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Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schmidt
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diesen
Worten ließ Holly mich einfach stehen und verschwand nach nebenan.
    WAR DAS
ALS ANDEUTUNG ZU VERSTEHEN?
     
    Langsam begann sich die Dachgartenwohnung
mit Schauspielern, Produzenten und Regisseuren zu füllen. Darunter auch unser unvermeidlicher
Tennessee Williams. Anscheinend waren noch mindestens 40 von Hollys ehemaligen Liebhabern
gekommen. Ich fand, sie hatte bisher keinen guten Geschmack bewiesen.
    Einer dieser
Witzbolde schenkte ihr eine riesige Schachtel Schlaftabletten, auf dessen rosafarbener
Schleife ein Gutenacht-Gruß stand. Die Schleife war so groß wie ein Schwimmring.
Wahrscheinlich wurde ihm gar nicht bewusst, in welches Fettnäpfchen er damit trat.
Ein anderer verehrte Holly den Zusammenschnitt aller in die Hose gegangenen Filmaufnahmen.
Sie konnte sich vor Begeisterung kaum auf den Beinen halten und feuerte das Zeug
bei nächster Gelegenheit in den Müllschlucker. Drei kamen mit Blumensträußen, die
schon verwelkt waren und einer brachte ihr klebriges türkisches Gebäck mit, das
nicht einmal ihre Katzen gefressen hätten.
    »Wir tragen
etwa zwei Kilogramm Bakterien in uns herum«, sagt die Stimme eines Dokumentarfilmers
mit schwarzer Hornbrille hinter mir. »Sie bilden ein Organ, das schwerer ist als
unser Gehirn – aber wir wissen noch nicht genau, was diese Viecher in unserem Körper
anrichten. Alleine in einem Milliliter Darminhalt tummeln sich eine Billion Lebewesen.«
    »Essen Sie
einfach drei Mofongos täglich«, empfahl ich.
    »Was ist
ein Mofongo, zum Teufel?«
    »Mofongos
sind aus dem karibischen Raum stammende, nahrhafte Klöße aus zermahlenem Plantanenplätzchen,
Knoblauch, Speck und Schweinefleisch.«
    »Sie wollen
mich auf den Arm nehmen?«
    »Nein, Bakterien
können das Zeug nicht ausstehen.«
     
    Niemand wusste genau, wie alt Holly
eigentlich geworden war. Aber das ist bei Schauspielerinnen wohl der Normalfall.
Jede Minute ihres Lebens bringt sie ein Stück mehr an den Rand der Verzweiflung.
Sie ziehen und zerren vor dem Badezimmerspiegel an ihren eingebildeten Falten. Sie
prusten ihre Backen auf, um zu zeigen, wie glatt und rosig ihre Haut früher war.
Und wenn alles nicht mehr hilft, schmieren sie sich irgendeinen fleischfarbenen
Gips ins Gesicht, der sie aussehen lässt wie verstaubte ägyptische Mumien.
    Holly Chappell
hatte das alles gar nicht nötig. Sie war das blühende Leben! SIE WAR DAS KRAFTZENTRUM
DES UNIVERSUMS! Ich fiel jedes Mal in Verzückung, wenn ich sie in der Menge auftauchen
sah.
    Manchmal
war ich drauf und dran, Pottkämper senior anzurufen, um ihm zu sagen, ich hätte
die Frau meines Lebens gefunden. Und ich würde sie bald heiraten und danach einfach
vergessen, dass er nicht mein leiblicher Vater war.
    Glücklicherweise
fiel mir noch rechtzeitig ein, dass Holly mich gewarnt hatte, an der Rezeption des
Waldorf Astoria sei Polizei aufmarschiert. Mein Alter hatte mir nach dem Artikel
im TIME Magazine die Behörden auf den Hals gehetzt. Es war wohl besser, ihn morgen
anzurufen und ihm zu sagen, ich sei bereits auf der Rückreise.
    Aber dann
ging ich doch lieber gleich ans Telefon, wählte seine Nummer in Deutschland und
sagte:
    »Hör mal,
ich hab morgen noch ein kurzes Gespräch mit dem amerikanischen Präsidenten – nichts
weiter von Belang. Was hältst du davon, wenn ich danach sofort den Rückflug antrete?«
    »Mit dem amerikanischen … bist du jetzt völlig übergeschnappt? Worüber wollt ihr denn
reden?«
    »Keine Ahnung,
zum Beispiel über strategische Probleme und Rüstungsfragen.«
    »Das sieht
dir wieder ähnlich. Ich verbiete dir, dich mit Leuten einzulassen, die fremde Länder
überfallen, um ihre Ölquellen zu besetzen.«
    »An sich
ist nichts weder gut noch böse. Das Denken macht es erst dazu – Shakespeare .«
    »Lass den
Blödsinn, wo ist Anja?«
    »Auf den
Neuen Hebriden.«
    »Ihr kommt
jetzt sofort nach Hause. Sonst muss ich nämlich meine alten Verbindungen im Ausland
aktivieren. Und glaub mir, das würde dir und deiner Schwester gar nicht gefallen.«
    »Spielst
du damit auf dein Leben in der DDR oder vielleicht sogar auf eine Mitgliedschaft
in der SED an? Ich meine, bevor du anfingst, Bilder zu fälschen, Stickstoffflaschen
zu klauen und Versuche mit Einsteins Samenspende anzustellen?«
    »Ich war
nie in einer Partei.«
    »Aber du
stammst doch aus Dresden?«
    KEINE ANTWORT
… FUNKSTILLE …
    Ich glaube,
mein Alter geriet gerade mal wieder in Erklärungsnot.
    »Hallo,
ist da jemand?«, fragte ich.
    »Aus Dresden,
ganz

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