Einzelkaempfer
verhülltes Bild. »Hier ist es. Ich bin sogar zu früh. Wolltest du es doch erst gegen Mittag in Empfang nehmen.« Jetzt wird klar, es ist Ad, der da auf dem Stuhl kauert. »Du darfst es sehen. Willst du?« Mit einer weiteren Geste macht er sich daran den schwarzen Samt beiseite zu schieben, hält aber inne. Blacky kommt von links herangestiefelt. »Ein andermal«, sagt er darauf entschuldigend zum Ohnmächtigen. Der ›Man in Black‹ hält eine schmutziggelbe Gießkanne in Händen und lässt deren Inhalt auf Ad regnen. Sein Kopf rollt träge zur Seite. Den Rest aus der Kanne bekommt er geradewegs ins Gesicht gekippt. Jetzt ist er wach und hustet. »Hij was niet daar«, meint er zu Ad, der keinen Laut von sich gibt und klatschend eine Rückhand ins Gesicht bekommt. Wie bei einer Marionette ohne Fadenspannung kippt Ads Kopf auf die Schulter. Die Gießkannenbemühungen sind dahin, Ad wieder im Land der Träume, er rührt sich nicht. »Idiot«, schimpft der Mann aus Siegen. Der so angesprochene zuckt nur mit den Schultern und wirft einen Blick hinter den Samtvorhang, der das Bild verhüllt. Wie gerne würde ich auch sehen, was er jetzt sieht, schmachtet der Advokat. »Pssst«, höre ich es von unten. Mir fährt der Schreck in die steifen Glieder – ich bin entdeckt. Mein sachtes Herumschwenken veranlasst die Kartons nachzugeben und wie beim Untergang der Titanic rutsche ich ins Bodenlose ... der hat’s hinter sich, wabert mir die Erinnerung ans Glätzchen durch den Kopf.
33
Man würde mir im Nachhinein das Arbeitslosengeld streichen, taucht der Gedanke blitzlichtartig in meinem Kopf auf, bevor ich in den Kartons versinke. Bitte Boden, gehe unter mir auf. Direkt in der Hölle wirst du landen, meint Kalle und will sich davonstehlen. Hier geblieben! Mein Untergang ist nicht überhört worden. Der Psst-Melder und Verursacher meiner Bewegung, die den Eisberg ins Rutschen brachte ist verschwunden, erkenne ich, während Blacky mich an den Haaren aus einem Karton zieht. Ich komme mir vor, wie der Räuber, der von Kasper hinter dem Pappwald hervorgezerrt und gleich quer durchs Bild geprügelt wird, unter johlendem Kindergeschrei. Hey, ich bin doch der Gute, möchte ich rufen. Während Blacky mich vor sich herschiebt wie eine Trophäe kommt auch schon mein alter Bekannter um die Ecke. Er hat was mit seinen Zähnen gemacht, so aus der Nähe betrachtet. Sie blitzen schneeweiß und blinken blendend zwischen den breit grinsenden, schmalen Lippen.
»Na, willkommen, da sind wir alle schön beisammen«, freut er sich. »Kann es sein, dass du den Porsche verloren hast? – Ich habe ihn für dich gefunden. Daran erkennt man wahre Freunde.« Er zieht mich unsanft zu sich herüber, einkalkulierend, dass Blacky meinen Zopf noch in der Hand hält. Ich verkneife mir einen Aufschrei. Er nimmt mich fest in seinen Arm. Wie ein schwules Pärchen, das es nicht mehr abwarten kann, wackeln wir in die Halle. Genauer, ich wackle, er geht zielstrebig, wobei seine Absätze auf dem Betonboden klackern. I shot the sheriff, but I did not shoot the deputy … In Ermangelung eines weiteren Stuhls werde ich kurzerhand von Blacky, auf Anweisung des Vollentspiegelten, mittels meiner Bauchbinde an einen herumstehenden Hubwagen gekoppelt. So eingeschränkt schiebt mich mein neuer Freund, der Glatzenkiller, neben Ad vor das geheimnisvolle Bild. Blacky wird davon gejagt, er soll Frühstück besorgen. Wie unpassend, denke ich.
»Jetzt sind wir ganz ungestört, mein Lieber«, flüstert er nah an meinem Ohr, wobei mir sein Atem, Aroma Winterfresh, um die Nase weht.
»Na, bist du immer noch so heiß? Heiß darauf das dicke Geld zu machen?«, er fasst mich um die Taille. Ich fass es nicht!
»Hey, Baby, du musst doch vor mir keine Angst haben. Ich zeig dir jetzt den Lohn deines misslungenen Erpressungsversuchs.« Ich schnappe nach Luft, möchte mich wehren, einwenden, dass ich hier der Letzte bin, der irgendetwas im Schilde führt. Er brummt eine Verneinung, wobei er kokett mit dem Finger droht. Das Zeichen für mich, zu schweigen.
»Na, jetzt willst du es bestimmt sehen. Natürlich bist du heiß drauf«, er grinst und fühlt sich sichtlich wohl in der Rolle des Moderators auf der Gay-Kleinkunstbühne. Nu mach schon, drängelt der Advokat. Was, will ich fragen. Nicht du, er. Er soll endlich den Vorhang lüften. Ich will doch schließlich wissen für was wir hier ins Gras beißen sollen. Von Kalle Meisterdetektiv ist nichts zu hören. Ad bewegt sich und wird
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