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Einzelstücke - Möller, M: Einzelstücke

Einzelstücke - Möller, M: Einzelstücke

Titel: Einzelstücke - Möller, M: Einzelstücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Möller
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dann die Stille zu schätzen. Unsere Messer bewegen sich langsam, jede Geste ist wohlbedacht und ruhig, in dem Wissen, dass sie dem Gegenüber nicht entgeht. Mit dem Ablegen des Bestecks breche ich schließlich erneut mein Schweigen.
    »Ich trage gern im tiefsten Winter mein bodenlanges Sommerkleid und laufe damit barfuß durch die beheizte Wohnung, während die Schneeflocken am Fenster vorbeiziehen. Und im Hochsommer hole ich manchmal meine Wollmütze aus der Schublade, knote mir meinen dicken Schal um den Hals und schlüpfe in die grobmaschigen Fäustlinge. Dann setze ich mich auf die Bettkante und betrachte mich, bis ich vor Hitze umkomme. Einfach aus Sehnsucht.«
    Moritz lächelt.
    Er lächelt, während mir, als hätte ich Mütze, Schal und Fäustlinge an, die Röte ins Gesicht steigt. Ich weiß nicht, was meine Wangen so zum Glühen bringt und meine Körpertemperatur steigen lässt, dass ich nur zu gern die Handgelenke im Eiswasser des Champagnerkühlers versenken würde. Das warme Essen in meinem Bauch, der Alkohol in meinem Blut, meine Wut auf Moritz oder die Wut auf mich selbst, dass ich es genieße, wenn er mich ansieht? Wieso hat man das Bedürfnis, von allen Menschen gemocht zu werden, selbst solchen, die sich als völlig bekloppte Armleuchter herausgestellt haben?
    Bei all seinem arroganten Gehabe sollte es mir egal sein, dass sich der geheimnisumwobene Künstler in einem gnadevollen Moment zu einer Beachtung meiner herabließ. Alles in mir widerstrebt dem Gedanken, mich nur einen Moment länger mit Moritz zu beschäftigen. Also lasse ich die zerknäulte Servierte auf meinenTeller fallen und drehe mich zu dem dunklen Jackettrücken links neben mir um.
    »Entschuldigen Sie, interessieren Sie sich gar nicht für die Formel 1?«
    *
    Der Rest des Abends ist ein voller Erfolg. Kaum habe ich angefangen, mein Wissen über Rennställe, Teamchefs und Polepositionstatistiken auszupacken und das Ganze mit einer gut zwei Dekaden starken Renngeschichte zu untermauern, sitze ich zwischen Gerry und Jürgen, während sich Moritz mit der Blondine langweilt und die Blondine sich mit Moritz. Das letzte Glas an diesem Abend trinke ich insgeheim auf meinen Vater, der mir von unserer abgewetzten Couch aus mit leuchtenden Augen und nie still stehenden Füßen die Welt des Motorsports erklärt hat. Und trotzdem bleibt das ungute Gefühl in dieser Nacht, vor etwas geflüchtet zu sein. Es bleibt das Gesicht von Moritz, sein sanftes Lächeln und der Glanz in seinen Augen, als er »nur wenig Photoshop« gesagt hat, und ein letzter panischer, völlig verrückter und indiskutabler Gedanke, ehe ich den Tag mit seinen Ereignissen für immer loslasse und einschlafe: Verdammt! Was, wenn das Liebe ist?

12.
Suppenspionage
    W oher weiß man eigentlich, ob man jemanden liebt?«, fragt Astrid in einer Beiläufigkeit und blickt sich in der SUPPENKÜCHE um.
    Lena hat uns ins feindliche Gebiet auf der anderen Straßenseite geschickt, um »Informationen zu sammeln«. Was genau sie sich unter »Informationen sammeln« vorstellt, ist Astrid und mir zwar nicht ganz klar, aber wir wollen ihr den Gefallen tun. Also lassen Astrid und ich nun unsere neugierigen Blicke über die Suppentheke, die kleinen Tische in den Fenstern, über beschriebene Schiefertafeln und buntes Geschirr, das als Dekoobjekte an den mintgrünen Wänden hängt, wandern, während Lena an ihrem eigenen Fenster klebt, um uns zu beobachten.
    Die SUPPENKÜCHE erscheint in süßem Retrochic. Ich fühle mich umgehend wohl, was jedoch von Lenas Auftrag, mich doch wohl besser unwohl zu fühlen, eigenartig überschattet wird. Mit schlechtem Gewissen nehme ich auf einem der Holzstühle Platz und konzentriere mich auf diese sehr, sehr unbequeme Sitzgelegenheit. Gemütlich ist nun wirklich ganz, ganz anders! Kaum sitzen Astrid und ich, kommt Mona hinter der Theke hervor, um unsere Bestellung aufzunehmen. Sie trägt rosafarbene Clogs, eine gerüschte Schürze und ein dünnes Band im Haar und ist damit das beste Accessoire in diesem Laden. Aber von so viel Liebreiz und Unschuld lasse ich mich nicht täuschen. Vor mir steht Monamour, die Ehebrecherin.
    Monamour lächelt nervös. Natürlich hat sie dieses Spiel sofort durchschaut.
    »Hallo. Was kann ich Ihnen bringen?«
    »Wie wäre es mit der Tagessuppe. Ist das nicht diese Art grünes Gazpacho? Diese kalte Suppe aus passiertem Blattsalat mit Kirschtomatenstücken oben drauf? Ich meine diese Suppe, die es gestern auch drüben in der PETIT CUISINE

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