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Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schmidt
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geöffnet
– ein kreisrundes, schwarzes Loch, wie bei den Regensburger Sängerknaben.
    »Was hat
er gesagt?«
    »Wir wollten
im Ritz-Carlton gleich um die Ecke absteigen«, erklärte Anja. »Aber unser Zimmer
wird erst in zwei Tagen frei.«
    »Ihr wisst,
dass der Tagespreis dort bei etwa fünfhundert Dollar liegt?«
    »Geld spielt
keine Rolle«, sagte Herbert.
    »Ich kann
euch hier nicht einfach einquartieren. Ich meine, dies ist die Wohnung meiner Freundin
Holly Chappell. Dazu müssten wir erst mal ihr Einverständnis haben.«
    »Was denn
– Holly Chappell, die berühmte Hollywoodschauspielerin?«, fragte Herbert.
    Aus irgendeinem
Grund, über den wahrscheinlich nicht einmal die Chaostheoretiker oder Gott und die
Teufel hätten Auskunft geben können, kam Holly in diesem Moment aus den Tiefen ihrer
Zimmerschluchten hervorgekrochen. Vielleicht, weil sie ihren Namen gehört hatte.
    »Das ist
meine Schwester Anja und das ist ihr Freund Herbert«, stellte ich vor. »Sie wollten
im Ritz-Carlton absteigen, aber ihr Zimmer wird erst in zwei Tagen frei.«
    »Oh, überhaupt
kein Problem. Wenn ihr mit einem Französischen Bett und zwei Wandschränken zurechtkommt?
Die Bäder sind im Flur.«
    Ich glaube,
Holly verliebte sich auf der Stelle in Herberts schmutzigrote Runkel. Er hatte sogar
seine schwarze Sonnenbrille abgenommen, obwohl das Ding zu seinem Image gehörte
und er eher seine Krücken weggeworfen hätte, als auch nur einen zusätzlichen Schimmer
Licht an seine Pupillen zu lassen.
    Holly reichte
ihm höchstens bis zur Brust, aber das schien sie nicht weiter zu stören. Sie griff
nach seinen hageren Oberarmmuskeln, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste
ihn auf den Mund. Ein Wunder, dass sie sich nicht gleich an seinen Brusthaaren zu
schaffen machte.
    »Na, was
sagst du …?«, flüsterte ich meiner Schwester zu. »Das fängt ja gut an.«
    »Dafür gibt’s
zum Nachtisch keinen Spinat«, drohte Anja.
    »Was hast
du gesagt?«, fragte Herbert.
    »Ich sagte,
ich bin hundemüde. Der Tag war ein ziemlicher Spagat.«
    »Dann sollten
wir uns wohl ein wenig aufs Ohr hauen?« Herbert lachte vieldeutig und zeigte uns
seine famosen Zahnlücken.
    »Ja, bitte.
Bringst du unser Gepäck aufs Zimmer?«
    Doch anstatt
sich um ihren Riesenhaufen Krempel zu kümmern, nahm Schlagersänger Herbert einfach
Hollys Hand und zog sie in den dunklen Korridor.
    Für mich
war es wie der Beginn einer neuen Ära. Ein Tiefschlag in die Magengrube. Plötzlich
konnte ich mir wieder vorstellen, nach Europa zurückzukehren, auf unseren verlässlichen
alten Kontinent. Und zu Oma Pottkämper mit ihren aufschlussreichen Kommentaren über
den verworrenen Charakter der Frauen.
    »Zieh dir
was an«, raunte Holly mir im Vorübergehen zu. »Du wirst dir noch deinen Schniedelwutz
verkühlen.«
    Ich nickte,
als handle es sich um einen ernst gemeinten Ratschlag, und legte mich gleich wieder
in die Wanne. Es bewahrte mich davor, ihr Gepäck durch die Wohnung zu schleppen.
Also drehte ich den Heißwasser-Hahn auf, und als im Badezimmer dichte weiße Dampfschwaden
aufstiegen, ließ ich meinen Blick wie so oft schon über die magische Vollkommenheit
des Kachelmusters wandern …
     
    Holly und Herbert lagen den ganzen
Tag über auf der Dachterrasse mit Blick auf den Central Park. Sie tranken Cocktails,
lachten und scherzten und redeten dummes Zeug. Ob der Papst noch Jungfrau sei und
wo man die Mondlandung gedreht habe. Oder ob Zwergpinscher mehr als zweihundert
Meter auf den Hinterbeinen laufen könnten.
    Herbert
meinte, ein paar Tage Pause bekämen ihm ganz gut. Das viele Singen ruiniere seine
Stimme. Darauf bot Holly ihm an, erst später ins Ritz-Carlton zu ziehen, damit sie
gemeinsam für einige Zeit die Ruhe über den Dächern von New York genießen könnten.
    Sie trugen
beide altmodische Badeanzüge aus den Zwanzigern, die sie bei ihren Streifzügen durch
Greenwich Village in einem Secondhand-Shop entdeckt hatten.
    Herbert
wirkte darin mit seinen stoppeligen Storchenbeinen, als sei er einem alten Stummfilm
entsprungen. Ich fand, blöder konnte man überhaupt nicht mehr aussehen. Und Holly
ließ keine Gelegenheit aus, ihren Körper so zu verbiegen, dass ihr üppiger Busen
Anstalten machte, aus den BH-Schalen zu hüpfen.
    Ich fragte
mich ernsthaft, wo all die strengen Sittenwächter blieben, für die dieses Land so
berüchtigt ist.
    »Na, was
sagst du?«, fragte ich meine Schwester. »Sind die beiden nicht ein umwerfendes Paar?«
    Anja starrte
angestrengt in

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