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Einzelstücke - Möller, M: Einzelstücke

Einzelstücke - Möller, M: Einzelstücke

Titel: Einzelstücke - Möller, M: Einzelstücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Möller
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eindringlich an meiner Einstellung festen Bindungen gegenüber zu rütteln. Wahrscheinlich glaubt er, ich sei eine frustrierte Fregatte, seit Frederik mich sitzen gelassen hat. Er hat keine Ahnung. Keine Ahnung, was in den meisten Menschen, die in Beziehungen leben, was in seiner eigenen Beziehung tatsächlich vorgeht.
    Ich beneide ihn darum.
    »Komm, Astrid, wir müssen. Herr Schuller wartet schon. Und das Beste habe ich dir noch gar nicht gesagt. Deine Mutter kommt auch.«
    »Fantastisch«, flötet meine Freundin.
    Ich werfe ihr einen mahnenden Blick zu.
    »Weißt du, welche verrückte Erfahrung ich vor kurzem gemacht habe? Laster, die einen Berg herunterrollen, werden schneller und schneller, je länger man damit wartet, sie aufzuhalten.«
    »Bitte, Anna? Ich verstehe nicht ganz. Verstehst du sie, Astrid?«
    Astrid versteht, zögert kurz und wendet sich dann an Sebastian. »Ich kann jetzt nicht hier weg. Ich bin mit Anna verabredet.«
    Hm. Ich werfe meiner Freundin einen strafenden Blick zu und erhebe mich, um ihr eine Möglichkeit einzuräumen, ihren Laster noch aufzuhalten.
    »Entschuldigt mich bitte kurz, ich muss dringend auf die Toilette. Dann könnt ihr ja alles Weitere, was in diesem Zusammenhang wichtig erscheint, besprechen.«
    Meine Turnschuhe quietschen auf den schwarzen und weißen Fliesen auf dem Weg zur Toilette. Mit beherztem Schwung schiebe ich die Tür auf und trete in den Raum, um sie sogleich hinter mir und dem Zweifeln einer Frau ins Schloss fallen zu lassen. Als sich jedoch die Tür hinter mir schließt, kommen mir ernsthafte Zweifel, ob ich tatsächlich in der Toilette der SUPPENKÜCHE stehe. Wie gebannt starre ich auf Mona. Auf ihre großen blauen, tränenerfüllten Augen. Auf ihre erblasste Haut. Den starren Hals. Die vom Körper weit weggestreckte Hand, in der ein kleines Stäbchen von Daumen und Zeigefinger fast zerdrückt wird.
    Mona und ich sehen uns an. Wortlos ist uns beiden klar:
    1. Die Aufschrift Geschäftsbereich war gar nicht als witziges Aushängeschild gedacht, was ja irgendwie auch nicht witzig gewesen wäre.
    2. Mona sollte das, was sie gerade gemacht hat, nicht hier machen.
    3. Ich sollte das, was ich gerade mache, nicht hier machen.
    4. Einer von uns beiden ist schwanger.
    5. Ich bin es nicht.
    Mit einem Ruck trete ich einen Schritt zurück, so dass sich die Türklinke in meinen Rücken schiebt. Mona schlägt die Augen nieder, wodurch dicke Tränen ihre Wangen herunterkullern. »Verstehen Sie jetzt? Ich bin kein schlechter Mensch. Ich brauche Thomas.«
    Mir fehlen die Worte. Das Dilemma mit der Suppenköchin von der anderen Straßenseite hat auf einmal ein ganz anderes Ausmaß angenommen. Hektisch schiebe ich die Tür auf und verlasse den kleinen Raum, um eiligen Schrittes Astrid aufzusuchen. Doch die beiden Stühle am Fenster stehen menschenleer unter der runden Tischplatte. Zwischen unseren Suppentellern entdecke ich eine Serviette, auf die Astrid eine Nachricht gekritzelt hat:
    Bin bei George Schuller!
    Sorry, Süße!
    Und sei nicht böse.
    Ich ruf dich an.
    Sorgfältig zusammengefaltet stecke ich die Serviette in meine Handtasche, steuere aus der SUPPENKÜCHE und danke Gott dafür, dass Lena gerade in ein Kundengespräch verwickelt ist, so dass ich ihr lediglich durchs Ladenfenster gestikuliere, die Spionage habe leider so rein gar nichts Neues erbracht. Meine Schritte die Straße hinunter sind groß. Ich brauche genügend Zeit, um darüber nachzudenken, ob ich diejenige bin, die meiner Freundin den genauen Inhalt von »so rein gar nichts Neues« beibringen sollte. Die Kastanien biegen sich im Wind, während ich Lenas Laden in meinem Rücken hinter mir lasse. Mir jedem Schritt werde ich mir sicherer: Nein. Ich bin nicht diejenige, die meiner Freundin sagen sollte, dass die Konkurrenz tatsächlich schläft. Und zwar mit ihrem Mann.

13.
Auf die Klodeckel, fertig, los!
    D a liege ich und lächele mir auf meinem Schreibtisch aus dem aufgeklappten MeMa von Seite fünfundvierzig entgegen. Ich sehe gut aus. Verdammt, sehe ich gut aus. Verstohlen blicke ich mich in der Redaktion um, rutsche auf meinen Stuhl und nehme die Zeitschrift in die Hand, um die Distanz zwischen ihr und mir auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Nur um ganz sicherzugehen, dass ich sehe, was ich sehe.
    »Sieht toll aus, nicht wahr?«, ertönt eine Stimme in meinem Rücken. Erschrocken drehe ich mich um und entdecke Fred, wie er scheinbar aus dem Nichts kommend plötzlich die Orchideen auf der Fensterbank

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