthält eigentlich der Behälter in deinem Kellerlabor?«
    »Na, flüssigen
Stickstoff …«
    »Und wozu
transportiert man so was von den Vereinigten Staaten nach Deutschland?«
    »Hat dir
schon mal jemand gesagt, dass es nicht auf alle Fragen im Leben eine Antwort gibt?«
    »Hab mich
mal schlau gemacht«, sagte ich. »Solche Kannen werden doch zum Kühlen von Samenspenden
eingesetzt?«
    »Zum Kühlen
von Samen…?«
    »Bei der
sogenannten Kryokonservierung . Dabei verwendet man Druckbehälter, die genau
wie deine Kanne im Keller aussehen und auf minus 196 Grad heruntergekühlten Stickstoff
enthalten.«
    »Ich verstehe
nicht, was du damit sagen willst?«
    »Die Samenspenden
befinden sich in sogenannten Straws , das sind spezielle Glasröhrchen. Bereits
1954 gelang eine erste Schwangerschaft mit Samen, der mehrere Wochen gekühlt worden
war. Durch Lagerung im flüssigen Stickstoff bleiben die Proben nahezu unbegrenzt
haltbar. Untersuchungen haben gezeigt, dass selbst Lagerungszeiten von bis zu 40
oder 50 Jahren keinen Einfluss auf die Qualität der Spermien hatten. Anfangs setzte
man die Temperatur noch etwas zu hoch an – minus 70 statt minus 196 Grad.«
    »Ich weiß
nicht, warum du mir das alles erzählst?«
    »Hattest
du vielleicht unter deinem alten Namen Edwin Klein Spermien aus den USA nach Deutschland
geschmuggelt?«
    »Kann sein,
dass ich früher mal irgendetwas in der Kanne transportiert habe. Aber doch wohl
kaum Samen? Ich erinnere mich nicht …«
    »Und nach
dem Transport hast du unseren falschen Namen angenommen?«
    Sein gelbes
Plastikohr

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