Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)
dein
Interview gelesen?«
Ich schüttelte
den Kopf, worauf sie mir prompt ein Exemplar in die Hand drückte und mich mit einer
Tasse Tee auf ihre neue Couch verfrachtete.
Das TIME Magazine-Interview
Albert Pottkämper, ein 14-jähriger
Gymnasiast aus Deutschland hat unlängst in einem Gespräch mit dem Dalai Lama (CNN)
ungewöhnliche denkerische Originalität und ein beeindruckendes Wissen gezeigt. Seine
Heiligkeit ging mit ihm völlig d’accord, musste aber neidlos eingestehen, dass die
eigene Auffassung vom Glück durchaus noch ausbaufähig war. Es hat fast den Anschein,
als gebe es kein Gebiet, zu dem A. P. nicht Profundes beizusteuern hat. Viele Experten
sehen in ihm bereits ein Jahrhundertgenie, womöglich sogar einen neuen enzyklopädischen
Geist, wie es ihn seit Leibniz und Goethe nicht mehr gegeben hat.
TIME: Albert, wie fühlt man sich
als Jahrhundertgenie?
Albert Pottkämper:
Nicht anders als jeder andere Schüler meines Jahrgangs.
TIME: Das
sagen Sie, um ein wenig tiefzustapeln?
A.P.: Mir
war die große Diskrepanz zwischen meinem und dem Wissen meiner Altersgenossen bisher
nicht so bewusst wie meinen geschätzten Kritikern.
TIME: Profundes
Wissen und ein ungewöhnliches Gedächtnis gehen oft einher mit einer gewissen gesellschaftlichen
Beschränktheit, wenn nicht sogar Autismus. Sie wirken eher kommunikativ und gesellig?«
A.P.: Mir
sind Alleinsein und Miteinander gleichermaßen lieb.
TIME: Gesetzt
den Fall, man untersuchte Ihr Gehirn in einem Kernspintomografen, was würde man
finden?«
A.P.: Keine
Ahnung. Vielleicht einen strahlenden Nucleus accumbens , weil ich mich so
geschmeichelt fühle?
TIME: Das
ist das haselnussgroße Organ im vorderen Teil des Gehirns, das man als Sitz des
Glücks ansieht?
A.P.: Aus
Sicht der Hirnphysiologen. Phänomenologisch ist der Ort des Fühlens nicht so klar
bestimmbar, außer wenn Gefühle körperlich werden.
TIME: Da
wir gerade beim Thema sind: Glauben Sie, dass die Herrschenden das Glück ihrer Untertanen
wollen?
A.P.: Sie
wollen, was sie immer wollten: Geld, Ruhm und Ansehen, Macht und Vorherrschaft.
Und sie verwirklichen ihre Ziele mit Panikmache, falschen Versprechungen und Korruption,
indem sie auf die Gleichgültigkeit und Unwissenheit ihrer Wähler bauen. Die Medien
sind ihnen dabei willfährige, in Quoten und Werbeeinnahmen verliebte Handlanger.
TIME: Also
Glück für alle – ade?
A.P.: Um
Ihre Frage zu beantworten, muss man sich nur vergegenwärtigen, welche Funktion Splitterbomben
und Neutronenwaffen im menschlichen Miteinander haben. Momentan werden weltweit
eine Billion Dollar jährlich für Rüstung ausgegeben, während ungehemmter Kasinokapitalismus
die Weltwirtschaft weiter in den Abgrund treibt.
TIME: Planwirtschaft
würde heißen, fade Sollerfüllung und sozialistische Schuhknappheit?
A.P.: Das
Problem ist nicht die kapitalistische Wirtschaftsform, sondern unsere ungezügelte
Gier – Raffen, Gewinnoptimierung, Festhalten um jeden Preis anstelle von Kooperation
und Solidarität. Der nackte Raubaffe Mensch wird sich weiter auf Kosten anderer
aneignen, wonach es ihn verlangt.
TIME: Und
dabei das Glück aller aus den Augen verlieren …?
A.P.: Eine
angemessene Einschätzung, welche Rolle Fühlen im Leben spielt, liegt den Herrschenden
genauso fern wie Otto Normalverbraucher. Unser vorherrschender Zustand ist emotionale
Desorientiertheit.
TIME: Wird
nicht zu viel Politik mit Gefühlen gemacht? Werden Gefühle nicht oft missbraucht?
A.P.: In
der Tat. Aber die Manipulation von Meinungen durch Gefühle zu egoistischen Zwecken
und das Fühlen als Endwert im emotionalen System, in dem wir miteinander interagieren,
sind grundverschiedene Dinge.
TIME: Wer
oder was ist für unsere emotionale Blindheit verantwortlich? Die Gesellschaft? Die
Gene? Oder der Schöpfer?
A.P.: Anscheinend
muss man nur genauer hinschauen. Stellen Sie sich ein Gewirr von Linien vor, in
dem ein Dreieck verborgen ist. Es ist zwar da, aber es ist zu gut versteckt, als
dass man es leicht finden könnte.
TIME: Also
ein Konstruktionsfehler der Schöpfung? Wir scheitern an unserer Fehlsichtigkeit?
A.P.: Von
echter Schöpfung kann man nur reden, wenn die Welt nicht ewig ist. Andernfalls handelt
es sich um wechselnde Zustände des Universums. Physikalisch neige ich eher zu der
Auffassung, dass es kein absolutes Nichts gibt, sondern nur die Abwesenheit von
Bestimmtem. In dem Fall benötigt man zur Erklärung der Welt keinen Schöpfer.
TIME: Sie
glauben nicht an
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