Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)
Schildkröte oder anderes niederes Tier wiedergeboren werden kann – all dies
ist weder logisch noch auf irgendeine andere Weise aus dem Gottesglauben ableitbar.
Es sind hinzugedachte Fiktionen, Unterstellungen, Einbildungen. Man kann auch ohne
solche Hirngespinste an Gott glauben.
TIME: Wäre
dann der Glaube nicht steril und ohne praktischen Wert für den Alltag?
A.P.: Tatsächlich
gelten neben dem Gottesglauben völlig verschiedene Regelwerke, an deren Offenbarungscharakter
man glauben kann oder auch nicht. Lassen wir die Regelwerke außer Acht und realisieren
wir lediglich die größtmögliche Positivität für alle, dann kann der einfache Glaube
an Gott durchaus als Katalysator wirken. Selbst wenn wir nur mit einem imaginären
Gott durchs Leben gehen.
TIME: Wie
bewerten Sie historische Schreckensszenarien wie den Holocaust? Was ist der Ursprung
dieser Tragödien? Gibt es darauf eine einfache Antwort?
A.P.: Am
Anfang steht immer die Entscheidung des Einzelnen, bewusst oder durch Wegsehen.
Wir sind Täter oder Mitläufer. Wir entscheiden uns gegen die Selbstbestimmung des
Anderen, gegen sein Recht auf Leben und Glück, auf Gerechtigkeit und Wohlwollen.
Wir oktroyieren ihm unsere Bewertungen auf. Wir deuten selbst noch den Holocaust
zum Märchen um. Aber immer – sogar noch beim Totschlag im Affekt – steht neben uns
wie ein schweigsamer Zeuge das unausgesprochene Wissen um das, was wir tun. Wir
waren nie moralisch blind. Der Beobachter war nie wirklich abwesend.
TIME: Das
Resümee ist ernüchternd? Der Gutmensch scheitert und hat sich umsonst aus dem Fenster
gehängt, weil nicht alle mitmachen?
A.P.: Zu
wenige. Gute Taten würden in der großen Summe nach der Wahrscheinlichkeitstheorie
auch Positives für uns selbst bewirken. Aber die Beteiligungsquote in unserem progressiven
moralischen System ist leider zu gering. Was bleibt, sind Bemühungen, die einem
selbst nicht all zu wehtun – nach dem großzügig um kleine Anstrengungen erweiterten
Motto Bertrand Russells: Die beste Moral ist die, an die sich alle halten müssen,
außer man selbst.
TIME: Albert,
wir danken Ihnen für das Gespräch!
Ich war gerade mit dem Artikel fertig,
als die Tür aufflog und ein Schwarm von Hollys Freundinnen hereingestürmt kam. Einige
hatten rote Strähnen im Haar und andere zum Zackenkamm hochgestylte Klebefrisuren.
Alle gackerten wie die Hühner und warfen mit Geschenken um sich, die in mehrere
Lagen kitschiges Geschenkpapier verpackt waren. Ein paar Minuten später sah Hollys
Wohnzimmer aus wie der Packraum eines Versandgroßhändlers.
»Du bist
also Albert, das elfte oder zwölfte Weltwunder?«, erkundigte sich ein spindeldürres
Mädchen mit kreisrunder Hornbrille.
»Und du
das zehnte?«
»Weshalb?«
»Weil du
eine Brille aus Fensterglas trägst. Vor wem willst du dich verstecken?«
»Woran siehst
du denn, dass es Fensterglas ist?«
»Mein Vater
ist Glasfabrikant. Ich bin mit Glas groß geworden, mit Schnapsflaschen und so weiter.«
»Im Ernst?
Du willst mich vergackeiern?«
»Seh ich
so aus, als wenn ich das schaffen könnte?
»Bei Typen
wie dir kann man nie wissen.«
»Nimm dir
ein Beispiel an mir. Man braucht keine Brille, wirf sie einfach weg.«
»Warum starrst
du mir dauernd auf die Titten?«
»Auf welche
Titten?«
»Du bist
gemein …«
»Ich versuche
nur ehrlich zu sein.«
Sie zog
ein Gesicht, als wenn sie gleich losheulen würde. Sie war wirklich nicht besonders
opulent ausgestattet in dem Bereich und das machte ihr offenbar zu schaffen.
»Entschuldige
bitte, ich hatte heute einen schweren Tag«, sagte ich und legte tröstend meinen
Arm um ihre Schultern.
ICH ERWISCHTE
MICH TATSÄCHLICH DABEI, WIE ICH MICH BEI EINEM MÄDCHEN DAFÜR ENTSCHULDIGTE, DASS
ES ZU KLEINE TITTEN HATTE!
»Das sagst
du nur aus Höflichkeit.«
»Nein, es
war gedankenlos.«
»Wir Amerikanerinnen
finden so was gar nicht komisch.«
»Kommt nicht
wieder vor.«
»Und das
soll ich jetzt glauben?«
»Warum nicht?
Ich hab mal ein Mädchen gekannt, das dauernd fragte: Und das soll ich jetzt glauben?
Weißt du, woran es gestorben ist?«
»Nein.«
»Als sie
im Schwimmbad aufs Sprungbrett stieg, warnte jemand: Vorsicht, kein Wasser im Pool.
Aber sie wollte es nicht glauben.«
»Blödsinn
…«
»Doch, das
ist eine wahre Geschichte.«
Sie lachte
– Gott sei Dank, sie lachte! Obwohl sie immer noch so aussah, als würde sie gleich
wieder losheulen. Wenigstens fragte sie mich nicht danach, wie groß die Titten
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