Einzelstücke - Möller, M: Einzelstücke
die Distanz zwischen Moritz und mir zu verringern.
»Moritz, sieh mich an. Ich meine es ernst. So ernst, dass ich … Heirate mich!«
Endlich dreht Moritz sein Gesicht zu mir und sucht meinen Blick. Statt zu antworten, legt er mich langsam mit dem Rücken auf die Decke. Er beugt sich über mich und küsst mich wie noch nie zuvor.
»Ich kann dich lieben, Anna, ich kann dich verehren, ich kann für dich meine Freiheit aufgeben, Anna, aber ich kann auch in einer Sache jetzt schon zu dir ehrlich sein, damit du deine möglichen Konsequenzen daraus ziehen kannst. Ich kann dich unmöglich heiraten.«
Seine Berührungen und Küsse versüßen seine Worte, so als wäre statt ihrer gerade ein warmer Sommerregen über mich niedergegangen, der langsam beginnt, auf meiner nackten Haut zu trocknen.
21.
Faustdick!
A m nächsten Morgen stehe ich mit blanken Füßen zwischen zwei leeren Rotweinflaschen auf dem Balkon und starre auf die Morgensonne, die sich auf der Oberfläche von Frau Sondtheims Teich bricht. Dort unten irgendwo liegt meine Freiheit! Ich habe gestern Abend doch tatsächlich meinen Ring in den Untiefen zwischen Seerosenwurzel und Koikarpfenschwanz begraben. Ich beuge mich weit über das Eisengeländer in der Hoffnung, den Schmuck irgendwo unter der Wasseroberfläche funkeln zu sehen, während sich in meinem Bauch ein Kribbeln ausbreitet, von dem ich mir nicht sicher bin, ob es Verzückung ist oder die blanke Panik! Mit einem Ruck drehe ich mich um, so dass sich die Eisenstreben in meinen Rücken drücken, und blicke zu Moritz, wie er schläft. In meiner Wohnung. In meinem Bett. In meinen Kissen. Es macht mich glücklich. Und trotzdem spuken seine Worte durch meinen Kopf: »Ich kann dich unmöglich heiraten.« Ich meine, er hätte ja auch sagen können, dass er generell nicht heiraten möchte! Oder dass er es sich im Moment nicht vorstellen kann. Aber stattdessen kann er es sich nicht mit MIR und das NIEMALS vorstellen.
Ich muss später dringend mit Lena oder Astrid reden!
Leise schleiche ich mich zurück ins Bett und schiebe mich unter die Decke, damit ich ganz nah an diesem schlafenden Körper in meinem Bett bin.
»Guten Morgen, Moritz«, flüstere ich.
Langsam und widerwillig öffnen sich seine Augen.
»Guten Morgen, meine kleine Anna.«
»Wir müssen aufstehen! Wir haben heute doch das Shooting auf der Domplatte.«
Statt Anstalten zu machen aufzustehen, zieht Moritz mich zu sich heran, gibt mir einen Kuss auf die Stirn und nuschelt schlaftrunken: »Noch viel zu schlechtes Licht dafür. Lass uns noch mindestens zehn Minuten warten!«
*
»Ich stehe mit Moritz auf der Domplatte«, schreie ich fast ins Telefon, während der Wind um das mächtige Bauwerk pfeift, »weil wir heute die Frau des Monats für die nächste MeMa -Ausgabe auf der Straße suchen!«
Eine Gruppe Japaner trabt an mir vorbei. Ich versuche, mich aus der Schnappschusslinie zwischen ihnen und dem Dom zu bringen.
»Oh! Wieso kommt ihr nicht bei mir in der PETIT CUISINE vorbei!«, schlägt Lena vor. Moritz hingegen gestikuliert mir mit wildem Fingergewirbel, ich solle mich beeilen. Ein Pantomime, der hinter ihm auf einem Sockel steht, macht Moritz nach und zwinkert mir zu, dass ich lächeln muss.
»Ich muss auflegen, Lena. Mein Fotograf wird nervös.«
» Dein Fotograf? So, so.«
»Nichts so, so!«
In der Hosentasche krame ich nach einigen Münzen, um sie dem Pantomimen in den Hut zu werfen. Er bedankt sich mit einer Verbeugung bei mir, während Moritz das Treiben mit Kopfschütteln kommentiert.
»Warum klingt deine Stimme so piepsig? Das eindeutige Ich-bin-verknallt-Piepsig. Glaub’s mir.«
»Das ist doch totaler Unsinn.«
»Na, wie du meinst. Dann sucht mal eure Frau des Monats, und wenn ihr Lust habt, kommt doch danach auf einen Feierabenddrink und Linsencremesuppe bei mir vorbei.«
»Okay, danke. Ich melde mich wieder bei dir!«
»Komm mit.« Moritz zieht mich ein paar Meter über die Domplatte durch das Menschengewusel. »Ich will nicht länger bei diesem komischen Pantomimen stehen. Die haben mir als Kind schon immer Angst gemacht!«
»Ach ja?« Ich beginne diese alberne Ich-laufe-an-einer-imaginären-Glasscheibe-entlang-Bewegung zu imitieren. Moritz lehnt sich auf ein Schaufenstersims und beginnt, das geeignete Objektiv auf seine Kamera zu schrauben. Während seine Hände die Griffe blind absolvieren, sieht er mit skeptischem Blick zu mir hoch.
»Ich hab keine Angst vor dir!«
»Hm. Dann solltest du erst mal meinen
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