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Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schmidt
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Gott?
    A.P.: Natürlich
sollte die Frage erlaubt sein, wieso zunächst tot erscheinende Materie – also Ansammlungen
und Zusammenklumpungen von Elementarteilchen mit Strahlung und Energie – solche
Wunder wie das menschliche Bewusstsein, also auch Goethes Faust, die Relativitätstheorie
und den Computerchip hervorbringen.
    TIME: Damit
spielen Sie auf das sogenannte Intelligent Design an?
    A.P.: Nein,
diesem Konzept liegt die voreilige Annahme zugrunde, es handle sich um einen logisch
einwandfreien Schluss aus dem kreativen Muster auf einen Kreator.
    TIME: Sondern?
    A.P.: Intelligent
Design als Kampfbegriff gegen die Evolutionstheorie lässt die Frage nach der Herkunft
der Ontologie offen, auf der evolutionäre Prozesse beruhen.
    TIME: Nach
der Ontologie?
    A.P.: Stellen
wir uns die Welt vom Nichts oder Chaos aus hochgerechnet vor. Es ist vielleicht
überraschend, dass ein Auge am Ende eines Entwicklungsprozesses sehen kann. Aber
es ist genauso überraschend, dass die zugrundeliegenden Strukturen, ihre Vorgaben
als materielle und energetische Möglichkeiten, so beschaffen sind, dass dieser evolutionäre
Prozess überhaupt stattfinden kann.
    TIME: Worin
sehen Sie den Konflikt mit der Intelligent Design-Theorie?
    A.P.: Ein
planender Geist wie Gott könnte auch die Struktur des evolutionären Prozesses geschaffen
haben. Und das sogar in einer ewig bestehenden Welt, weil er dann nur noch in die
laufenden Prozesse einzugreifen brauchte, um ihnen neue Formen zu geben. Deshalb
hat die Annahme, Planung könne der Evolution nicht vorausgehen, keinerlei Evidenz.
    TIME: Hören
wir hier eine gewisse Neigung heraus, Gott doch nicht ganz aus Ihrer Weltsicht zu
verbannen, Alfred?
    A.P.: Zumindest
drängt sich mir der Verdacht auf, dass unser Bewusstsein nicht die höchste Bewusstseinsform
ist. Und zwar weniger aufgrund zwingender Schlussfolgerungen, sondern wegen der
überaus verdächtigen Begleitumstände.
    TIME: Was
ist an unserem Bewusstsein verdächtig?
    A.P.: Zum
Beispiel der Umstand, dass sich das Universum durch unser milliardenfaches menschliches
Bewusstsein selbst betrachtet. Wenn wir unsere Wahrnehmung dem Universum zurechnen
und das Gesehene ebenfalls, dann schaut es sich durch unsere Augen an.
    TIME: Eine
ungewohnte Sicht der Dinge?«
    A.P.: Aber
Faktum. Und dabei genießt es sich auch noch – nämlich in Form von billionenfachen
Werterfahrungen durch Naturschönheit, Kunst und Literatur, Unterhaltung, leibliche
und sexuelle Genüsse und so weiter. Die Materie schafft sich ein Organ, das fühlt.
Schon seltsam, oder?
    TIME: Bedenkenswert,
aber noch kein Beweis?
    A.P.: Die
klassischen Gottesbeweise sind bekanntlich gescheitert. Deshalb sehe ich mich auch
eher in der Rolle des Detektivs, der auf Grund von Indizien auf den Täter schließt.
    TIME: Dies
widerspricht der Glaubensgewissheit, wie sie zum Beispiel von der Katholischen Kirche
vertreten wird?
    A.P.: Ich
sehe die Kirche eher als Instanz zur Hinleitung und Anregung.
    TIME: Und
falls Gott doch existiert? Geht es nicht viel zu sehr drunter und drüber in der
Welt, als dass man auf das Wohlwollen eines allmächtigen Wesens vertrauen könnte?
    A.P.: In
einem vollständig determinierten Universum wäre Gott für jedes Übel zuständig, weil
es keine Willensfreiheit gibt. Aber eine solche Welt wäre Gott möglicherweise zu
langweilig. Vielleicht verlangt es ihn ja nach der Gesellschaft kreativer Seelen,
die sich aus freien Stücken für immer mehr Positivität entscheiden? In diesem Fall
müsste Gott sich vor uns verbergen, weil wir die Gewissheit, von ihm kontrolliert,
bevormundet und vielleicht sogar bestraft zu werden, kaum ertragen und erst recht
nicht als freie Wahl ansehen könnten.
    TIME: Was
halten sie von den sogenannten Neuen Atheisten?
    A.P.: Diese
Leute verwechseln vermeintliche Folgerungen aus ihrer Religiosität mit dem schlichten
Glauben an Gott. »Stellen wir uns eine Welt ohne Religion vor«, so einer ihrer Verfechter,
»dann gäbe es keine Selbstmordbomber, keinen 11. September, keine Kreuzzüge und
Hexenverfolgungen.« Tatsächlich wäre religiöser Fundamentalismus ohne Glauben Heuchelei.
Aber Glaube bedeutet weder, Gläubige zu maßregeln, noch führt Religion zwangsläufig
zu Auswüchsen.
    Die Annahme,
dass islamische Selbstmordattentäter ins Paradies kommen, dass Fleisch mit Milch
für Juden nicht koscher sei, dass man als Christ keine Kondome benutzen und Lust
nicht um ihrer selbst willen anstreben darf, dass man nach hinduistischem Glauben
als

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