Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schmidt
Vom Netzwerk:
Bartes wurde von einem
goldenen Kettchen zusammengehalten.
    »Entschuldigung,
Sir«, sagte ich zu dem Mann im schwarzen Mantel. »Ich glaube, ich habe Ihnen gerade
Unrecht getan. Wenn auch nur in Gedanken und ohne dass Sie es überhaupt bemerkt
hätten …«
    »Unrecht?
Tun wir nicht alle ständig Unrecht?«, fragte er. Seine Stimme klang, als käme sie
von sehr weit her. Plötzlich hatte ich den Verdacht, ich sei nur deswegen auf eine
angebliche Leiche im See aufmerksam gemacht worden, um diesem Mann zu begegnen …
    »Leben Sie
in der Nähe? Man hat mir gesagt, hier sei kürzlich jemand ertrunken?«
    »Ich lebe
überall und nirgends.«
    »Dann sind
Sie genau wie ich auf Reisen?«
    »Ich bewege
mich im Kreise, du dagegen bewegst dich gradlinig auf dein Ziel zu.«
    Es war eine
ungewöhnliche Antwort auf eine einfache Frage und ich musste erst einen Moment darüber
nachdenken.
    »Ein wirkliches
– ein echtes Ziel kann ich momentan gar nicht erkennen.«
    »Du stehst
an einer Wegscheide. Dein Intellekt ist für dein Alter etwas überdimensioniert.
Das führt zu Problemen.«
    »Sie reden,
als würden wir uns kennen?«
    »Kennen
wir uns denn nicht?«, erkundigte er sich lächelnd.
    »Ich erinnere
mich nicht …?«
    »Werde dir
rechtzeitig über deine Ziele klar. Später, zu Hause, wenn du erst aus Rom zurückgekehrt
bist, wird dir vielleicht der Abstand dazu fehlen.«
    »Wieso aus
Rom?«
    »Du hast
schon viel Richtiges gesagt. Allerdings bleibst du oft im Theoretischen stecken.
Man kann den Weg, den man weist, auch selber gehen.«
    »Ah, verstehe«,
sagte ich. »Sie haben meine Sendung mit dem Dalai Lama gesehen?«
    »Manchmal
werden Menschen von ihrem überragenden Intellekt erdrückt.«
    »Die Wirkung
meiner Interviews war schnell verpufft. Ein paar Leute haben mit Nachbarschaftshilfe
begonnen. Das ist auch schon alles.«
    »Deine Intuitionen
sind ganz in Ordnung. Denken wir nur an die jungen Einbrecher und den kleinen James
Moody. Oder an den Selbstmordversuch deiner amerikanischen Freundin. Aber zwischendurch
hängst du genauso wie dein leiblicher Vater schon mal in der Luft.«
    »Mein leiblicher
Vater?«
    »Ein berühmter
Physiker, oder?«
    »Was soll
das heißen … woher wissen Sie das alles über mich?«
    »Betrachte
es als eine Art Schlacht, die zu schlagen ist. Der Weg mag manchmal schwer erkennbar
sein, aber bei zunehmender Dämmerung hat der Soldat alsbald mit Dunkelheit zu rechnen?«
    »Wie kommen
Sie darauf? Das sind Gedanken, die ich noch in keiner Talkshow geäußert habe …«
    »Alles steht
immer und überall miteinander in Verbindung. Der Kernspin am einen Ende des Universums
mit dem Kernspin am anderen Ende. Licht ist nur ein Phänomen begrenzter Geschwindigkeit.
Aber der eigentliche Kontakt geschieht augenblicklich.«
    »Darf ich
Sie mal anfassen?«, fragte ich und strecke meine Hand aus.
    »Du meinst,
ob ich aus Fleisch und Blut bin? Oder nur eines deiner Gespenster?
    »Ich glaube,
mein Gehirn hat etwas den Kontakt zur Realität verloren.«
    »Das sind
Auf- und Umbruchszeiten. Nutze die Gelegenheit und nimm deine Probleme nicht zu
ernst.«
    Damit wandte
er sich lächelnd ab und verschwand in Richtung Brücke. Ich sah ihm ziemlich verdattert
nach. Glücklicherweise kam in diesem Augenblick eine alte Dame des Weges. Ihre Zwergpinscher
schnüffelten an meinen Hosenumschlägen.
    »Bitte,
entschuldigen Sie«, sagte ich. »Kennen Sie vielleicht den Mann im schwarzen Mantel?«
    »Sie meinen
den Alten mit dem weißen Bart? Das ist Gabriel.«
    »Doch nicht
der Erzengel Gabriel?«
    »Gabriel
soundso – ich habe leider seinen Nachnamen vergessen. Er hält sich oft im Park auf
und belästigt die Leute. Hat er Sie angebettelt?«
    »Nein.«
    »Lassen
Sie sich nicht von seinen Geschichten verrückt machen.«
    »Ich bin
in der Tat überrascht.«
    »Wegen seiner
Warnung vor dem Dritten Weltkrieg? Das ist sein Lieblingsthema. Er kann es einfach
nicht lassen, jedem den nächsten Krieg zu prophezeien.«
    »Nein, wir
haben nur über private Dinge gesprochen.«
    »Gabriel
glaubt, dass die Spezies Mensch bald durch ihre ungezügelte Habgier untergehen wird.«
    »Woher wollen
Sie das denn so genau wissen?«, fragte ich.
    »Oh, alles
steht doch immer und überall miteinander in Verbindung …«
    »Der Kernspin
am einen Ende des Universums mit dem Kernspin am anderen Ende?«
    »Am Ursprung
aller Dinge gibt es nichts Privates«, bestätigte sie freundlich lächelnd. »Das gilt
für das menschliche Zusammenleben genauso wie

Weitere Kostenlose Bücher