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Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schmidt
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sich die Meinung
Ihres Esels durchaus plausibel an.«
    »Es ist
eine Eselin, wenn ich ehrlich bin. Sie riecht ziemlich stark nach weiblichem Geschlecht
und ihr Gewicht droht mich fast zu ersticken.«
    »Demnach
befanden Sie sich während Ihrer Vision unter dem Tier?«
    »Wie denken
Sie über den Dritten Weltkrieg?«
    »Worüber,
bitte?«
    »Glauben
Sie, dass wir geradewegs auf einen neuen großen Krieg zusteuern?«
    »Sie meinen,
wegen der Unfähigkeit unserer Politiker?«
    »Auch weil
wir einfach nicht aus unseren Erfahrungen lernen wollen.«
    »Leiden
Sie denn darunter, Albert? Lastet es auf Ihnen wie das Gewicht des Esels?«
    »Eselin
…«, berichtigte ich.
    »Ich glaube,
ich werde Ihnen ein wenig Dipiperon verschreiben, das ist ein schwach potentes
Neuroleptikum.«
    Er zückte
seinen Kugelschreiber, zog ihn zwei-, dreimal wie ein Florett durch die Luft – wobei
seine Augen irgendwie angriffslustig blitzten – und schrieb ein Rezept aus. Ich
glaube, Doktor Browsi ć -Brown hatte mindestens genauso einen an der Klatsche wie ich.
    »Dreimal
täglich 20 Milligramm sollten reichen.«
     
    Wieder zurück im Institut, stellte
ich das Zeug auf die Kommode am Bett und starrte es immer wieder an. Aber ich konnte
mich einfach nicht dazu entschließen, es einzunehmen. Neuroleptika greifen tief
in den Hirnstoffwechsel ein. Wer weiß, was das Zeug in meinem Gehirn anrichten würde?
    Wenn ich
auf dem Rücken lag, klang mein Atem so rasselnd und roch nach verbranntem Polystyrol,
als wenn all das Crack, das ich bisher geraucht hatte, noch einmal aus meinen Bronchien
aufstieg. Dann hielt ich manchmal die Luft an, bis ich nahe am Ersticken war. Das
nennt man fachsprachlich Paradoxe Intention , frei nach Dr. Viktor E. Frankl.
    Und wenn
meine Atemnot zu stark wurde, stand ich einfach auf und sah aus dem Fenster. Die
schwarzen Wolken, die aus dem Kamin des Krematoriums quollen, holten mich immer
wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.
    ANDERE WAREN
LÄNGST WEITER ALS ICH! ICH HATTE NOCH ALLES VOR MIR …
    Am späten
Nachmittag nahm ich die Flasche mit dem Dipiperon und goss das Zeug ins Spülbecken.
    Es war,
als sei diese einfache Handbewegung wie ein alles entscheidender Akt der Befreiung.
Mit einem Male fühlte ich mich wieder leicht und unbeschwert, als hätte ich eine
übergroße Last abgeworfen. Plötzlich wusste ich auch, was mein Unterbewusstsein
mir die ganze Zeit über hatte sagen wollen mit seinem seltsam verworrenen Gerede:
    »Möchtest
du nicht im Central Park baden gehen, Albert? Vor einiger Zeit ist dort eine junge
Frau ertrunken. Wenn du ihre Leiche finden willst, schwimm am südlichen Ufer des
Harlem Meers los und dann etwa 30 Meter nach Nordosten. Ihr Körper hat sich in einer
alten Reuse verfangen …«
    Es war einfach
nur eine Quintessenz aus meinem Gespräch mit Witzigmann, die fehlende Schlussfolgerung.
Er hatte behauptet, Vanessa Fields, die junge Assistenzärztin, habe ihn nach dem
Einbruch ins Princeton Medical Center nach New York verfolgt und auf dem
Parkplatz vor seiner Wohnung die Scheibe seines Wagens eingeschlagen. Als er aus
dem Haus kam, sei sie mit dem Gehirn Einsteins im Umhängebeutel auf ihren kleinen
grünen Mazda zugelaufen. Darauf habe er sie mit dem Wagen bis zum Central Park verfolgt.
Dort sei sie ausgestiegen und seitdem spurlos verschwunden.
    Tatsächlich
hatte man später ihren Wagen auf einem Parkplatz am Park gefunden, aber nicht ihre
Leiche. Offenbar wollte mein Unterbewusstsein mir auf diese makabere Weise mitteilen,
sie sei im Harlem Meer ertrunken, als sie versuchte Witzigmann zu entkommen.
     
    Nachmittags fuhr ich noch einmal
zum Central Park hinaus. Ich ging so lange am Ufer des Harlem Meeres entlang, bis
ich seinen südlichen Teil erreicht hatte, und dann noch etwa 30 Meter nach Nordosten
– obwohl das völlig überflüssig und unsinnig war, da die Stimme in meinem Kopf unmöglich
wissen konnte, wo Vanessa Fields lag, falls sie überhaupt im See den Tod gefunden
hatte.
    Das Wasser
war meist klar genug, um Umrisse wie Reusen oder Körper oder irgendwelche größeren
Schatten zu erkennen. Nach 50 Metern stellte ich ernüchtert fest, dass ich offenbar
– anders als mir mein krankes Gehirn suggerieren wollte – über keinerlei paranormale
Fähigkeiten verfügte …
    Ich ging
weiter und arbeitete mich in einen unwegsamen Bereich des Ufers vor, an dem es aus
dem Wasser ragende Felssteine gab. Der See hat über einen Kilometer Umfang und es
war gar nicht so leicht, den Grund

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